Deutscher Wissenschaftler kommentiert Fehler in E-Zigaretten Studie

Deutscher Wissenschaftler entdeckt Fehler in E-Zigaretten Studie

Prof. Dr. rer. nat. habil. Peter C. Dartsch

 

Fehler in E-Zigaretten Studie entdeckt

In unserem Beitrag vom 28.02.2015 (siehe Link) berichteten wir über eine neue E-Zigaretten Studie die scheinbar ein erhöhtes Gesundheitsisiko des Dampfen belegt. Wir haben den deutschen  Experten Herrn Prof. Dr. rer. nat. habil. Dartsch gebeten die Studie zu kommentieren:

Kommentar zur Studie Hardware-Metalle und Liquid-Aromen gefährden die Gesundheit

Im Februar 2015 wurden in PLoS ONE, einem hochrangigen internationalen Wissenschaftsjournal zwei Artikel zur Gesundheitsgefährdung durch den Gebrauch von E-Zigaretten veröffentlicht (Lerner CA, Sundar IK, Yao H, Gerloff J, Ossip DJ, et al. (2015) Vapors Produced by Electronic Cigarettes and E-Juices with Flavorings Induce Toxicity, Oxidative Stress, and Inflammatory Response in Lung Epithelial Cells and in Mouse Lung. PLoS ONE 10(2): e0116732. doi:10.1371/journal.pone.0116732 und Sussan TE, Gajghate S, Thimmulappa RK, Ma J, Kim J-H, et al. (2015) Exposure to Electronic Cigarettes Impairs Pulmonary Anti-Bacterial and Anti-Viral Defenses in a Mouse Model. PLoS ONE 10(2): e0116861. doi:10.1371/journal.pone.0116861).

Beide Artikel zeigen an Mäusen und kultivierten Lungenzellen auf, dass der Organismus durch das Dampfen einer großen Zahl freier Radikale sowie durch den Verdampfer freigesetzten Metall-Nanopartikeln ausgesetzt wird. Die Folge sind entzündliche Atemwegserkrankungen und Immunabwehrschwächen.

Beide Studien habe einige eklatante Mängel im Studiendesign, die den eigens vom Herausgeber des Journals bestellten Gutachtern vor der Veröffentlichung (PLoS ONE unter-liegt dem peer-review-Verfahren) hätten auffallen müssen.

Diese Mängel wurden hier in einem anderen Kommentar deutlich herausgestellt und auch von Dr. Farsalinos in seinem Blog „e-cigarette research“ ausführlich kommentiert und mit Zweifeln an der wissenschaftlichen Aussage belegt.

Daher möchte ich nicht nochmals auf diese Mängel eingehen, sondern mich – auch aufgrund der eigenen Erfahrung mit der zellbiologischen Untersuchung und Bewertung der Toxizität von E-Liquids – mit den beim Dampfen entstehenden großen Zahl freier Radikale eingehender beschäftigen.

Unter dem Begriff „Radikal“ versteht man in diesem Zusammenhang Sauerstoffmoleküle und -verbindungen mit mindestens einem ungepaarten Elektron. Solche Moleküle sind deswegen sehr reaktiv, weil sie sich von anderen Molekülen das fehlende Elektron holen und so das angegriffene Molekül oxidieren oder auch zerstören können. Werden dabei biologisch wichtige Moleküle wie Lipide, Proteine, Nukleinsäuren etc. zerstört, so können massive Zell- und Gewebeschäden resultieren, die zum Absterben der Zellen oder auch zur Krebsentstehung führen können.

Auch chronische Entzündungsprozesse oder sogar der Alterungsprozess beruht auf solchen Radikalprozessen. Andererseits hat der Organismus körpereigene Enzyme, welche die freien Radikale laufend inaktivieren. Kommt es allerdings zu einem Überschuss freier Radikale, dann sind diese Mechanismen überfordert und die Radikale können ihre unerwünschten Wirkungen entfalten.

