Nikotin-Resorption bei elektronischen Zigaretten
Nikotin-Resorption bei elektronischen Zigaretten
Teil 1: Neue Studie zur Nikotinaufnahme durch E-Zigaretten
Für den Erfolg jedes einzelnen E-Zigaretten-Modells, aber auch für die Zukunft der elektrischen Zigaretten als Ganzes, hängt viel von der Nikotin-Resorption durch den Verbraucher ab. Je nach Wirkungsgrad kann die eCigarette den Erstnutzer davon überzeugen, den Wechsel von der Tabakzigarette zum Dampfgerät zu wagen. Die Steuerbarkeit der inhalierten Nikotinmenge unterstützt ebenfalls den langsamen Entwöhnungsprozess, falls dieser das Motiv zum Wechsel war. Gleichzeitig ist es für Mediziner wichtig zu wissen, wie sich und ob sich eine Nikotingewöhnung und Abhängigkeit bei Dampfern entwickelt – vor allem auch bei Jugendlichen oder Erstrauchern, die sofort mit dem Konsum von eCigarettes beginnen, ohne den ‚Umweg‘ über Tabakzigaretten.
Eine neue Studie beschäftigt sich deshalb explizit mit der Nikotinaufnahme durch den Organismus, vor allem im Vergleich von elektrischen Zigaretten der ersten und zweiten Generation. Veröffentlicht wurde sie Ende Februar 2014 in der Online-Ausgabe des renommierten Wissenschaftsjournals „Nature„. Autor ist der in Dampferkreisen inzwischen bekannte Mediziner und Dampf-Aktivist Dr. Farsalinos und seinem Team.
Farsalinos untersuchte das Nikotinaufnahmepotenzial verschiedener eCigarette-Typen. Im speziellen konzentrierte er sich einerseits auf eine mit einem Cartomizer ausgestattete Einweg-E-Zigarette der ersten Generation, optisch und haptisch ähnlich gestaltet wie eine Tabakzigarette und noch mit einer relativ schwachen Batterie versehen. Andererseits kam ein neues Set zum Einsatz, das mit einem 9-Watt gepowerten Clearomizer mit austauschbarem Tank ausgestattet war.
Eine wichtige Motivation des Forscherteams war nicht nur die momentan noch desolate Lage hinsichtlich verlässlicher, neutraler Daten zum Konsum von E-Zigaretten. Die Studie wurde auch durchgeführt, weil die neuen EU-Regelungen zu E-Zigaretten sich nachweislich auf veraltetes Faktenmaterial beziehen. Dieses arbeitet noch mit der ersten Generation der ja sowieso noch in der Entwicklung begriffenen E-Zigaretten. Seitdem ist jedoch die technische Entwicklung der Systeme immens vorangeschritten – man könnte eigentlich von Quantensprüngen sprechen. Farsalinos wollte also auch wissen, ob neuere Geräte sich eventuell in der Abgabeeffizienz von Nikotin so sehr von den alten Geräten unterscheiden, dass die EU-Einschätzungen schon deshalb in Frage zu stellen sind.
Untersucht wurde das Verhalten eines Produktes der ersten Generation, nämlich eine V2 Standard-E-Zigarette mit Cartomizer und ein Produkt der zweiten Generation, nämlich ein EVIC Set mit einer neun Watt-Batterie und einem EVOD Atomizer. (Zur Klärung: Sowohl Cartomizer als auch Clearomizer sind Verdampfer mit integriertem Tankdepot. Der Cartomizer speichert den Liquid in Watte, während beim Clearomizer/ Atomizer der Liquid durch zwei Glasfaserdochte aus dem durchsichtigen Depot heraus verdampft wird.) Für beide Systeme wurde ein Liquid mit 18mg/ml Nikotingehalt verwendet.
Die Teilnehmer probierten die Geräte an zwei verschiedenen Tagen aus, nachdem sie zuvor acht Stunden lang keine E-Zigaretten, andere Nikotinquellen, Alkohol oder Koffein konsumiert hatten. Studienteilnehmer waren ausschließlich erfahrene Dampfer, die selbst bereits verschiedene Systeme getestet hatten und außerdem ehemals starke Tabakzigarettenraucher waren. Sie alle hatten elektronische Zigaretten zuvor etwa 19 Monate lang genutzt; die Mehrheit hatten mit dem Tabakkonsum innerhalb eines Monats nach der ersten Nutzung von E-Zigaretten aufgehört.
