E-Zigaretten Forschung in Deutschland

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e-Zigarettenforschung in Deutschland
E-Zigaretten Forschung in Deutschland? Bis dato kamen sämtliche Erkenntnisse über E-Zigaretten aus dem Ausland. Liquid-News im Interview mit Prof. Dr. rer. nat. habil. Peter C. Dartsch vom Institut für zellbiologische Testsysteme über Dampfstudien aus Deutschland.



LIQUID-NEWS: Professor Dartsch, können Sie kurz zusammenfassen, was Ihr Unternehmen, die „Dartsch Scientific – Institut für zellbiologische Testsysteme“ macht und warum dies speziell im Bereich der E-Zigarettenforschung interessant ist?

Prof Dr rer nat habil Peter C. Dartsch

Prof Dr rer nat habil Peter C. Dartsch

Prof. Dartsch: Die Dartsch Scientific GmbH befasst sich ganz allgemein mit tierversuchsfreien, wissenschaftlichen Untersuchungen unter Verwendung von Zellkulturen. Es werden sowohl förderliche als auch unerwünschte Wirkungen von Produkten aus ganz verschiedenen Bereichen untersucht. Pharmazeutisch geht es etwa um die Optimierung von Wirkstoffen und ganz neue Formulierungen, medizinisch zum Beispiel um Medizinprodukte und deren biologische Verträglichkeit im Organismus.
Außerdem untersuchen wir Consumerprodukte wie Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmittel, Genussmittel und Kosmetika. Dabei ist die Methodenvielfalt inzwischen sehr groß geworden, da Dartsch Scientific laufend neue Testverfahren ausarbeitet und an die kundenspezifischen Wünsche anpasst.

Seit etwa 8 Monaten werden auch Toxizitätsuntersuchungen von E-Liquids durchgeführt. Dabei gehen wir nicht nur die ausgetretenen Wege, sondern versuchen auch unser Wissen aus anderen Bereichen einzubringen. So untersuchen wir unter anderem, ob auch beim simulierten Dampfen von E-Liquids mutagene Substanzen entstehen, welche biologisch relevante Veränderungen an Zellen bewirken.

Dies macht nämlich einen großen Unterschied zur chemischen Analyse unter teilweise sehr unrealistischen, meist Worst-Case-Versuchsbedingungen (Anmerkung der Redaktion: Dies sind Versuche, in denen von den schädlichsten aller möglichen Konstellationen ausgegangen wird, statt tatsächliche Nutzerbedingungen zu simulieren). Ein solcher chemisch-analytischer Nachweis besagt dann keineswegs, dass dieser Stoff auch beim realen Dampfen wirklich entsteht oder freigesetzt wird.

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LIQUID-NEWS: Sie haben im Auftrag eines Unternehmens, das E-Zigaretten-Liquid herstellt, eine Untersuchung mit dem Titel „Akuttoxische Wirkung von Tabakrauch im Vergleich zum Dampf eines E-Liquid auf kultivierte Lungenzellen des Menschen“ durchgeführt. Können Sie uns kurz die Ergebnisse darstellen?

Prof. Dartsch: Tatsächlich sind es in der Zwischenzeit mehrere deutsche Unternehmen geworden, die gerne auf die Expertise und das Dienstleistungsspektrum der Dartsch Scientific im Bereich E-Zigaretten und E-Liquids zurückgreifen.

Wir konnten in den bisher durchgeführten Untersuchungen mit etwa 25 verschiedenen Liquid-Basen und aromatisierten E-Liquids nur in ganz wenigen Fällen eine Verminderung der Vitalität der kultivierten Lungenzellen nach einer eintägigen kontinuierlichen Exposition mit dem aufgefangenen Dampf der E-Liquids feststellen. Diese Verminderung der Zellvitalität ist jedoch nicht mit einem toxischen Effekt gleich zu setzen.

Wir haben unsere Versuchsbedingungen deutlich verschärft und haben auch Langzeitstudien mit den kultivierten Zellen durchgeführt. Dazu muss man wissen, dass eine Exposition der Zellen über einen Zeitraum von 10-12 Tagen aufgrund der Zahl der Zellteilungen in dieser Zeit vergleichbar ist mit einem mehrjährigen Zeitraum eines im zellulären Gleichgewicht befindlichen Gesamtorganismus.

