10 überzeugende Gründe für eine vegane Ernährung
Vorbei sind die Zeiten des einsam Weizenkeime vor sich hin mümmelnden Jutetaschenökos. Vegan ist hip. Keine andere Kochbuchsparte verkauft sich momentan so gut wie die vegane. Aber warum eigentlich? Was bringt zigtausende Menschen dazu, freiwillig auf tierische Produkte zu verzichten?
Erste Umfragen zu den Motivationen für eine vegane Ernährungsumstellung zeigen, dass die Gründe für den Umstieg faszinierend individuell und grundverschieden sind. Tatsächlich ist die vegane Ernährung auch ihrerseits die Antwort auf eine Vielzahl an Fragen, die sich in unserem Kulturrahmen stellen.
Wer das vage Gefühl hat, vegane Ernährung sei eine „gute Idee“, aber noch auf der Suche nach handfesten Gründen für das Experiment mit dem rein pflanzlichen Genuss ist, wird im Folgenden fündig. Wir haben die zehn häufigsten, aber auch nachweislich wirksamsten Argumente zusammengestellt, die nicht nur für einen selbst, sondern auch für zweifelnde Freunde und hyperkritische Familienmitglieder echte Augenöffner sein können.
Dabei liste ich die ganz persönlichen Vorteile veganer Ernährung gleich zu Beginn. Die ethischen „Klassiker“ folgen weiter hinten. Das ist reine Absicht. Denn so sehr wir es uns wünschen würden: Moralische Perfektion dient motivationstechnisch seltener als ausreichender und langfristig wirkender Anschub für eine Neuausrichtung lang einge’fleischter‘ Handlungsmuster.
1.Vegane Ernährung macht Schluss mit Alltagswehwechchen und Zivilisationskrankheiten
Eigentlich müsste ich diesen Punkt in Anführungszeichen schreiben. Wirklich Schluss machen mit Zivilisationskrankheiten können wir nur, wenn wir unser Leben insgesamt weniger „zivilisiert“ gestalten und durch Wälder rennen statt auf Hochleistungsbürostühlen herumzusitzen. Doch tatsächlich ist vegane Ernährung die perfekte und auch volkswirtschaftlich günstigste Antwort auf Volkskrankheiten wie beispielsweise Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Stoffwechselschwächen, Allergien und Übergewicht (die die Pharmaindustrie natürlich in den Wahnsinn treibt).
Denn häufig liegen die Ursachen dieser vermeidbaren und glücklicherweise häufiger als gedacht reversiblen Erkrankungen in einer mangelhaften Ernährung: zu wenig Vital- und Ballaststoffe, schwer verwandelbare und schädliche Fette und Proteine, sinnlose und viel zu schnell verpuffte Kohlehydrate. Hinzu kommt das fehlende Wissen über die vielfältigen natürlichen Präventiv- und Heilmittel, die die Natur in Form von Gemüse und Kräutern zu bieten hat.
1.Vegane Ernährung macht Schluss mit Alltagswehwechchen und Zivilisationskrankheiten
Die Nahrungsaufnahme bei veganer Ernährung ist systemisch optimal ausgerichtet. Die einzelnen Makro- und Mikronährstoffe ergänzen einander optimal. Anders bei bei Mischkost. Dort heben sich positive Wirkungen häufig gegenseitig auf und negative werden verstärkt.
Veganer haben so gut wie immer einen ausgeglichenen Blutzuckerspiegel und gesunde Cholesterinwerte. Das senkt die Wahrscheinlichkeit für kardiovaskulärer Erkrankungen um ein Vielfaches. Häufig kann eine Ernährungsumstellung auf rein pflanzliche Kost eine Medikamentenvergabe bei Typ-2-Diabetes, rheumatoider Arthritis oder chronischen Magendarmerkrankungen wie Morbus Crohn ganz überflüssig machen. Der hohe Antioxidantienanteil in pflanzlicher Nahrung erhöht außerdem die Abwehrkräfte.
