Die eZigarette und GlaxoSmithKline – Tricks der Pharmakonzerne
GlaxoSmithKline und die eZigarette – Tricks der Pharmakonzerne
Pharamakonzerne wollen eZigaretten als Medikamente klassifiziert haben
GlaxoSmithKline (GSK), einer der weltgrößten Pharmakonzerne und Hersteller diverser Nikotinentwöhnungspräparate wie Nikotinpflaster und Kaugummi, hat (wenn auch unfreiwillig) das Potenzial von E-Zigaretten zur Rauchentwöhnung unterstrichen. In einem sicherlich nicht für die Öffentlichkeit beabsichtigten Brief an zuständige EU-Kommissare schreibt der Konzern im Oktober 2013 wörtlich, dass das „Zweiklassen-Nikotinsystem die nachweislich wirksamen Nikotinersatz-Therapieprodukte deutlich benachteiligen würde“.
GlaxoSmithKline bezieht sich dabei auf den selbst bestenfalls ambivalent zu nennenden europäischen Vorschlag, nach dem die Regierungen der Länder selbst entscheiden können sollen, ob sie eCigarettes als Medikamente einstufen oder ähnlich den Tabakzigaretten (logischerweise) auf dem freien Markt belassen wollen. Allerdings ist, genauer betrachtet, der Begriff „Benachteiligung“ in diesem Zusammenhang eine leere Worthülse. Hier geht es einfach nur um Erfahrung: Verbraucher werden schlicht zu dem Produkt greifen, mit dem sie ihren Tabakkonsum erfahrungsgemäß nachhaltiger reduzieren können – egal, wie dieser von Regierungsseite eingestuft werden wird. Aber allem Anschein nach befürchtet der Konzern, dies könnten E-Zigaretten sein – und will nun jedes Register ziehen, um das Konkurrenzprodukt zu schwächen.
In Konsequenz fordert das Unternehmen, elektronische Zigaretten den Regelungen für Medikamente zu unterwerfen – wie ihre eigenen Produkte. Ganz offensichtlich ist diese Lobbyarbeit ein Resultat der im letzten Jahr massiv unter dem Rückgang ihrer Umsätze leidenden Branche, die den Grund dafür in der zunehmenden Beliebtheit von eZigaretten für die Nikotinentwöhnung sieht (natürlich hat die mit dem Dampfen verbundene Kostenersparnis, die der ständigen Preiserhöhung von Zigaretten aufgrund der Tabalksteuer geschuldet ist, auch etwas damit zu tun).
Um allerdings ganz sicher zu gehen, dass die Botschaft von der „gefährlichen E-Zigarette“ auch angekommen ist, warnt GlaxoSmithKline im selben Brief davor, dass eCigarettes als „Türöffner zum Tabakkonsum“ fungieren können. Dass sie sich damit in ähnliche logische Widersprüche verstricken wie die EU mit ihrer neuen Regelung, interessiert die Autoren wenig. Tatsächlich nämlich wäre ein derartiger Brief das letzte, was GlaxoSmithKline aufsetzen würde, wenn E-Zigaretten tatsächlich in spürbarem Umfang zu einer Zunahme an Tabakzigaretten-Konsum führen würden. Dieser Mechanismus würde langfristig betrachtet schließlich deutlich mehr Menschen zu Nikotinpflastern und Kaugummi greifen lassen als bisher – und wäre deshalb für jedes Pharmaunternehmen mit einer entsprechenden Spezialisierung Gold wert (so makaber dies ist).
Eine weitere Tatsache ist an diesem Vorgang interessant. Sie betrifft die Veröffentlichung der Dokumente. In den meisten Berichten, die der englischsprachigen Presse entstammen, wird der seit der „Snowden-Affäre sehr beliebte Ausdruck „geleakt“ benutzt. Dies würde bedeutet, dass es sich bei dem Lobbyisten-Brief um eine der Öffentlichkeit nicht allgemein zugängliche Korrespondenz handeln würde, die ein interner Mitarbeiter illegal kopiert und veröffentlicht hätte.
Dem ist aber nicht so: Vielmehr stammen die GlaxoSmithKline Zitate aus einem Konvolut an Lobbyisten-Dokumenten, die im Dezember letzten Jahres (2013) vom Dampf-Aktivisten Neil Mclaren von der SANCO angefordert wurden (die SANCO ist die Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher (kurz GD SANCO) der Europäischen Kommission). Er bezog sich dabei auf das in EU-Regelung 1049/2001 festgesetzte Recht jedes EU-Bürgers, Dokumente einzusehen, die im Zusammenhang mit neuen EU-Verträgen bei der EU eingehen.
McLaren forderte schlicht alle digitalen Dateien (also E-Mails) an, die zwischen Juli und Dezember des letzten Jahres zwischen den Lobbyisten und Juristen von Tabak- und Pharmakonzernen ausgetauscht worden waren. Die ausgegebenen Dokumente sind in vieler Hinsicht lesenswert – ein Link zur kompletten Sammlung findet sich, ebenfalls völlig öffentlich, hier einzusehen .
Mal anders ausgedrückt: Jeder EU-Bürger hat das Recht dazu, die Lobbyarbeit von Zigaretten- und Pharmaindustrie aufzudecken. Das es sich lohnt, beweist der eben besprochene Fall – schon, um mal von einer sehr befriedigenden Seite bestätigt zu bekommen, wie erfolgreich E-Zigaretten zur Nikotinentwöhnung doch zu sein scheinen. Es zeigt aber auch das verheerende argumentative Niveau, auf dem Lobbyisten argumentieren. Wahrscheinlich fällt dieses nicht weiter negativ ins Gewicht, weil ganz andere Aspekte als Argumente ausschlaggebend für die Entscheidungsfindungen der EU sind. Gerade das jedoch sollte ein Grund sein, sich zu wehren, solange es hierfür noch ausreichend Spielräume gibt.
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