Niederlage für die Wissenschaft: Supreme Court stärkt Regierung beim Stopp von Fördermitteln
Die amerikanische Forschung erlebt einen herben Rückschlag. Mit seinem jüngsten Urteil hat der Supreme Court der US-Regierung Rückendeckung gegeben, milliardenschwere Fördermittel zu streichen – und Wissenschaftlern damit den juristischen Boden entzogen.
Ein Urteil mit Signalwirkung
Es klingt nach juristischem Kleingedruckten, ist aber ein politisches Fanal: Das höchste US-Gericht hob die Entscheidung eines Bezirksgerichts in Boston auf, das den Stopp von Fördermitteln durch die National Institutes of Health (NIH) als rechtswidrig eingestuft hatte. Betroffen waren rund 800 Projekte im Umfang von zwei Milliarden Dollar.
Richter William Young hatte die Kürzungen zuvor als willkürlich und diskriminierend verurteilt. Seine Entscheidung hätte die Gelder freigegeben. Doch der Supreme Court verwies den Fall nun an den Court of Claims – ein Spezialgericht, das jahrelange Verfahren und hohe Kosten für die Kläger bedeutet. Faktisch bleiben die Mittel eingefroren.
Triumph der Regierung – Niederlage für die Forschung
Für viele Projekte dürfte das Urteil das Ende bedeuten. Wo Gelder fehlen, stehen Karrieren vor dem Abbruch. Noch gravierender: Das Urteil erschwert Wissenschaftlern den Zugang zu rechtlichem Schutz. Wer sich gegen politische Eingriffe wehrt, läuft Gefahr, in einem kostspieligen Dauerverfahren zu versanden.
Das ist umso brisanter, weil es nicht nur um die Bostoner Klage geht. Insgesamt stehen NIH-Mittel im Umfang von bis zu zwölf Milliarden Dollar auf der Kippe.
Politisch vorgezeichnetes Urteil
Die Mehrheitsverhältnisse im Supreme Court lassen das Urteil kaum überraschen: Sechs republikanisch nominierte Richter überstimmen drei demokratisch ernannte. Doch es gab abweichende Stimmen.
Der konservative Richter John Roberts betonte, das Bezirksgericht habe sehr wohl die Befugnis gehabt, die Streichungen aufzuheben. Noch deutlicher wurde Ketanji Brown Jackson, die von „Regierungsjustiz“ sprach. Das Urteil entziehe lebenswichtiger Forschung den rechtlichen Schutz – und öffne die Tür für politisch motivierte Eingriffe.
Forschungsfelder auf der Kippe
Besonders betroffen ist die medizinische Forschung zu Minderheiten und zu Transgender-Medizin. Schon jetzt werden ganze Bereiche finanziell ausgetrocknet – obwohl etwa die Langzeitfolgen medizinischer Geschlechtsangleichungen kaum erforscht sind. Eine informierte Einwilligung der Patienten sei so kaum möglich.
Das Signal ist eindeutig: Die Regierung setzt auf einen strategischen Umbau der Wissenschaft. Sie bestimmt nicht nur über die Verteilung von Geldern, sondern auch über Forschungsrichtungen, die politisch gewollt oder eben unerwünscht sind.
Politische Kontrolle ersetzt Fachgutachten
Bereits zuvor hatte die Regierung die Begutachtung von Förderanträgen politisiert. Unabhängige Gutachter wurden ausgewechselt, die Letztentscheidung liegt bei Beamten, die den politischen Zielen der Regierung verpflichtet sind.
Manche Eingriffe wirken wie aus dem Lehrbuch eines ideologisch getriebenen Apparats. Gesundheitsminister Robert Kennedy – ein erklärter Impfskeptiker – forderte jüngst die Fachzeitschrift Annals of Internal Medicine auf, eine Studie zurückzuziehen, die Aluminium in Impfstoffen als unbedenklich einstufte. Die Redaktion lehnte ab.
Ein Präzedenzfall mit Folgen
Das Supreme-Court-Urteil markiert mehr als eine juristische Wegmarke. Es setzt den Rahmen, in dem die amerikanische Forschung künftig operieren muss: abhängig von der politischen Gunst und ohne verlässlichen Rechtsschutz.
Für Wissenschaftler ist das ein doppelter Schlag: Ihre Arbeit wird finanziell stranguliert – und zugleich rechtlich entrechtet.