Auch bei fast allen Krebsarten hat sich eine vegane Ernährung als unterstützend herausgestellt; allerdings sollte diese mit einem spezialisierten Ernährungsberater individuell zusammengestellt werden. Gleiches gilt für Multiple Sklerose. Warum dies so ist, versuchen Forscher noch herauszufinden; die statistischen Fakten allerdings sind eindeutig. Ebenso klar ist, dass bestimmte Krebserkrankungen, vor allem des Magendarmbereiches, bei Veganern sehr viel seltenere auftreten als beim Rest der Bevölkerung.
Last but not least ergeben immer mehr Studien, dass Veganer sehr viel seltener unter Impotenz oder Erektionsproblemen leiden; durchschnittlich häufiger Sex haben; und bis in ein höheres Alter hinein mehr Stehvermögen beim Liebesakt aufweisen.
Vegane Ernährung ist von Natur aus systemisch
Mit pflanzlicher Ernährung gelangen unvergleichlich mehr Vitalstoffe in den Körper – natürlich nur, wenn die ganze Bandbreite der Nahrungsmitteloptionen ausgenutzt wird. Die dem Körper zur Bekämpfung freier Radikaler verfügbar gemachten Wirkstoffe sind zahlreicher, weil Veganer zu einer größeren Auswahl oft biologisch angebauter Obst und Gemüsesorten, Hülsenfrüchte und Nüsse tendieren.
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Nährwerttechnisch optimal ausbalancierte vegane Ernährung ist gleichzeitig, wie praktisch!, auch der perfekten Stress-Killer. Sie liefert Mahlzeiten, die auf komplexen, ballststoffreichen, eisenhaltigen Kohlehydraten aufbauen. Diese kann der Körper langsam verstoffwechseln. Sie bescheren ihm deshalb auch kein Zuckerhoch mit anschließendem Tief, sondern halten seinen Energielevel den ganzen Tag über konstant.
Die meisten Veganer kultivieren in Folge ihres Umstiegs eine wesentlich phantasievollere Küche mit mehr Gewürzen und Kräutern als zuvor. Wurzeln wie frischer Ingwer, Gemüsesorten wie Chilli, Kräuter wie Minze oder Koriander und Gewürze wie Zimt stimulieren den Stoffwechsel und die Stimmung (die über unser „zweites Gehirn“, das Nervensystem des Magen-Darm-Trakes, eng verknüpft sind). Aus der veganen Küche ist zusätzlich noch ein wahres Wundermittel entstanden: der „echte“ Green Smoothie, der vor Wildkräutern, Gräsern und chlorophylhaltigen Gemüse nur so platzt.
Häufig wird ein exzessiver Kaffee- und Zuckergenuss nach einigen Wochen veganer Ernährung automatisch unattraktiv. Diese beiden Stoffe sind echte Energieräuber: Sie lösen einen kurzen, oft extremen Produktivitäts-Boost aus, der aber von einer viel längeren, unkreativen, abgeflachten Phase abgelöst wird. Durch die Vielseitigkeit veganer Süßmittel wird reiner Industriezucker bald als viel zu dominant empfunden; nach der zweiten Tasse Kaffee am Tag empört sich ein Körper, der an vegane Ernährung gewöhnt ist. So schleichen sich beide oft von selbst aus und hinterlassen einen wesentlich energetischeren Allgemeinzustand zurück.
Vegane Ernährung ist ein echter Schlaf-Therapeut
Eine der unterschätzten Wirkungen von veganer Ernährung ist zudem ihr Effekt auf unsere Schlafqualität. Schlafen wir nicht (gut) genug, nutzt auch die beste Ernährung nicht viel: Wir fühlen uns schlapp und ausgelaugt. Oft stellen wir jedoch keine Verbindung her zwischen unserer Nahrung und unseren nächtlichen Aktivitäten. Nachts, während unser Bewusstsein schlummert, finden in der großen Fabrik Körper unsere Entgiftungs- und Regenerierungsprozesse statt. Je mehr und je härter unsere Organe, unser Stoffwechsel und unser Blut arbeiten müssen, je angegriffener unser Magen und Darm, desto unruhiger und leichter unser Schlaf. Nicht umsonst berichten viele Neu-Veganer von einer signifikanten Verbesserung ihres Schlafes, die natürlich zu einem wesentlich wacheren und fitten Tag führt.
