Nicotiana, oder auch Tabak, ist eine Pflanzengattung, die über 75 verschiedene Arten umfasst. Spricht man allerdings von Tabak, meint man meist die bekanntesten und weit verbreitetsten Arten Nicotiana Tabacum und den kleineren, aber wirksameren Cousin Nicotiana Rustica, welche beide ursprünglich von den amerikanischen Kontinenten stammen.
Man kann zwar nicht genau sagen, wann Tabak zum allerersten Mal angebaut wurde, aber dass es schon Tausende Jahr vor Christopher Columbus‘ Landung in Südamerika war, ist bewiesen. Doch durch ihn kam es nach 1492 zu einer weiteren Verbreitung auf der ganzen Welt, vor allem in Europa.
Auch wenn Tabak heutzutage mit einer Vielzahl von Gesundheitsrisiken (u. a. auch Krebs und Herzkreislauf-Erkrankungen) in Verbindung gebracht wird, wurde diese Pflanze seit Jahrtausenden sowohl für medizinische als auch rituelle Zwecke genutzt. Erst in den letzten Jahrzehnten begann die Verteufelung der Tabakpflanze und sie wurde als schädlich gelabelt. Man stelle sich vor, bis in die 50er Jahre waren es sogar noch Mediziner, die Tabak beworben haben. Aber warum kam es zu diesem Wandel?
Die Tabakpflanze auf den frühen amerikanischen Kontinenten
Über beide Kontinente, Süd- sowie Nordamerika wurde die Tabakpflanze in vielfältiger Art und Weise genutzt: Es wurde gekaut, geschnupft, geraucht, gegessen, entsaftet, auf dem Körper verrieben, in Augentropfen und Körperpackungen verwendet. Der Einsatz schwankte je nach Gebiet und Kultur von medizinischen Zwecken über dem Gebrauch zum puren Genuss bis hin zum Mystischen. Tabak galt und gilt für manche Kulturen als eine Verbindung zur spirituellen Welt: Der Tabakrauch wurde vor der Aussaat über die Felder geblasen, vor dem Geschlechtsakt über Frauen verteilt oder in die Gesichter von Männern gepustet, die auf dem Weg in die Schlacht waren und auch als Opfergabe für die Götter wurde Tabakrauch genutzt. Auf gut deutsch glaubte man, dass der Tabakrauch eine segnende, schützende und vor allem reinigende Wirkung hatte.
Die Beliebtheit der Tabakpflanze liegt auch in seiner dualen Wirkung: in kleinen Dosen zu sich genommen, hat Tabak eine leicht stimulierende Wirkung, während große Mengen zu Halluzinationen, tiefer Trance bis hin zum Tode führen können. Diese halluzinogene Wirkung ist auch ein Grund, warum Tabak in so vielen schamanischen Traditionen so eine große Rolle spielt und fester Bestandteil ihrer Kulturen geworden ist.
Selbst heute noch wird Tabak von vielen Schamanen im Amazonas in ihren Ritualen genutzt. Diese Schamanen tragen den Tabak sogar stolz in ihrem Namen: Tabaquieros. Sie haben den „Geist“ des Tabaks erfasst und können mit dem Tabakrauch angeblich Krankheiten heilen. Für sie ist Tabak eine Planta Maestra, eine sog. Lehrerpflanze. Diese erlaubt den Schamanen, in die spirituelle Welt zu wechseln und leitet und beschützt sie. Andere Lehrerpflanzen sind zum Beispiel Ayuhuasca, die Coca-Pflanze oder San Pedro. Es gibt noch Dutzende weitere und nicht alle verfügen über halluzinogene Inhaltsstoffe.
Auch in Nordamerika vor Kolumbus‘ Ankunft war Tabak quer durch alle Stämme und Kulturen verbreitet. Die Gemeinsamkeit: Alle griffen für das Rauchen auf Pfeifen zurück. Die Pfeifen wurden nicht nur für soziale Zwecke beim gemeinsamen Zusammensitzen zurück, sie hatten auch rituellen Charakter – so sehr, dass Tabak und Pfeife als heilig angesehen wurden.
Viele Stämme nutzten den Tabak für medizinische Zwecke und bekämpften damit:
- Ohrenschmerzen
- Schlangenbisse
- Schnitte und Verbrennungen
- Atemwegserkrankungen
- Fieber
- Nervöse Störungen
- Blasenprobleme
- Hauterkrankungen
Aber auch um den Frieden mit verfeindeten Stämmen zu besiegeln oder um in Kontakt mit den Göttern zu treten und um gute Ernten und Verschonung vor Stürmen zu beten, war die Pfeife ein fundamentales Instrument für die Ureinwohner Amerikas.