Wir konnten dabei nur eine Verstärkung des vitalitäts-reduzierenden Effektes feststellen – aber keine wirkliche toxische Wirkung. Eine solche Wirkung mit dem raschen Absterben der Lungenzellen haben wir stets bei der Verwendung von erheblich stärker verdünntem aufgefangenen Zigarettenrauch gefunden.

Neben den im Internet zu findenden kundenspezifischen Testberichten von Dartsch Scientific können wir nun auch auf eine im März 2015 erscheinende Veröffentlichung dieser Daten in der englischsprachigen Zeitschrift „Innovations in Food Technology“ verweisen. Die Veröffentlichung lautet: Peter C. Dartsch, Thomas Mrva and Oliver Okle: „Tobacco smoke vs. e-liquid vapour. Diverging toxic effects on human lung cells in culture“.

LIQUID-NEWS: Im Testbericht dieser Untersuchung, der auch auf Ihrer Webseite veröffentlicht wurde, schreiben Sie: „Während das Primäreluat des Zigarettenrauches bereits bei nur 10 Vol% zu einem ausgeprägten Vitalitätsverlust der kultivierten humanen Lungenzellen führt, ist deren Vitalität bei 100 Vol% des Dampfes immer noch in einem Bereich, wo man nur von einer geringen negativen Beeinflussung spricht.“

Im ausführlicheren Testbericht schreiben Sie von einer „negativen Beeinflussung der Zellkulturen, welche mit einem verstärkten Ablösen der Zellen und einer damit einhergehenden reduzierten Zellvitalität der Gesamtzellpopulation einhergeht.“ Glauben Sie, dass dieser immerhin messbare negative Einfluss über mehrere Jahre doch zu schwerwiegenderen Gesundheitsschäden führen könnte?

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Prof. Dartsch: Diese gemachten Beobachtungen müssen mit erwähnt werden, auch wenn sie statistisch nicht signifikant waren und auch nicht als toxische Wirkung gesehen werden können. Da wir mit Zellen, also biologischem Material arbeiten, sind naturgemäß immer Abweichungen vorhanden. Ich würde erst dann anfangen, mir detaillierte Gedanken zu möglichen späteren Gesundheitsschäden zu machen, wenn ich diese kleinen Abweichungen immer wieder bei der Untersuchung von E-Liquids finden würde.

LIQUID-NEWS: Bisher wurden die meisten Untersuchungen zur Wirkung von inhaliertem Nikotin-Nassdampf mit in-vitro kultivierten Zellen unter Laborbedingungen oder an lebenden Tieren durchgeführt. Können diese, wenn auch „in vivo-nahen Bedingungen“, wirklich repräsentativ sein?

Prof. Dartsch: Bis zu einem gewissen Maß, ja. Solche Untersuchungen geben zumindest erste Hinweise auf mögliche Nebenwirkungen oder toxische Wirkungen. Unter Berücksichtigung eines Sicherheitsfaktors kann man aber gute Prognosen abgeben.

Natürlich können sie nicht einen kompletten Organismus mit all seinen Entgiftungsmöglichkeiten ersetzen, sondern immer nur einen begrenzten – aber möglichst repräsentativen Teilausschnitt – liefern.

LIQUID-NEWS: Die meisten Dampf-Studien haben sich bisher auf die in den Liquids enthaltenen Wirkstoffe konzentriert. Letzten Monat jedoch wurde eine Studie veröffentlicht, die das Augenmerk auch auf die Hardware und die Gefahren sich ablösender Schwermetall-Mikropartikel bei Materialerhitzung richtet. Denken Sie, in dieser Richtung ist noch zu wenig geforscht worden?

Prof. Dartsch: Ja. Hier ist sicher noch Nachholbedarf, da nur ganz wenig bekannt ist. Vielleicht wäre es sogar sinnvoll, nicht nur allein die E-Liquids als „dampfbares Material“ zu untersuchen, sondern auch die E-Zigaretten an sich. Möglicherweise sollte man die E-Zigaretten wie sogenannte Medizinprodukte behandeln, also Produkte, welche über längere Zeit mit dem Körper in direktem Kontakt stehen und auch in den Körper eingesetzt werden. Typische Medizinprodukte sind Dentalimplantate oder künstliche Hüftgelenke. Es gehören aber auch Kanülen von Spritzen etc. dazu. Diese Produkte durchlaufen einen standardisierten Zellkultur-Test auf biologische Verträglichkeit und werden erst dann freigegeben.