3.Vegane Ernährung führt fast immer zu gesundem Gewichtsverlust
Ich schreibe „fast immer“, weil es natürlich auch mit einer rein pflanzlichen Ernährung möglich ist, sich fettlastig zu versorgen…Pommes Frites und anderes Ausgebackenes und Frittiertes, Reismilch-Schokoladetafeln oder Kartoffelchips sind für sich genommen leckere vegane Snacks, in der Masse jedoch schädlich. Allerdings muss ein Veganer auch auf einer Selbstzerstörungsmission sein, um diese Lebensmittel zum Hauptbestandteil der Ernährung zu machen.
Alle diesbezüglichen Studien zeigen, dass Menschen mit veganer Ernährung weit überdurchschnittlich oft einen Body Mass Index im idealen Bereich von 20 – 25 haben – wobei es hier nicht um ein „Idealgewicht“ geht, sondern um das Wohlfühlgewicht des Einzelnen. Eine ausgeglichene, intelligent zusammengestellte vegane Ernährung bietet dem Körper alles an natürlich wirksamen Heilmitteln zur vollständigen Regeneration täglich erlittener „Mikroschäden“ durch Umwelt und Stress. Sie versorgt ihn mit komplexen Kohlehydraten, hochwertigen Proteinen und ungesättigten Fetten, die seine Energiespeicher konstant versorgen und so einen balancierten Aktivzustand ermöglichen.
Veganer sind im Durchschnitt zehn Kilo leichter als Mischköstler
Das beweisen auch die Statistiken: Veganer sind durchschnittlich zehn Kilo leichter als Gemischtköstler gleichen Geschlechts, Alters und Größe. Natürlich spielen dabei auch soziologische Faktoren eine Rolle; aber die entsprechende Studiengruppe ist zu diversifiziert (und auf den ganzen Globus verteilt), als das dieses Ergebnis nicht verallgemeinert werden könnte.
Das Gute daran: Vegane Ernährung ist keine Diät! Zwar gibt es bei der Umstellung auf eine rein pflanzliche statt einer Mischkost anfänglich manchmal Verzichtgefühle, die auch für den Beginn einer Diät typisch sind. Die neuen „Regeln“ erinnern manche an einen Diätplan. Doch vegane Ernährung wird viel schneller zum genussreichen Alltag, als die meisten Einsteiger sich vorstellen können – eben weil sie so lecker und vielseitig ist und weil es im Grunde nur so wenig zu beachten gilt.
Der Gewichtsverlust durch vegane Ernährung findet sehr langsam und natürlich statt. Die Gefahr eines Jo-Jo-Effektes ist gleich Null: Schließlich wird die positive Ernährungsweise beibehalten und nicht wie bei der klassischen Diät bei Erreichen des Zielgewichts wieder abgelegt. Wer vegan isst, nimmt bei derselben Menge an Nahrungsmitteln schlicht weniger Kalorien zu sich – und ernährt sich dabei meist gesünder, so dass der Stoffwechsel auf Hochtouren bleibt und nicht beschwert wird. Übrigens: Ein entsprechender Effekt kann sich bereits bei einem oder zwei veganen Tagen in der Woche einstellen!
4.Vegane Ernährung schützt (fast immer) vor Lebensmittelvergiftung…
..und Lebensmittelskandalen – das gilt für die bekannt werdenden ebenso wie für die vielen nie ans Licht der Öffentlichkeit kommenden. Denn diese betreffen zur Hauptsache tierische Produkte und hochverarbeitete, industriell hergestellte Nahrungsmittel. Natürlich kann eine vegane Ernährung auch Letztere beinhalten; die meisten Veganer entscheiden sich aber im Laufe ihrer Ernährungsumstellung für frische, natürliche, regionale und saisonale Produkte aus biologischem Anbau, einfach weil sie die positiven Effekte noch potenzieren wollen.
Diese Präferenzen schützen zusätzlich vor gesundheitlichen Auswirkungen durch den Verzehr von Insektiziden und Pestiziden wie etwa Glyphosat, die oft nicht bekannt sind (vor allem beim Import von Obst und Gemüse aus dem Ausland) oder auf politischer Ebene verharmlost werden.