Der Weg des Tabaks nach Europa
Zuerst fand die Tabakpflanze ihren Weg in die Palastgärten von Portugal und Spanien, von wo aus es seinen Siegeszug durch ganz Europa antrat. Erst wurde die Tabakpflanze wegen ihrer Schönheit bewundert, später erkannte man allerdings auch das medizinische Potenzial, welches sich in den Blättern versteckte. Die ersten erwähnenswerten Experimente an der Pflanze wurden von Jean Nicot durchgeführt, dem französischen Botschafter in Portugal. Sein Name wurde übrigens verewigt, als das Nikotin nach ihm benannt wurde. Er vollbrachte ein kleines Wunder, als er mit Tabakpackungen auf dem Körper einen Mann von seinem Tumor heilen konnte. Sein Interesse war geweckt und so forschte er weiter. Er war es auch, der die Pflanze an den französischen Hof brachte, und von hier war die Beliebtheit von Tabak kaum mehr zu bremsen.
Die Verwirrung um das Nikotin
Einen Großteil seiner Beliebtheit dürfte der Tabak dem Nikotin schuldig sein, seinem wirksamsten und stärksten Wirkstoff. Nikotin ist ein Alkaloid, welches in geringen Dosen entspannend und stimulierend wirkt und den Dopamin- und Serotonin-Level erhöht. Allerdings kann es genau deswegen auch eine abhängig machen. Und selbst, wenn es in hohen Dosen schädlich bis hin zu tödlich wirken kann, scheinen die Vorteile die Risiken immer noch zu überwiegen. Tatsächlich scheint Nikotin nicht mehr Gesundheitsrisiken in sich zu bergen als Koffein.
Die Verwirrung rund um das Nikotin findet seinen Ursprung in Rauchgegnern, die Nikotin mit dem Rauchen gleichsetzen. Dabei wirkt Nikotin selbst entzündungshemmend und kann unter anderem dazu verwendet werden, um Alzheimer vorzubeugen und zu behandeln und die Parkinsonkrankheit zu bremsen.
Analysen von natürlichen Tabakblättern haben ergeben, dass sich in der Pflanze über 3000 endogene organische pflanzliche sowie anorganische chemische Komponenten finden lassen. Interessanterweise enthält die Pflanze auch einige Harman-Alkaloide, die als Monoaminoxidase-Hemmer wirken. Diese verhindern die Zersetzung von monoaminoiden Neurotransmittern wie Dopamin und Serotonin und erhöhen somit die Verfügbarkeit der „Muntermacher“. Es wird vermutet, dass darin auch das Hochgefühl rührt, welches man beim Genuss von Tabak verspürt.
Was ist in den letzten 100 Jahren passiert, dass zu einem Umdenken in Bezug auf Tabak geführt hat?
Mit dem Begriff Tabak verbinden die meisten Menschen mittlerweile automatisch etwas Schädliches. Die Weltgesundheitsbehörde WHO sagt, dass „Der Gebrauch von Tabak eines der größten Gesundheitsrisiken für die Öffentlichkeit darstellt, das die Welt je gesehen hat“. Aber diese Aussage ist falsch, denn der Tabak selbst ist nicht unbedingt das Gesundheitsrisiko; vielmehr sind es die modernen Tabakprodukte und der Produktionsprozess, die das Risiko darstellen.
Heute ist Tabak ein kommerzielles landwirtschaftliches Produkt, welches in über 100 Ländern angebaut wird. Der gesamte Prozess, von der Aussaat bis zur Ernte, der Trocknung bis hin zur Weiterverarbeitung wird genauestens überwacht. Dabei müssen spezielle Anforderungen erfüllt werden, zum Beispiel an die Tabakblätter, die Brennbarkeit, den produzierten Rauch, der Feuchtigkeitsanteil und viele mehr.
Tabakprodukte sind neben Alkohol eine der zwei größten Genussmittelkategorien, bei denen die Inhaltsstoffe nicht explizit aufgeführt werden müssen – und das ist mit einer der Gründe, warum Tabakprodukte voll mit Zusätzen sind. Jeder Versuch eine Regelung zu finden, bei der diese Inhaltsstoffe aufgeführt werden würden, wurden von der Tabakindustrie bis heute erfolgreich verhindert. Und wenn man von „zahlreichen Zusätzen“ in Bezug auf Tabakprodukte spricht, dann ist das noch ziemlich tiefgestapelt. Ein genauer Blick zeigt auf, wie viele Zusatzstoffe tatsächlich beigemischt werden.
In den Vereinigten Staaten mischt die Tabakindustrie über 600 chemische Zusatzstoffe in die Zigarettenmischungen. Dazu kommen nochmals Hunderte Zusätze, die während des Ernte- und Verarbeitungsprozesses entstehen und nicht intentional beigefügt werden.
Diese umfassen unter anderem:
- Verschiedene Mikroorganismen
- Pestizide
- Herbizide
- Insektizide
- Schwermetalle
- Spuren von Fremdmaterialien wie Metall, Pappe, Styropor, Holzpartikeln, kleinen Tieren und Insekten
- Lösemittel
- Dioxine
Die Tabakindustrie behauptet, dass sämtliche Zusätze, die sich in Zigaretten und anderen Tabakprodukten finden, von der amerikanischen Lebensmittelüberwachungsbehörde FDA als „generell für sicher“ befunden wurden. Allerdings liegt das Problem darin, dass diese Mittel vielleicht in ihrem Urzustand generell sicher sind, aber nicht bei der Verbrennung oder Inhalation.
