Metall im Dampf – Welche Risiken bestehen?

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Metall im Dampf einer e-Zigarette

Stimmt schon…sieht ungesund aus.

 

Metall im Dampf – So hoch ist das Risiko

Hardware und Gesundheitsrisiko: Bei dieser Kombi ging es lange bloß um „explodierende E-Zigaretten„. Diese hinterlassen zwar spektakuläre Baustellen, passieren aber extremst selten. Bei Millionen von Nutzern weltweit lassen sich die dokumentierten Hardwarekatastrophen an einigen Händen abzählen – und ereigneten sich in so gut wie allen Fällen nicht aufgrund mangelhaft verarbeiteter Geräte, sondern weil das Dampfgerät gegen unsachgemäße Aufladung revoltiert.

 

  • Für Neueinsteiger am Rande: So werden E-Zigaretten sicher geladen- Gebrauchsanweisungen des Herstellers hinsichtlich sicherer Aufladung, genereller Benutzung und Entsorgung befolgen, selbst wenn das Ladegerät aussieht wie viele andere vertraute Geräte und keine technischen Besonderheiten aufzuweisen scheint.
  • E-Zigarette immer auf einer flachen, soliden und stabilen Unterlage laden; Küchenarbeitsflächen eignen sich meist gut. Auf keinen Fall sollte der Ladeprozess auf weichem Material (wie etwa einem Kissen oder einer Decke) stattfinden.
  • Alle Geräte sollten während des Ladens nicht in die Nähe von entflammbarem Material kommen.
  • Niemals die E-Zigarette über einen längere Zeitraum, vor allem über Nacht, unbeaufsichtigt laden. Nicht das Gebäude oder Auto für einen längeren Zeitpunkt verlassen, in dem die Dampfe lädt.
  • Die empfohlene Ladezeit nicht überschreiten, um die Nutzungsdauer zu optimieren. Diese erhöht sich dadurch nicht.
  • Bestenfalls das für die E-Zigarette vom Hersteller empfohlene Ladegerät nutzen. Natürlich verhält sich die Sache ähnlich wie mit Tonern für Drucker – manchmal ist generisch genauso gut und preiswerter. Im Falle eines No-Name-Ladegerätes vorab genau auf die Kompatibilität achten!
  • Eventuell vorhandene Schraubverbindungen fest, aber nie zu fest anziehen.
  • Jedes Ladegerät sollte das CE-Zeichen (European safety Standards) der EU tragen.

Eine Weile lang haben Medien und Dampfkritiker diese bedauerlichen Einzelfälle als weitere Angriffsfläche für Regulierungsansätze hochgespielt. Heute kommen einem die diesbezüglichen Warnungen geradezu antiquiert vor. Längst stehen wesentlich komplexere Vorwürfe hinsichtlich der Gesundheitsrisiken durch das Aerosol der verdampfenden Liquids im argumentativen Rampenlicht.

Angstbegriff Nanopartikel – ein neues Einfallstor für Dampfkritiker?

Doch im Zuge der anstehenden Standardisierung und Normung von Hardware wurden in letzter Zeit immer mal wieder „Metall-Nanopartikel im Dampf“ erwähnt – wobei ja derzeit schon das Wort „Nano“ zur Gänsehaut beim Verbraucher führt. Militante E-Zigaretten-Kritiker wie Stanton Glantz argumentieren gerne, dass diese „Nanopartikel „so klein sind, dass sie von den Lungen direkt in den Blutstrom gespült werden und toxische Metalle direkt zu den verschiedenen Organen transportieren können“.

Risiko e-Zigarette

Tatsächlich sind in einer Reihe aktuell veröffentlichter Studien Nano-Metallpartikel im Dampf gefunden worden. Diese werfen zwei grundlegende Fragen auf, die die vorhandenen Studien selbst nicht wirklich beantworten:

  1. Ab wann sind welche der gefundenen inhalierten Metallpartikel toxisch?
  2. Ist die Partikel-Abgabe ein grundsätzliches Problem der E-Zigarette oder kann sie durch bessere Verarbeitung, neue Temperaturregelungen oder alternative Materialien vermieden werden?

 

Die meisten Presseberichte stellen es typischerweise so dar: Solange Herstellungsstandards noch nicht umgesetzt sind (egal, was man von ihrer Notwendigkeit halten mag) muss der Verbraucher davon ausgehen, dass er oder sie unkontrolliert Schwermetalle einatmet, die schon in geringer Dosis toxisch sind.

Dem ist natürlich nicht so.

Neue Vergleichsstudie zeigt: Das Risiko ist vertretbar

Um dies zu untermauern, hat Dr. Konstantinos Farsalinos die vorhandenen Studien im Mai diesen Jahres auf eine Risiko-Analyse hin ausgewertet. Seine Untersuchung basiert auf Daten zu insgesamt 13 verschiedenen E-Zigaretten.

Um das tatsächlich vorhandene Risiko zu berechnen, gingen Farsalinos und sein Team zunächst davon aus, dass ein starker Dampfer etwa 600 Züge am Tag dampft und verdoppelten diese Menge dann auf 1200 Züge, um sicher zu gehen.