Ebenso schützt die vegane Ernährung automatisch vor bakteriellen Erkrankungen, die durch unsaubere Tierhaltung oder Schlacht- sowie Lagerbedingungen ausgelöst werden können. Solange Fleisch nicht von biologischen Höfen stammt, ist es mit größter Wahrscheinlichkeit mit Bakterien, Antibiotika und Toxinen belastet; bei importiertem Fleisch können Hormone hinzukommen. Diese lagern sich im Körper ab, verbleiben dort in manchen Fällen jahrelang und führen unter anderem zu Resistenzen gegen antibiotische Behandlungen, Mikroentzündungen, Zellschädigungen und Stoffwechselveränderungen.
Vor allem für Kinder und Jugendliche können diese Fremdstoffe gefährlich werden. Hinzu kommen Zusatzstoffe, die für den Einsatz in Fleischprodukten genehmigt sind, wie etwa Nitritpökelsalz, eine Mixtur aus Speisesalz und Kalium- oder Natriumnitrit. Das Nitrit bildet in Kombination mit Aminen (Eiweißstoffen) krebserzeugende Nitrosamine.
5.Vegane Ernährung ist eine kulinarische Bereicherung
Für viele Menschen ist die Beschäftigung mit einer rein pflanzlichen Ernährung auch der Anfang einer erstaunlichen Abenteuerreise zu neuen Zutaten – manche kochen sogar zum ersten Mal in ihrem Leben selbst regelmäßig und mit Freude. Der Gang auf den Wochenmarkt wird zur Expedition, statt zur Suche nach einer möglichst schnell und unkompliziert zubereiteten „Beilage“.
Doch nicht nur zuvor unbekannte Lebensmittel harren der Entdeckung; auch völlig neue Zubereitungsweisen gehen mit einer Umstellung auf vegane Ernährung einher. Selten können sich Nicht-Veganer vorstellen, was sich alles mit rohem Blumenkohl machen lässt – von „falschem“ Reis bis zu „Parmesan“. Einlegen, einkochen und fermentieren wird zum Sonntagshobby; selbst gezogene Früchte und Obst begleiten den Speiseplan so bis in den Winter.
Tofu, Tempeh und Seitan klingen nicht mehr wie Fremdworte. Pastinaken, Topinambur, Rote Beete, Grünkohl und andere vergessene Gemüsesorten finden plötzlich ihren Weg in den Kochtopf. Das ist nicht nur ein Feuerwerk für die Geschmacksknospen, sondern hat auch handfeste gesundheitliche Vorteile. Denn diese alten, samenfesten Kultursorten, jahrzehntelang grundlos vernachlässigt, sind hart im Nehmen, weil perfekt an unsere eher rauen Klimabedingungen gewöhnt.
Dünger ist deshalb überflüssig, die Schadstoffbelastung gleich Null, selbst wenn sie nicht in Bio-Qualität erstanden werden. Außerdem darf Gemüse, das für den regionalen Verzehr angebaut wird und nicht auf Massenertrag angelegt ist, so lange wachsen, wie die Natur es bis zur Reife vorgesehen hat. So können diese heimischen Gemüseschätze viel mehr Nährstoffe sammeln und sich mit einer ganzen Bandbreite an wertvollen sekundären, antioxidativen Pflanzenstoffen anreichern.
Neu-Veganern und Experimentierfreudigen empfehle ich immer Besuche in veganen Feinschmeckerrestaurants der Umgebung (inzwischen gibt es sie fast überall im deutschsprachigen Raum; und sogar ein Ausflug mit Übernachtung kann sich lohnen). Denn vegane Ernährung fordert auch Spitzenküche zu Höhenflügen heraus. Viele lassen sich inzwischen ebenfalls von heimischen Kulturpflanzen inspirieren und interpretieren diese mit überraschenden Zutaten.
Nicht nur das. Es ist wahr, dass vegane Ernährung in vielen Restaurants und Kantinen noch nicht ganz angekommen ist. Der Vorteil dabei: Man kocht wieder mehr zu Hause, lädt Freunde ein, an diesen Experimenten ins pflanzliche Universum teilzuhaben – und lernt Menschen kennen, die man sonst vielleicht nie getroffen hätte. Denn in fast allen Städten gibt es vegane, semi-öffentliche Dinner-Parties und Kochabende, Stammtische und Kochkurse. Vor allem letztere sind ein phantastischer Einstand in eine neue, aroma-berstende Welt des Genusses!