LIQUID-NEWS: Wie sind Sie selbst zum Dampfen als Forschungsobjekt gekommen? War das eine reine Auftragsarbeit oder verbindet Sie persönlich mehr mit dem Thema?

Prof. Dartsch: Vor einem Jahr habe ich noch nicht einmal irgend etwas zu dem Begriff „E-Zigarette“ sagen können. Durch eine Anfrage aus dem europäischen Raum habe ich angefangen, mich damit näher zu beschäftigen und Modelle zu entwickeln, die sowohl das Dampfen simulieren als auch nachher die Wirkungen des Dampfes untersuchen und bewerten können.

So haben wir inzwischen mit Zeitraffer-Videosystemen am Mikroskop die ganz unterschiedliche Wirkung von Tabakrauch und Dampf auf Lungenzellen veranschaulichen können und wollen in den nächsten Wochen mit Hochgechwindigkeits-Videokameras am Mikroskop untersuchen, ob auch in der Zellkultur durch Zigarettenrauch die Frequenz des Zilienschlags bei Flimmerepithelzellen der oberen Atemwege abgestoppt wird und ob dies auch beim Dampf der E-Zigarette der Fall ist. Gerade solche Forschung sind unglaublich spannend und trickreich und ergeben dennoch ganz wichtige neue Informationen zum Thema Tabakrauch vs. Dampf der E-Zigarette.

LIQUID-NEWS: Wie beurteilen Sie den aktuellen, internationalen Forschungsstand zum Thema E-Zigarette? Haben Sie den Eindruck, dass vorhandene Studienergebnisse im ausreichenden Maße in die Regulierungsentscheidungen und die Anti-Tabak-Aufklärungsarbeit von Politik und Gesundheitsbehörden einfließen?

Prof. Dartsch: Die internationale Forschung ist sehr kontrovers und reicht von reinen Probanden-Befragungen bis zur Grundlagenforschung mit Tieren und kultivierten Zellen aus Bindegewebe, Lunge und Herz. Es wäre hier grundsätzlich zunächst einmal sehr wichtig, korrekt durchgeführte Studien und Untersuchungen heraus zu filtern und mit diesem Datenmaterial eine grundsätzliche wissenschaftliche Basis zu schaffen.

LIQUID-NEWS: Wenn Ihnen unbegrenzte Forschungsgelder zur Verfügung stünden: Welche Untersuchungen im Hinblick auf die Wechselwirkung von E-Zigaretten und den menschlichen Organismus würden Sie dann durchführen – und warum?

Prof. Dartsch: Unbegrenzte Forschungsgelder zu haben, wäre natürlich ein Traum. Grundsätzlich gibt es zwei Stellen, an denen man mit der Forschung ansetzen kann, nämlich einerseits der Dampfer selbst und andererseits die Umgebung des Dampfers. Wer dampft, hat sich bewusst mit den Vorteilen des Dampfens gegenüber einer herkömmlichen Tabakzigarette auseinander gesetzt.

Dass Dampfen ein geringeres Gesundheitsrisiko hat als Tabakzigaretten, ist in der internationalen Forschung vielfach gezeigt worden (auch wenn es immer wieder Artikel gibt, welche das Gegenteil beweisen wollen), so dass hier in meinen Augen der Forschungsbedarf insgesamt weniger sein dürfte. Ungeklärt sind allerdings noch die gesundheitlichen Langzeitwirkungen, da Tier- oder Zellkulturmodelle nur erste Hinweise geben können. Ein anwender-relevantes Forschungsthema wären in jedem Fall Untersuchungen zur Auswirkungen der Verdampfungstemperatur auf die erzeugte Dampfqualität. Hier ist so gut wie gar nichts bekannt.

Ebenfalls von Interesse ist die bisher noch nicht beantwortete Frage nach den gesundheitlichen Auswirkungen des Passivdampfens, also die Wirkungen des ausgeblasenen Dampfes auf die Umgebung. Was passiert beispielsweise mit dem Nikotin nach dem Inhalieren und welche Mengen gelangen hiervon in die Umgebungsluft?