Durch Inhalation kann unser Körper auch Stoffe aufnehmen, die sonst, wenn oral eingenommen vom Verdauungssystem als giftig erkannt und „aussortiert“ werden würden. Durch die Verbrennung dieser Zusatzstoffe können diese ansonsten harmlosen Mittel ganz schnell schädlich werden, manche sind sogar dafür bekannt, karzinogen, also krebserregend zu wirken, wenn sie verbrannt werden. Zudem wurde auch das Zusammenspiel bei der Verbrennung verschiedener Zusatzstoffe bis heute nicht wirklich untersucht.
Um ein einfaches Beispiel zu nennen: Selbst harmlose Zusatzstoffe wie Lakritze, Schokolade, Honig oder brauner Zucker sind schädlich, wenn sie gemeinsam mit dem Nikotin verbrannt werden. Warum? Bei der Verbrennung entstehen krebserregende Acetaldeyte. Ein anderes Beispiel ist Glycerol, welches sich durch die Verbrennung in Acrolein verwandelt, welches dafür bekannt ist, krebserregend zu sein.
Und weil das alles noch nicht genug ist, war die Tabakpflanze im Jahr 1982 die erste Pflanze überhaupt, die gentechnisch manipuliert wurde. Seitdem wurde die Pflanze in vielerlei Hinsicht verändert: Sie sollte resistenter gegen Herbizide und Insektizide werden, gegen Pilze und Viren und der Nikotingehalt wurde beeinflusst. Und da auch bei der Genmanipulation nicht gefordert wird, dass diese klar ersichtlich auf der Verpackung ausgezeichnet wird, weiß man als Zigarettenkonsument nicht nur nicht, welche Zusätze sich im Tabak befinden, man weiß noch nicht einmal, ob der Tabak gentechnisch manipuliert wurde.
Denkt man weiter, bedeutet das zusätzlich, dass sämtliche Studien, die über das Rauchen durchgeführt werden, nicht zwischen natürlichem und manipuliertem Tabak unterscheiden.
Es gibt eine weitere Pflanze, die in den letzten Jahrzehnten trotz ihrer zahlreichen heilenden Eigenschaften stark verteufelt wurde, und das ist Cannabis. Langsam wachen die Menschen auf und realisieren, dass sie dazu manipuliert wurden, in Cannabis nur eine böse Droge zu sehen und nutzen die heilenden Komponenten der Marihuana-Pflanze wieder, z. B. bei der Behandlung von Glaukomen oder zur Schmerzlinderung bei Krebspatienten.
Aber über die heilenden Wirkungen der Tabakpflanze wird man auch jetzt nichts in den Medien finden – zu tief sind die Überzeugungen in uns gepflanzt, dass Tabak schädlich sein muss.
Soll all das bedeuten, dass natürlicher Tabak und das Rauchen desselben komplett sicher ist? Absolut nicht! Wie bei jeder Pflanze kann es heilende Wirkung haben, aber auch giftig sein. Aber wie Menschen schon seit Jahrtausenden erkannt haben, kann das Rauchen von natürlichem Tabak auch seine Vorteile und positive Wirkungen haben.
Aber natürlich können sich auch im unbehandelten natürlichen Tabak Gesundheitsrisiken verbergen. Es gibt kaum Studien, die sich mit solchem Tabak befassen, da man ihn auch nur sehr schwer erwerben kann. Eigentlich ist es sogar fast unmöglich, an solchen Tabak ranzukommen. Allerdings gibt es einige Studien, die sich mit den positiven Auswirkungen des Rauchens befassen. Sie sind gemeinhin unter dem Namen „Raucher-Paradoxe“ bekannt, eben weil dem Tabak sonst nur schädliche Eigenschaften zugesprochen werden wollen.
So können Tabakzigaretten das Risiko einer eiternden Dickdarmentzündung, einer Sarkoidiose, Gebärmutterkrebs, Entzündungen im Uterus und Brustkrebs bei Frauen senken, die das BRCA-Gen in sich tragen. Könnte man hier organischen Tabak anwenden, könnten diese Vorteile genutzt werden, ohne die Risiken, die sich in herkömmlichen Tabakprodukten finden, auf sich nehmen zu müssen.
Wenn man ein Tabakliebhaber ist, sollte man ernsthaft darüber nachdenken, seine eigenen Tabaksetzlinge im Garten oder in großen Blumentöpfen anzubauen. Allerdings gibt es keine wirklichen Anleitungen darüber, wie man den besten Tabak züchtet, man muss sich dabei ein wenig auf Glück und Bauchgefühl verlassen.
Doch wer Rauchen möchte, sollte es wie die alten Indianer tun: Mit Bedacht und Bewusstsein und Zweck.