6.Vegane Ernährung ist die tierfreundlichste Lebensform
Jeder Veganer „rettet“ etwa hundert Tiere im Jahr, im Vergleich zu einem Mischköstler – es werden sogar mehr, wenn der Veganismus sich nicht nur auf vegane Ernährung, sondern auch auf andere Lebensbereiche wie Kleidung, Einrichtungsgegenstände oder Kosmetik erstreckt. Es gibt keinen effektiveren und einfacheren Weg, um Tierleid zu beenden.
Dies hat auch indirekt Auswirkungen auf Menschen, die weiterhin Tier essen. Durch einen lebendigen, veganen Diskurs wird das (politische) Licht auf Massentierhaltung und inhumane Schlachtmethoden gelenkt. Viel Fakten wie die massenhafte Vernichtung männlicher Küken direkt nach der Geburt, werden erst durch veganes Engagement bekannt. Das kann Fleischessern und Vegetariern den bewussten Anstoß geben, ihren Tier- und Tierproduktekonsum herunterzuschrauben und nur noch Fleisch und Fisch aus artgerechterer Haltung zu beziehen.
Im Hinblick auf die Tierliebe gibt es mehrere Perspektiven auf den Veganismus. Eine sieht den Menschen als eine von Tieren gesonderte Spezies höherer Entwicklung, die eben deshalb eine moralische Verpflichtung hat, sie zu schützen, statt sie zu nutzen. Eine weitere macht zwischen Mensch und Tier keinen inneren Unterschied; beide gehören einer Art Lebewesen an, weshalb keines von Beiden das Recht hat, dem anderen unnötig Leid anzutun. Für eine Dritte, zu der ich mich zähle, steht das Lebendige an und für sich im Vordergrund, das geschützt und gepflegt werden muss (tatsächlich ist natürlich auch das „Ernten“ von Obst und Gemüse in diesem Zusammenhang ein Problem, das es ernst zu nehmen gilt). Welcher dieser Denkweisen man sich am nahesten fühlt, immer steht das Mitfühlen mit dem Tier im Zentrum.
Doch auch wer logischer veranlagt ist und keine unmittelbare empathische Reaktion auf Tierleiden spürt, muss seiner moralischen Irrationalität zustimmen. Je mehr wir über das Verhalten und die Psyche von Tieren wissen, desto klarer wird: Sie schätzen das Leben und ihre Freiheit mit der gleichen Intensität wie wir und entwickeln von sich aus komplexe Mechanismen, um Gefahren und Verletzung zu entgehen. Mit der Tierhaltung, egal wie „human“ oder „artgerecht“ sie ist, nehmen wir ihnen Freiheit und schlussendlich das Leben. Damit verletzen wir ihre selbstbestimmten Ziele, schlicht, weil wir es können und wollen.
Es gibt keinen moralische Grund, der uns dazu berechtigt, Tieren denselben Schutz abzusprechen, an denen wir unser Wohlergehen messen: den Schutz vor Hunger, Durst und Unterernährung; den Schutz vor Schmerz, Verletzungen und Krankheit; den Schutz vor Angst und Qual. Wir beanspruchen für uns, unser natürliches Verhalten ausüben zu dürfen. Es ist nicht zu argumentieren, warum wir Tieren nicht dasselbe Grundrecht zuerkennen sollten. Es gibt kein System der „Tier-Haltung“, keinen Weg, Fleisch zu produzieren und zu konsumieren, der diese Schutzrechte nicht verletzen würde – außer den, auf natürlichem Weg gestorbene Tiere zu verzehren.
7.Vegane Ernährung ist nachhaltiger (und alternativloser) Umweltschutz
Die Fleischproduktion, besonders in ihrer gegenwärtigen Ausprägung als Massentierhaltung, ist ökologisch unverantwortlich. Für viele Menschen ist der Fleischverzehr, ohne dass es ihnen bewusst ist, tatsächlich ihre schlimmste „Umweltsünde“, wenn man den ökologischen Fußabdruck aller Gewohnheiten miteinander vergleicht. Fleischherstellung produziert enorme Mengen an Abfall und andere Umweltverschmutzung; die Fleischindustrie zählt zu den ökonomischen Hauptverursachern des Klimawandels. Sich vegan zu ernähren ist sehr viel effektiverer pro-aktiver Umweltschutz als etwa zu einem grüneren (oder gar keinem) Auto zu wechseln oder auf Ökostrom umzustellen. Wer es wirklich ernst meint mit einem persönlichen Beitrag gegen den Klimawandel, für den gibt es keine Alternative zu veganer Ernährung.
