NATO erwägt erhöhte Atomwaffen-Bereitschaft
Kritik aus Russland und steigende globale Atomgefahr
NATO diskutiert über mehr einsatzbereite Atomwaffen
Die NATO prüft derzeit die Möglichkeit, mehr Atomwaffen aus den Lagern zu holen und sie in Bereitschaft zu versetzen. Dies teilte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in einem Interview mit der britischen Zeitung The Telegraph mit. Die Diskussionen innerhalb des Verteidigungsbündnisses zielen darauf ab, die eigene Abschreckungskraft gegenüber Bedrohungen aus Russland und China zu erhöhen.
Stoltenberg betonte die Notwendigkeit einer transparenten Kommunikation über das Atomwaffenarsenal der NATO als Teil der Abschreckungsstrategie. Obwohl er keine konkreten Details zu den Plänen nannte, unterstrich er, dass solche Beratungen innerhalb der NATO erforderlich seien: „Ich werde nicht auf Details eingehen, wie viele Atomsprengköpfe einsatzbereit sein und welche gelagert werden sollten, aber wir müssen uns zu diesen Fragen beraten. Genau das tun wir.“
Reaktionen aus Russland: Vorwurf der Eskalation
Die Äußerungen Stoltenbergs wurden in Moskau mit heftiger Kritik aufgenommen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bezeichnete die Aussagen des NATO-Generalsekretärs als „Eskalation der Spannungen“. Er verwies darauf, dass diese Aussagen dem Kommuniqué der Ukraine-Konferenz widersprächen, das jede Drohung mit oder den Einsatz von Atomwaffen im Zusammenhang mit der Ukraine für unzulässig erklärt hatte.
Peskow betonte zudem, dass Präsident Wladimir Putin nur auf direkte Fragen zu Nuklearwaffen antworte und solche Themen nicht von sich aus zur Sprache bringe: „Wenn Präsident Putin über die Nuklearwaffen-Thematik spricht, antwortet er stets auf ihm dazu gestellte Fragen. Er macht das nie aus eigener Initiative heraus, da ist er sehr vorsichtig.“
SIPRI-Bericht: Zahl der einsatzbereiten Atomwaffen steigt
Zeitgleich veröffentlichte das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI seinen Jahresbericht, in dem eine Zunahme der weltweit einsatzbereiten Atomsprengköpfe festgestellt wurde. Trotz der kontinuierlichen Demontage ausrangierter Sprengköpfe steigt die Zahl der einsatzbereiten Atomwaffen. SIPRI-Analyst Dan Smith erklärte, dass dies eine neue Entwicklung der letzten Jahre sei, die sich auch 2023 fortgesetzt habe.
Verteilung der Atomwaffen weltweit
Laut dem SIPRI-Bericht besitzen insgesamt neun Länder Atomwaffen. Die größten Arsenale haben die USA und Russland, die zusammen etwa 90 Prozent aller nuklearen Sprengköpfe besitzen. Weitere Länder mit Atomwaffen sind Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel.
Besonders auffällig ist, dass China nun ebenfalls einsatzbereite Atomwaffen in Friedenszeiten bereit hält und seine nuklearen Kapazitäten am schnellsten ausbaut. Dan Smith hob hervor, dass alle diese Länder ihre Atomwaffenarsenale modernisieren, um höhere Präzision, größere Reichweiten und bessere Überlebensfähigkeit zu gewährleisten.
SIPRI fordert internationale Kooperation
Trotz der wachsenden Zahl einsatzbereiter Atomwaffen hält SIPRI-Analyst Smith den tatsächlichen Einsatz von Atomwaffen für wenig wahrscheinlich. Er betonte jedoch die Notwendigkeit, das Risiko ernst zu nehmen und internationale Kooperation zu fördern, um die katastrophalen Auswirkungen eines Atomwaffeneinsatzes zu vermeiden. SIPRI, eine unabhängige Institution, wird hauptsächlich von der schwedischen Regierung finanziert und veröffentlicht jährlich Berichte zu Themen wie Waffenhandel, Rüstungsindustrie und Militärausgaben.
Titelbild: U.S. Department of State