Als Richtschnur für die Risikoevaluierung der in den Studien gefundenen Metalle nutzte Farsalinos drei etablierte Bewertungsmaßstäbe:

  1. Die zulässige Tagesdosis (Permissible Daily Exposure /PDE) für inhalierte Medikamente, wie sie von der U.S. Pharmacopeia für die Metalle Cadmium, Chrom, Kupfer, Blei und Nickel definiert wird.
  2. Der minimale Risikowert (Minimal Risk Level/ MRL), definiert von der „Agency for Toxic Substances and Disease Registry“ für das Element Mangan.
  3. Der empfohlene Expositionsgrenzwert (Recommended Exposure Limit/ REL) des „National Institute of Occupational Safety and Health“ für Aluminium, Barium, Eisen, Zinn, Titan, Zink und Zirkonium.

Alle Inhalationswerte liegen deutlich unterhalb riskanter Tagesdosen

Es stellte sich heraus, dass die durchschnittliche tägliche Belastung durch die 13 getesteten
E-Zigaretten zwischen 2,6 und 387 mal unterhalb der PDE-Obergrenze lag, 325 mal niedriger ausfiel als die Sicherheits-Limits des MRL und 665 bis 77,514 mal niedriger ausfielen als die Obergrenze der RELs. Nur im Dampf eines einzigen Produktes lag die Cadmium-Belastung bei angenommenen 1200 Zügen um 10% über der zulässigen Tagesdosis (PDE).

 

Die gefundenen Werte lagen sogar sämtlich unterhalb der als risikofrei eingestuften Belastung durch inhalierte Medikamente – und das bei Annahme des Worst-Case-Szenarios von einer doppelten Inhalationsmenge im Vergleich zum praktisch wahrscheinlichen Dampfhabitus.

Farsalinos schließt daraus: Auch bei unregulierten Geräten stellt die tägliche Exposition gegenüber Metallabsonderungen kein nennenswertes Risiko im Verhältnis zu den Stoffen dar, die über Tabakzigaretten eingeatmet werden. Wie Dr. Farsalinos selbst es ausdrückt: „Das Gleichgewicht zwischen Risiken und Nutzen bestimmt schlussendlich, ob ein Produktkonsum empfehlenswert ist.“ („It is the balance between risks and benefits that determines whether a product should be recommended for use“). Für Dritte in unmittelbaren Umgebung des Dampfer sieht Farsalinos erst recht keine Gefahren.

Entwarnung auf der ganzen Linie?

In meinen Augen: Nicht ganz. Farsalinos betont, wie in allen seinen aktuellen Studien und Interviews, dass es sich hier um eine relative Risikoevaluierung handelt. Er trifft aus Prinzip keine Aussagen über die Gefährlichkeit des Dampfens an sich. Stattdessen bewertet er es lediglich im Kontext der Schadensminimierung, also im Vergleich zum Tabakkonsum. In diesem Zusammenhang lässt es sich ganz sicher besser mit der überschaubaren Menge an inhalierten Metallpartikeln leben als mit der in die Hunderte gehenden Menge an toxischen Stoffen des Tabakrauches.

Dennoch wird wird der Körper beim Dampfen mit Metallen angereichert, die generell toxisch wirken – und es gibt für viele dieser Metalle noch keine Langzeitstudien zu ihrer Verstoffwechselung als Nano-Partikel in Kontakt mit den Atemwegen, der Lunge und dem Rest des Körpers (alle von Dr. Farsalinos zitierten Bezugswerte beziehen sich auf Stäube in Arbeitsumgebungen; Staub aber ist in der Bio-Chemie ein extrem vager Begriff).

 

Metall im Dampf

Lungenzellen bei Kontakt mit Nickel in Nanogröße (links) und Mikrogröße (rechts)

Ein Experiment der Brown Universität in Rhode Island macht dies gut sichtbar. Dort wurden Lungenzellen in Kontakt mit Nickel in Nanogröße und Mikrogröße gebracht. Dabei zeigte sich deutlich, dass im Falle der Nanopartikelgröße Nickelionen sogenannte HIF-1 Alpha Pathways aktivieren. Diese sollen eigentlich ihrerseits Gene auf Trab bringen, die den Zellen in Zeiten geringer Sauerstoffversorgung zur Seite stehen. Gleichzeitig fördern sie aber auch die Mutation gesunder Zellen zu Krebszellen.

Taucht der Nickel jedoch in Mikrogröße auf, entsteht diese Wirkung nicht.

Die Faszination der Nanotechnologie gründet sich auf diesem Phänomen: Wenn Materialien wie etwa Metalle auf eine Größe von einem Billionstel Meter schrumpfen, entwickeln sie plötzlich völlig neue Eigenschaften. Welche das sind, wissen wir in den allermeisten Fällen noch nicht – auch nicht, welche Mengen an Nanopartikeln wie mit unterschiedlichen Strukturen und Abläufen innerhalb des menschlichen Körpers reagieren.

Wir brauchen eine eigene Dampf-Forschung

Die von Dr. Farsalinos zitierten Grenzwerte sind sorgfältig erhoben – aber sind sie Beobachtungen, die sich aus vorhandenen Erkrankungen im Kontakt mit Stäuben im Arbeitsumfeld ergeben haben.