LIQUID-NEWS: Wie beurteilen Sie die Finanzierungssituation für E-Zigaretten Forschung insgesamt? Müssten Staat und Universitäten hier pro-aktiver werden?

Prof. Dartsch: Forschung für E-Zigaretten wird in Deutschland an Universitäten nach meinem Kenntnisstand so gut wie gar nicht betrieben. Der Staat sollte auf jeden Fall die Möglichkeit geben, Forschungen zur E-Zigarette an den entsprechenden Förderungsstellen zu beantragen und auch explizit Forschungsgelder bereit zu stellen. Ich könnte mir auch eine Beteiligung der Krankenkassen vorstellen, da der volkswirtschaftliche Schaden des Zigarettenrauchens hinlänglich bekannt ist.

LIQUID-NEWS: Sehen Sie in diesem Zusammenhang insgesamt eine Unterlassungsleistung der Politik – und wenn ja, wie ist diese Ihrer Meinung nach motiviert?

Prof. Dartsch: Die Politik hat sich bisher nicht konkret positioniert. Dies mag an der Verunsicherung liegen, da die Meinungen über den möglichen Nutzen und das Gesundheitsrisiko des Dampfens weit auseinander gehen. Dies betrifft speziell die Jugendlichen, welche nikotinfreie E-Zigaretten kaufen können. Ist das Anleitung zum späteren Rauchen oder ist es so, wie eine amerikanische Studie gezeigt hat, dass dadurch überhaupt weniger Jugendliche mit dem Zigarettenrauchen anfangen?

LIQUID-NEWS: Gibt es international Wissenschaftler, deren E-Zigarettenforschung Sie selbst besonders beeindruckt oder inspiriert?

Prof. Dartsch: Mich persönlich beeindruckt die langjährige Zielstrebigkeit und klare Linie von dem Kardiologen Dr. Farsalinos vom Onassis Cardiac Surgery Center, Griechenland, der in Europa eine Lanze für die E-Zigarette als Ersatz für die Tabakzigarette gebrochen hat und dies neben wissenschaftlichen Arbeiten auch in seinem Blog „E-Cigarette Research“ deutlich zum Ausdruck bringt.

LIQUID-NEWS: Ihr persönlicher Ausblick: Wo sehen Sie die E-Zigarette in fünf Jahren?

Prof. Dartsch: Prognosen sind immer ein schwieriges Feld. Für die E-Zigarette sprechen zwei entscheidende Argumente: Sie ist auf Dauer preiswerter als die Tabakzigarette und sie ist deutlich weniger gesundheitsgefährdend. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Siegeszug der E-Zigarette daher weiter anhält und der Marktanteil erheblich größer werden wird.

Weiterführende Links
dartschSCIENTIFIC Institut für Zellbiologische Testsysteme

Über Dartsch Scientific GmbH

Prof. Dr. rer. nat. habil. Peter C. Dartsch ist Diplom-Biochemiker, habilitierter Humanphysiologe, Arbeits- und Umwelttoxikologe.

Zu den wissenschaftlichen Kompetenzen gehören:

  • Mehr als 25 Jahre zellbiologische und toxikologische Forschung und Studentenausbildung
  • Veröffentlichung von ca. 100 wissenschaftlichen Artikeln, 30 Buchbeiträgen, 140 Vorträge
  • Doktorvater, Betreuer und Gutachter bei mehr als 30 medizinischen und naturwissenschaftlichen Dissertationen
  • Externes Mitglied der Medizinischen Fakultät der Universität Tübingen

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1 Kommentar
  1. Bertlutter@gmail.com sagte:

    Zu , den fragen der e zigarette kann , muss ich sagen ich bin 55 Jahre rauche seit , aufgepasst 40 Jahren 1,5 bis 2 Schachteln am Tag habei durch einen kolegen die erste zigarette ausprobiert (habe gedacht so ein Blödsinn) und siehe da von dem Tag an rauche bzw. Dampfer ich es liquid ohne Nikotin seit 8 Wochen. Habe seither kein verlangen nach einer echten zigarette .

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