Fleisch „konsumiert“ mehr Nährstoffe als es produziert
Um ein Steak auf den Teller zu bekommen, müssen die Futterpflanzen für die Kuh angebaut werden – meist in Boden auslaugender Monokultur und unter Einsatz von Tausenden Litern Wasser pro Tier. Die unglaublichen Mengen an Getreide, die weltweit für die Ernährung von Schlachtvieh produziert werden müssen, sind ein ausschlaggebender Faktor für die zunehmende Entwaldung ganzer Landstriche, die damit einher gehende Zerstörung biologischer Habitate und die resultierende Vernichtung der Artenvielfalt. Alleine in Brasilien werden 5,6 Millionen Morgen Land (ein Morgen entspricht etwa 4047 m2 ) nur für den Anbau von Sojabohnen ausgelaugt, die als Viehfutter Fleischindustrie nach exportiert werden – und dieses Beispiel ist keinesfalls eine Ausnahme. Hierfür werden Regenwald abgeholzt, Menschen umgesiedelt, Tierarten ausgerottet und die Bodenqualität entwertet.
Auch Haltung, Transport und Verkauf von Tieren verbrauchen Energie und Treibstoffe. Zwischen 1960 und 1985 wurden 40 Prozent des nordamerikanischen Regenwaldes einfach abgeholzt, um billiges Weideland für Kühe zu schaffen, die für den US- und europäischen Markt bestimmt waren. Hochrechnungen gehen davon aus, dass eine vegane Ernährung allein etwa 4000 Quadratmeter Wald pro Jahr rettet. Mehr als die Hälfte des in den meisten Industrienationen verbrauchten Wassers wird für die Aufzucht, Tötung, Weiterverarbeitung und Lagerung von Tierfleisch genutzt.
Die Energiekosten sind ebenfalls immens: Um einen Hamburger zu produzieren (genau die, die bei bekannten Fast Food Ketten in den Burgerbrötchen liegen), ist soviel Energie nötig, wie ein Auto auf 20 Kilometern verbraucht. Die Exkremente und Magengase der Tiere stellen ebenfalls einen signifikanten Beitrag zur globalen Erwärmung, mal abgesehen von der hierbei verursachten Wasserverschmutzung.
Bei dieser Aufzählung habe ich die Überfischung der Meere und ihre horrenden Kosten für die Menschheit und den Planeten noch nicht einmal berücksichtigt. Wir beginnen erst ganz langsam, dass Ökosystem Meer wirklich zu begreifen – und das Ausmaß der Katastrophe zu umreißen, das der industrielle Fischfang für die Stabilität der globalen Ökologie bedeutet.
Im Gegensatz dazu verbraucht eine vegane Ernährung unverhältnismäßig weniger Wasser, Energie und Rohstoffe pro Person. Deshalb ist die vegane Ernährungsumstellung auch gleichzeitig der einfachste, vergnüglichste und dabei effektivste Weg, den eigenen Beitrag zu einem wirksamen Umweltschutz zu leisten.
8.Vegane Ernährung ist eine Antwort auf den globalen Hunger
Noch ist vegane Ernährung eine bewusste Entscheidung, die jeder individuell, aus eigenem Gewissen oder aus Gesundheitsgründen trifft. In der Zukunft mag dies anders werden. Denn aller Wahrscheinlichkeit nach ist eine hauptsächlich vegane Ernährung der einzige Weg, 10 Millionen Menschen auf diesem Planeten zu versorgen. In Anbetracht der landwirtschaftlichen Zahlen, etwa der Tatsache, wie viel Kilo Getreide für ein Kilo Fleisch verbraucht werden (die Werte schwanken zwischen 5 kg und 16kg) und dass Gemüse, Obst und Getreideanbau nur ein Drittel der Landfläche benötigen, die die gleiche Menge an „Fleisch-Kalorien“ beansprucht, könnte die Fleischproduktion in Zukunft schlicht nicht mehr umsetzbar sein – falls Hungersnöte nicht länger „Standard“ sein sollen.