Pro Studienzyklus nahm jeder Teilnehmer zehn Züge einer E-Zigarette, um damit das Rauchen einer Tabakzigarette zu simulieren. Anschließend wurden über einen Zeitraum von einer Stunde die Nikotin-Plasma-Level gemessen. Es war den Teilnehmern gestattet, während der individuellen Dampf-Phase soviel Liquid durch Inhalationsintensität zu sich zu nehmen, wie gewünscht. Außerdem konnten sie bei Bedarf sowohl Batterien als auch Tank austauschen.
Die Resultate der Studie ergaben zunächst, dass die Nikotinaufnahme von E-Zigaretten erheblich niedriger war als die durch Tabakzigaretten. Auch nach fünf Minuten ununterbrochenem Gebrauch lagen die Plasma-Nikotin-Level zwischen einem Drittel und einem Viertel unter dem von Rauchern, die eine einzige Tabakzigarette geraucht hatten. Dabei waren die Geräte neuerer Bauart wesentlich effektiver in der Nikotinabgabe als die älteren E-Zigaretten. Hier stiegen die Nikotinlevel bei den jüngeren Geräten um 35-72% im Verhältnis zur ersten Generation.Zur Generierung des Nikotin-Plasma-Levels, den ein Tabakzigarettenraucher nach einer Zigarette erreicht, mussten die Teilnehmer 35 Minuten lang mit Geräten der zweiten Generation dampfen. Mit Geräten der ersten Generation wurden diese auch nach einer Stunde nicht erreicht. Anders ausgedrückt: Der Nikotin-Level nach dem Rauchen einer Tabakzigarette innerhalb von fünf Minuten lag bei 185% beziehungsweise 286% über jenem, der im Organismus nach Konsum einer E-Zigarette der ersten beziehungsweise zweiten Generation nachweisbar war (die Referenzdaten zur Nikotinsättigung nach Rauchen einer Tabakzigarette hat das Wissenschaftlerteam dabei einer anderen Studie entlehnt).
In der Studie kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass es etwa 50mg Nikotinsättigung pro ml bedürfen würde, um sich der Nikotin-Aufnahme eines starken Tabakzigarettenrauchers durch eine Zigarette anzunähern. Das sind einerseits gute Nachrichten, wenn es um die Gesundheit jener Dampfer geht, die sich bereits auf die E-Zigaretten eingestellt haben und zufrieden mit den Ergebnissen sind. Es kann aber paradoxerweise andererseits für Raucher, die auf E-Zigaretten umsteigen wollen, negative Konsequenzen haben.
Dies gilt vor allem im Licht der neuen EU-Regelung, die einen niedrigeren Nikotingehalt als 50mg (nämlich höchstens 20mg/ml) zwingend vorschreibt. Wirklich starke Raucher könnten so von einer erfolgreichen Umstellung aufgrund ausbleibenden Nikotinschubs abgehalten werden – so zumindest das Ergebnis der Studie. Sie kommt zu dem Schluss, dass eine Limitierung des Nikotingehalts auf unter 20mg/ml den Erfolg der elektrischen Zigaretten zur Nikotinentwöhnung grundsätzlich in Frage stellen könnte. Um diesen flächendeckend sicherzustellen, verlangen Dr. Farsalinos und sein Team die Zulassung von Liquids mit einem Nikotinanteil von etwa 50mg/ ml.
Weitere Themen:
Teil 2: Warum die Nikotinaufnahme bei eCigarettes deutlich niedriger ausfällt als bei Tabakzigaretten
Alles über Nikotin
Quelle:
„Nicotine absorption from electronic cigarette use: comparison between first and new-generation devices“
(Farsalinos K. et al. Nikotin-Resorption aus elektronischen Zigarette Verwendung: Vergleich zwischen der ersten und der neuen Generation Geräte. Präsentiert bei der FDA, 19. Dezember 2013 (zur Veröffentlichung eingereicht)).