Lt. den Autoren der Studie entsteht pro Atemzug beim Dampfen die gigantische Anzahl von 7 x 1011 freien Radikalen und 1 x 1014 freie Radikale pro Lungenzug einer Zigarette. Rein rechnerisch nimmt somit der Dampfer pro Atemzug rund 143x weniger Radikale auf als der Raucher mit einem Lungenzug. Der Unterschied hört sich zunächst gewaltig an, relativiert sich aber sofort, wenn man den prozentualen Unterschied bezogen auf die Gesamtzahl der Radikale berechnet. Da kommt man nämlich auf sage und schreibe 0,7 %!

In unseren zahlreichen dokumentierten Untersuchungen zur Wirkung von Tabakrauch und gedampften E-Liquids auf kultivierte humane Lungenzellen, sterben die Zellen im Falle des Tabakrauchs innerhalb von 10 Stunden vollständig ab und überleben nach der Einwirkung von E-Liquid-Dampf gesund und munter. Durch diesen geringen Unterschied von nur 0,7 % müssten, wenn die Daten der Autoren des Artikels valide wären, aber auch unsere kultivierten Lungenzellen durch die vielen freien Radikale im Dampf absterben. Und genau das tun sie nicht! Also kann an diesen veröffentlichten Zahlenwerten und Wirkungen irgend etwas nicht ganz stimmen und die Zahl der freien Radikale im Tabakrauch viel größer oder im E-Liquid-Dampf viel kleiner sein. In beiden Fällen würde sich für den E-Liquid-Dampf im Vergleich zum Tabakrauch eine erheblich geringere gesundheitliche Beeinflussung auf zellulärer Ebene ergeben.

Auch das Team um Dr. Farsalinos hat zahlreiche E-Liquids mit Zellkulturen untersucht und nur in ganz wenigen Ausnahmefällen eine Reduktion der Zellvitalität gefunden – ganz im Gegensatz zum Tabakrauch, der schon in deutlich geringeren Konzentrationen zum Zelltod in vitro führt.

Kommentar von Prof. Dr. rer. nat. habil. Peter C. Dartsch, Diplom-Biochemiker und Geschäftsführer der Dartsch Scientific GmbH.

Bildmaterial: Dartsch Scientific GmbH, 2015

Lungenzellen Zigarettenrauch

Wirkung des wässrigen Primäreluats von Zigarettenrauch (im Test 1+1 verdünnt = 50 Vol%) auf kultivierte humane Lungenzellen. Bereits nach nur kurzer Zeit kommt es zum völligen Stillstand jeglicher Zellteilungen oder Zellbewegungen (4 h) und die exponierten Zellen runden sich langsam immer mehr ab (6 h): Die zum Großteil zerstörte oder löchrige Zellmembran entlässt schließlich den Zellinhalt nach außen, was in Form kleiner dunkler Partikel gut zu erkennen ist (10 h). Zu diesem Zeitpunkt ist die überwiegende Mehrzahl der Zellen bereits abgestorben und zeigt in enzymatischen Tests keine Vitalfunktionen mehr. Einzelbilder aus einer Zeitraffer-Videosequenz im Phasenkontrast-Verfahren.

Lungenzellen Liquid Dampf

Wirkung des wässrigen Primäreluats von E-Liquid-Dampf (im Test unverdünnt = 100 Vol%) auf kultivierte humane Lungenzellen. Im Gegensatz zum Zigarettenrauch kommt es bei der Exposition mit dem Dampf nicht zu einem Stillstand von Zellteilungen oder Zellbewegungen, so dass langsam die Zelldichte in der Kultur zunimmt. Die rundlichen Zellen über dem eigentlichen Zellrasen mit ausgebreiteten und flachen Zellen sind mitotisch aktiv. Die Kultur bleibt nach wie vor vital und es ist in enzymatischen Tests kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen einer exponierten Zellkultur und einer Kontrollkultur festzustellen. Einzelbilder aus einer Zeitraffer-Videosequenz im Phasenkontrast-Verfahren.

