Keine Frage: Nikotin schadet der Gesundheit. Trotzdem tut der Mensch sich Gutes, wenn er von Tabakzigaretten auf elektronische Zigaretten mit nikotinhaltigem Liquid umsteigt. Denn ein großer Teil der schädlichen Wirkung von Zigaretten ist mitnichten auf den natürlichen Nikotingehalt des getrockneten Tabaks zurückzuführen – sondern auf die Zusatzstoffe, die die Zigarettenindustrie diesem hinzufügt. Diese können nicht nur Sucht verstärkend wirken, sondern auch erhebliche körperliche Schäden verursachen.
Was ist außer Tabak eigentlich im Tabakrauch drin?
Über die vergangenen Jahrzehnte sind kontinuierlich mehr Zusätze auf den Markt gekommen; momentan sind mehr als 600 bekannte Stoffe im Einsatz. Parallel hat die Menge und Komplexität der dem Tabak zugesetzten Mischungen zugenommen. Inzwischen machen Zusatzstoffe bis zu 10% des Gewichtes einer industriell hergestellten Zigarette aus.
Wie selbstverständlich diese Praxis des Tabakverschnitts inzwischen geworden ist, beweist schon die Tatsache, dass in den letzten Jahren extensiv für Tabakerzeugnisse ohne Zusätze geworben wurde. Bei diesen Promotion-Maßnahmen steht allerdings immer die Unverfälschtheit des Geschmacks im Vordergrund. Dies hat zwei Ursachen. Zum einen dürfen Zigarettenhersteller nicht mit einer angenommenen Risikoreduzierung ihres Produktes werben; zum anderen haben sie ja alle nach wie vor auch Zigaretten mit Zusatzstoffen im Angebot.
So erfährt der Konsument also auch nicht, dass eine ganze Reihe von zugelassenen Zusätzen erwiesenermaßen das Suchtpotenzial von Tabak erhöhen – entweder, indem sie die körperliche Nikotinsucht wahrscheinlicher machen oder indem sie die psychologische Abhängigkeit durch ein attraktiveres Raucherlebnis begünstigen.
Wie suchtverstärkend können Tabak Zusatzstoffe sein?
Generell werden Tabakerzeugnisse inzwischen als physisch Sucht verstärkender eingestuft als reines Nikotin, wie es etwa in eCigarettes verdampft wird. Wissenschaftlich betrachtet ist es sehr schwierig, das Verhältnis des Suchtpotenzials von reinem mit dem von versetztem Tabak in Zahlen darzustellen, auch deshalb, weil die Zusätze in sich selbst nicht Sucht auslösend sind.
Allerdings sind generelle Aussagen über den Zusammenhang von Nikotinsucht und Zusatzstoffen möglich, indem deren Funktionsweise betrachtet wird. So können Zusätze zu einer erhöhten oder vereinfachten Aufnahme des vorhandenen Nikotingehalts führen, etwa indem sie die Größe der Rauchpartikel beeinflussen. Auch die Bioverfügbarkeit des Nikotins kann durch externe Stoffe optimiert werden, so dass der Organismus insgesamt stärker auf das Rauchen reagiert. Mit zunehmender Intensität des Raucherlebnisses einerseits und einer Reduzierung der Negativerfahrungen andererseits nehmen die positive Besetzung der Zigarette zu und die Gründe für das Aufhören ab. Diese Faktoren erzeugen an und für sich keine Sucht, lassen sie aber wesentlich schneller entstehen und wahrscheinlicher werden.
Welche Tabak-Zusatzstoffe gibt es?
Zusätze erfüllen meist eine von drei Aufgaben: Sie dienen entweder als Konservierungsstoff, als Feuchtigkeitsmittel oder zur Optimierung der Raucherfahrung (etwa im Falle von Aromen für Geruch und Geschmack oder Stoffen, die die Verbrennungseigenschaften des Tabaks verändern). Einige Stoffe wie etwa Menthol werden zu Werbezwecken deklariert, die meisten jedoch bleiben unerwähnt. Auch sind die natürlichen Stoffe wie etwa Lakritz, Kakao oder Milchsäure in der Minderheit. Dabei darf auch deren Einsatz nicht unterschätzt werden, zudem er bisweilen besonders perfide ist. So ist Rohkakao eine außerordentlich gesunde Ingredienz, die unter anderem eine Dehnung der Luftwege bedingen kann. An sich eine gute Sache, nicht aber, wenn der Kakao sich deshalb im Tabak wiederfindet, weil erweiterte Luftwege den Zigarettenrauch tiefer einlassen.
Zuckerarten sind die häufigsten Zusätze, die der Optimierung der Raucherfahrung dienen sollen. Die Nutzmotivation liegt in einem bio-chemischen Vorgang im Gehirn. Wird Zucker verbrannt, entstehen Aldehyde (unter anderem Acetylaldehyd). Diese blockieren ein Enzym, das andernfalls den Abbau bestimmter Botenstoffe steuern würde. Theoretisch soll auf diese Weisen die Konzentration dieser Botenstoffe im Gehirn ansteigen und das Raucherlebnis so insgesamt intensiver wahrgenommen werden. Ob dies allerdings tatsächlich stattfindet, wurde bisher nicht nachgewiesen – die Zuckerstoffe werden dennoch auf Verdacht hinzugefügt. Was allerdings medizinisch eindeutig bewiesen ist: Aldehyde greifen menschliche Schleimhäute an.
Eine tatsächliche empirische Wirkung zeigt dagegen Menthol. Es reduziert das mit dem Einatmen von Tabak verbundene Kratzgefühl; der Rauch erscheint bei Mentholzigaretten kühler und wird automatisch tiefer eingeatmet, was die Wirkung potenziert. Im psychologisch betrachtet schlimmsten Fall kann so der Eindruck einer „leichten“ und damit weniger schädlichen Zigarette entstehen.
Zur Erhöhung des aufgenommenen Nikotins werden Ammonium und Ammoniumverbindungen beigemischt. Ausgehend von der Annahme, dass säurehaltige Umgebungen die Nikotinaufnahme hemmen, sollen diese den Säuregehalt des Rauches minimieren. Dies kann allerdings immer nur auf das Mundklima zutreffen; der relevante Nikotinanteil wird aber über die Lungen absorbiert. In Untersuchungen war der im Blut gemessene Nikotinspiegel nach dem Genuss von mit Ammonium versetzten Tabakerzeugnisse dementsprechend auch nicht relevant erhöht. Diese Einsicht hat die Nutzung des Zusatzstoffes allerdings nicht nennenswert gedrosselt.
Gibt es auch wirklich toxische Zusatzstoffe?
Das Problem sind in diesem Fall nicht die Zusatzstoffe selbst, sondern die Wechselwirkung mit anderen im Tabak vorhandenen Substanzen. Sie können die Wirkkraft sowieso schon für die Entstehung von Krebs verantwortlich gemachte Stoffe weiter verstärken. Hierzu zählen etwa Blei, Arsen, Cadmium und Formaldehyd, deren Anteil im Zigarettenrauch im Vergleich zu Zigaretten ohne Zusatzstoffe um bis zu einem Fünftel höher liegt. Zumindest im Fall von Phillip Morris wird einem Tabakkonzern zudem nicht nur vorgeworfen, diesen Zusammenhang unerwähnt zu lassen, sondern entsprechende unternehmensinterne Studien bewusst zu fingieren.
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