Mangan

Mangan

In Deutschland etwa wird die zu erwartende Gesundheitsgefährdung durch einen Metallstaub durch den Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) angegeben, der Teil der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)1 ist. Der AGW gibt an „bei welcher Konzentration eines Stoffes akute oder chronische schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit im Allgemeinen nicht zu erwarten sind (§ 3 Abs. 6 GefStoffV)“ – und zwar bei „täglich achtstündiger Exposition an 5 Tagen pro Woche während der Lebensarbeitszeit“.

Für Mangan liegt die Risikoschwelle zum Beispiel bei einem MAK-Wert von 0,02 mg/m3 für Stäube, die so fein sind, dass sie in die Lungenbläschen eindringen können. Bei einer deutlich höheren eingeatmeten Dosis über einen längeren Zeitraum kann es zu chronischen Lungenschäden und Schädigungen des Zentralnervensystems kommen (Mangan wirkt auch neurotoxisch). Das sichtbarste Resultat ist eine eigens nach dem Übergangsmetall benannte Krankheit, die Manganismus, der etwa mit motorischen Störungen einher gehen.

Ab wann Mangan toxisch ist, wurde allerdings unter Bedingungen gemessen, die der direkten Inhalation eines Aerosols wie durch eine E-Zigarette zwar ähnlich, aber nicht mit ihr identisch sind.

Dieses Beispiel zeigt, dass die E-Zigarette tatsächlich eine Erfindung ist, die einer eigenen Forschungsarchitektur bedarf – wie viele disruptiven Technologien (gäbe es diesen Fortschritt der Technik vor dem Wissen nicht, wäre die Forschung um einen Antrieb ärmer).

Präzise Empfehlungen lassen sich schwer aussprechen

Überraschung: Wieder einmal wird den Dampferns nicht nur vor Augen geführt, dass sie keine Bergluft einatmen, sondern dass außerdem eine Horde Freiwilliger in einem weltgroßen Labor sind – nicht anders, als etwa die ersten Nutznießer des Penicillin. Aber: Sie profitieren dabei vom Genuss und der definitiv realen Gesundheitsverbesserung. Trotzdem wäre es fraglos besser, kein Metall einzuatmen.

Ein erster Schritt wäre die Identifikation der Partikelherkunft von Wissenschafts- und Industrieseite.
Auch wenn keine der durchgeführten Studien schlüssig Auskunft darüber gibt, woher genau die metallischen Nanopartikel stammen, liegt es nahe, dass diejenigen Metallteile zuerst Substanz absondern, die am heißesten werden.

Dazu zählen etwa Wicklungen – was im Falle von NiChrom den hohen Nickelanteil und bei Kanthal das vorkommende Aluminium und Chrom erklären könnte. Wenn Titan oder Edelstahl für die Wicklung genutzt würden, wären diese Effekte unter Umständen vermeidbar.

Ohne in die gegenwärtigen Regulierungsmanie verfallen zu wollen: Ein Industriestandard für die Herstellung von E-Zigaretten-Hardware könnte die Metallemissionen tatsächlich weiter auf ein Miumum senken.

Denn bei den durchgeführten Studien fallen auch die extrem unterschiedlichen Abgabewerte der einzelnen Geräte auf. Während etwa im Aerosol von drei Produkten überhaupt kein Cadmium entdeckt wurde, wies der Dampf eines anderen einen über dem PDE-Grenzwert liegenden Anteil auf. Ähnliches gilt für Blei: Es wurde in allen E-Zigaretten identifiziert, aber die Differenz zwischen den Werten in den einzelnen Geräten ging ins Fünfzigfache. Nickel wurde von sechs Dampfen gar nicht abgesondert, während eine sechsfacher Unterschied zwischen den Emissionswerten der anderen Hardware lag.

Auch die Qualität der verarbeiteten Werkstoffe wird ihren Anteil haben. Dampfen aus reinem Edelstahl und Borosilikatglas (auch bekannt als Pyrex-Glas) bergen hinsichtlich des Metallabriebs höchstwahrscheinlich weniger Risiko als solche aus andere Metallen wie Aluminium und Kunststoff/Plastik.

Generell sollte in E-Zigaretten nur Material verarbeitet werden, das bei Kontakt mit Liquids nicht korrodiert, also eine negative Veränderung der Oberflächenstruktur zeigt. Alle verwendeten Metalle sollten auf wiederholte und schnell abwechselnde Erhitzung und Abkühlung ohne eine Veränderung der Materialeigenschaften reagieren.

Als Verbraucher kann der Einzelne eigentlich nur zweierlei tun: Beim Selberwickeln eine bewusste Wahl hinsichtlich des genutzten Materials treffen und hochwertige Produkte kaufen, die vom Hersteller bereits getestet wurden.

Weiterführende Links
Publishing Journals, books and databases
Are Metals Emitted from Electronic Cigarettes a Reason for Health Concern?
Farsalinos: Dry-burning metal coils: is it a good thing?
Nickel nanoparticles may contribute to lung cancer

 

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