 

Weiterführende Links
Dartsch Scientific GmbH
Neue Studien behaupten: Hardware-Metalle und Liquid-Aromen gefährden die Gesundheit
E-Zigaretten Forschung in Deutschland

Aktualisierung 4. Juli 2015

„Wir haben Prof. Dartsch um Aufklärung hinsichtlich der nicht eindeutigen prozentualen Angaben gebeten. Tatsächlich handelt es sich um eine missverständliche Formulierung. Prof. Dartsch meinte, dass im Dampf einer E-Zigarette sind nicht 0,7 % weniger Radikale enthalten sind als im Rauch der Tabakzigarette, sondern nur 0,7 % der Radikale und damit 99,3 % weniger.“

2 Kommentare
  1. Solwand sagte:

    Ich verstehe das jetzt aber auch nicht so ganz das der Unterschied nicht so gravierend sein soll.
    Ich glaube hier liegt ein kleiner Fehler seitens Liquid News oder des Herrn Prof. Dartsch vor.

    Es heit hier im Artikel ich zitiere „…Lt. den Autoren der Studie entsteht pro Atemzug beim Dampfen die gigantische Anzahl von 7 x 1011 freien Radikalen und 1 x 1014 freie Radikale pro Lungenzug einer Zigarette. Rein rechnerisch nimmt somit der Dampfer pro Atemzug rund 143x weniger Radikale auf als der Raucher mit einem Lungenzug. Der Unterschied hört sich zunächst gewaltig an, relativiert sich aber sofort, wenn man den prozentualen Unterschied bezogen auf die Gesamtzahl der Radikale berechnet. Da kommt man nämlich auf sage und schreibe 0,7 %!…“

    Wenn mich nicht alles täuscht, dann ist der Unterschied nicht 0,7%, sondern der Unterschied der Aufnahme freier Radikale von Dampfern und Rauchern, beträgt 99,3% und somit handelt es sich nicht um eine Kleinigkeit. Ein Dampfer bezieht im Unterschied zu einem Raucher also nur 0,7% der Menge an freie Radikale, die ein Raucher einatmet.
    Übrigens sind im Dampf einer Dampfe (eZig), noch weniger freie Radikale anzufinden, die sich in der normalen Mitteleuropäischen Atemluft befindet. In der Atemluft sind die Werte pro Atemzug ebenso exorbitant hoch, wie in einer Tabakzigarette ;). Werte laut Für OH 10 hoch12 und für
    OH2 macht das 10 hoch 14, also wurde mit der Studie einwandfrei bewiesen, das sich im Dampf einer Dampfe (E-Zig) um mehrere Größenordnungen weniger freie Radikale befinden, als beim Tabakrauch und der „frischen“ Luft!!!
    Mich wudert es also nicht, das die bedampften Lungenzellen, eher eine bessere Zellteilung aufweisen, als nicht bedampfte Zellen, wenn ich mir das so recht überlege ;)
    Messungen der freien Radikale laut Landesamt für Umwelt BW: https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/18340/

  2. Bernd Mayer sagte:

    Ich sehe das ähnlich wie Herr Kollege Dartsch. Sussan et al. haben sehr schön gezeigt, dass das Aerosol von E-Zigaretten um Größenordnungen weniger Sauerstoffradikale enthält als Tabakrauch. Nachdem diese eine wesentliche Ursache für Lungenerkrankungen, v.a COPD sind, ist das ein weiterer Hinweis auf die Vorteile des Umstiegs vom Rauchen auf E-Zigaretten.

    Mir ist allerdings nicht klar, welchen Fehler Herr Kollege Dartsch angeblich entdeckt hat, der den Reviewern entgangen wäre. In der Diskussion weisen Sussan et al. klipp und klar auf diesen Unterschied hin. Dass ihnen dieses Ergebnis nicht passt und sie meinen, dass es trotzdem „viele“ Radikale sind, ist eine andere Geschichte. Gravierenden Fehler kann ich aber bezüglich der Anzahl an Radikalen keinen erkennen.

    Schwerwiegender ist, wie in einem Kommentar zum Artikel detailliert erklärt, die Überdosierung mit Nikotin, die durch den unzulässigen Vergleich der Cotinin-Plasmaspiegel mit jenem von Rauchern kaschiert wurde. Und natürlich das grundsätzliche Problem der schlechten Übertragbarkeit immunologischer Befunde von Nagern auf den Menschen.

Kommentare sind deaktiviert.