Vegane Ernährung unterstützt regionale Selbstversorgung – auf der ganzen Welt.
Gleichzeitig führt der Futteranbau zu zunehmendem „Landgrabbing“, also dem Erwerb von landwirtschaftlich nutzbaren Flächen in Entwicklungs- und Schwellenländern durch ausländische Investoren, um darauf Futtermittel für in wiederum anderen Ländern gehaltene Nutztiere zu liefern. Hierdurch werden nicht nur die lokalen Böden ausgelaugt. Regional gesteuerte Landwirtschaft stirbt aus. Das traditionelle Prinzip der Selbstversorgung durch kleine, diversifiziert genutzte Ackerbauflächen, das gleichzeitig eine fruchtbare Bodenqualität garantiert, wird vernichtet. Finanzielle Abhängigkeit der ehemaligen Kleinbauern von multinationalen Konzernen ist die Konsequenz. Landwirtschaftliches Knowhow geht verloren, was über Jahrhunderte eine stabile Selbstversorgung ganzer Landstriche garantiert hatte.
Vegane Ernährung bedeutet auch, diesen Aspekt der Globalisierung, der langfristig eine durch Bevölkerungswachstum drohende Unterversorgung von Millionen verursacht, zu unterwandern. Mit anderen Worten: Vegane Ernährung ist schlicht der nachhaltigste Weg einer Ernährung der Weltgemeinschaft. Denn Tatsache ist: Tiere konsumieren immer mehr Protein, Wasser und Kalorien als sie produzieren. Das meiste Eiweiß wird dabei nicht in Fleisch, Eier oder Milch umgewandelt, sondern dient der Aufrechterhaltung der Körperfunktionen. Sich selbst vegan zu ernähren ist in diesem Zusammenhang ein Schritt in eine global gestaltbare Zukunft.
9.Vegane Ernährung ist oft eine spirituelle Befreiung
Die vegane Psychologie ist noch ein weitgehend unerforschtes Feld. Dennoch interessieren sich mehr und mehr Psychologen für ein Phänomen, das mit dem Umstieg auf eine vegane Ernährung einher geht: Dem Gefühl, durch den Verzicht auf Fleischkonsum auch eine seelische Erleichterung zu spüren.
Die Gründe hierfür sind komplex und können individuell natürlich sehr verschieden sein. Oft reichen sie weit bis in die Kindheit zurück und erklären sich auf dem kindlichen Verharren in erlernten Ernährungsmustern (siehe auch den nächsten Punkt). Für manche ist eine vegane Ernährung auch der Ausgang aus einem latenten, moralischen Unbehagen, in dem das eigene Verhalten, also der Fleischkonsum, nicht im Einklang mit der eigentlichen, ethischen Überzeugung stand, prinzipiell kein Leid zufügen zu wollen.
Für viele Menschen, die auf einem Weg spiritueller oder mentaler Entdeckung sind, stellen die eigenen Ernährungsgewohnheiten auch eine Barriere auf dem Weg zum nächsten Entwicklungsschritt. Tatsächlich berichten viele Menschen, dass eine vegane Ernährungsumstellung ihre Meditations-Praxis um ein Vielfaches erleichtert und vertieft hat. Auf einer feinstofflichen Ebene wird dies mit der Abwesenheit fremden Leidens im eigenen Körper und Geist begründet. Doch selbst, wer nicht so tief und esoterisch einsteigen möchte, verspürt bei veganer Ernährung eine oft eine deutliche seelische Belebung, ein „Heben des Vorhangs“.
Vegane Ernährung ist gelebtes Mitgefühl in der Praxis
Meine persönliche Interpretation ist die einer kognitiven Erweiterung. Gelebtes, praktiziertes Mitgefühl scheint mir eine der ausgewogensten, befriedigendsten kognitiven Zustände zu sein. Vielleicht profitieren wir hier schlicht von einer im limbischen System verankerten, mentalen Programmierung, empathisch zu sein. Vielleicht ist es aber auch die Anknüpfung an eine systemische Größe, den Lebensfluss, der alles Lebendige durchströmt und von dem wir uns selbst durch die Teilnahme an massenhaften Tötungen unschuldigen und intelligenten Lebens abschneiden.
Fest steht: Vor allem Menschen, die nicht aus persönlichen, sondern rein ethischen oder auch Vernunftgründen auf eine vegane Ernährung umstellen, erleben diese innere Veränderung als überraschend, aber deutlich wahrnehmbar. Schon deshalb lohnt sich das Experiment „vegane Ernährung“.
Für mich persönlich spielt noch eine weitere Komponente mit hinein. Kritiker der veganen Ernährung merken oft an, dass mit einer globalen Abschaffung der Fleischindustrie auch Zigtausende Arbeitsplätze verloren gehen würden. Das ist korrekt. Wie und dass diese sich kompensieren lassen, wäre Thema eines ausführlichen weiteren Artikels. Hier geht es mir um etwas anderes: Viele und vor allem aktuelle Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die in der fleischproduzierenden und verarbeitenden Industrie beschäftigt sind, oft unter sehr deprimierenden und nicht menschenwürdigen Zuständen arbeiten, die sie seelisch außerordentlich belasten.
Meist tun sie dies nicht aus Interesse, wie es vielleicht für den Bio-Bauern gelten mag, der aussterbende Schweinerassen auf dem freien Feld züchtet. Besonders in Übersee, aber auch in Europa, sind die Arbeitsbedingungen in der fleisch- und fischverarbeitenden Industrie horrende, die Tätigkeit schlecht bezahlt, die Hygienemaßstäbe unvorstellbar. Eine vegane Ernährung wird nicht nur dann zur Notwendigkeit, wenn man sich für Tierrechte einsetzt. Auch für Menschenrechtler ist Veganismus eigentlich die einzig denkbare Ernährungsform.
10.Vegane Ernährung ist der Anfang eines selbstbestimmten, bewussten Lebens
Was und wie wir essen, was wir als selbstverständlich und was als fremdartig empfinden, was uns schmeckt und was uns abstößt – das sind hauptsächlich erlernte Prozesse und Gewohnheiten. Wir haben sie uns während unseres Sozialisationsprozesses angeeignet, sie sind ein integraler Bestandteil unserer Erziehung gewesen – und damit ein selten hinterfragtes Erbe, das aber, aus der manchmal wohltuenden Entfernung betrachtet, keinesfalls selbstverständlich oder in Stein gemeißelt ist.
Vom Tag unserer Geburt an werden wir in die Gewohnheiten unserer Eltern hinein ‚er‘- oder besser noch ‚ge’zogen. Weil Essen so eng an unser Überleben gekoppelt ist und ein Primärbedürfnis stillt, hinterfragen wir ihre Sinnhaftigkeit, ihre ethischen Implikationen oder ihren körperlichen wie seelischen Nährwert erst spät – oder gar nicht. Erschwerend hinzu kommt noch unsere Anpassung an soziale und kulturelle Normen.
Die vegane Ernährung fordert dieses biographische wie gesellschaftliche Erbe heraus. Es ist eine spannende Tatsache der Geschichte der Psychotherapie, dass die Rolle des Essens und unsere Auseinandersetzung damit bisher relativ wenig Beachtung gefunden hat, wenn es um das Löschen alter, übernommener Muster und die Neuerschaffung selbstbestimmter, eigener Lebensentwürfe geht. Vegan zu essen und zu leben, auch wenn es nur als Experiment veganer Ernährung beginnt, ist ein spannender Bruch mit einer Fremdbestimmung, die wir oft so weit internalisiert haben, dass sie sich wie eine eigene Entscheidung anfühlt.
Pflanzlich zu essen, wo sonst selbstverständlich Fleisch auf den Tisch gekommen wäre; roh-vegane Tage einzulegen, obwohl Gekochtes bisher als unabdingbar schien; all das verschafft nicht nur überraschende Einsichten in ein komplettes, kulinarisches Paralleluniversum. Es ist auch die durch den Magen gehende Einsicht, dass wir die nährenden Gestalter unseres eigenen Lebens sind.