Deutschland heizt schneller auf: Forscher warnen vor Extremwetter und Sturmfluten
Hamburg – Deutschland erwärmt sich deutlich schneller als bislang angenommen. Darauf haben Forschende beim 15. ExtremWetterKongress (EWK) in Hamburg hingewiesen, der am Mittwoch mit rund 700 Teilnehmenden eröffnet wurde. Neue Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zeigen: Während die Durchschnittstemperatur seit 1881 um 0,13 Grad pro Dekade gestiegen ist, liegt der Anstieg seit 1971 bereits bei 0,41 Grad pro Dekade. Damit wächst der Druck, Klimaschutz und Anpassung gleichzeitig voranzutreiben.
Das 1,5-Grad-Ziel rückt in greifbare Nähe – aber nicht im positiven Sinn
Nach Einschätzung der Expert:innen könnte die Erde zwischen 2028 und 2036 erstmals dauerhaft die 1,5-Grad-Schwelle überschreiten. „Die Treibhausgaskonzentrationen steigen schneller denn je“, warnte Tobias Fuchs vom DWD. Deutschland spüre die Folgen schon jetzt: mehr Hitzeperioden, Trockenphasen, aber auch stärkere Starkregen-Ereignisse.
Alpengletscher, Arktis und Küsten im Stresstest
Die Klimaauswirkungen zeigen sich in verschiedenen Regionen gleichzeitig.
- Alpen: Wegen schneearmer Winter und Temperaturen bis zu zwei Grad über dem Mittel schmolzen die Gletscher 2024/25 weiter rapide.
- Arktis: Sie erwärmt sich drei- bis viermal so schnell wie der globale Durchschnitt. Das Meereisvolumen sinkt, marine Hitzewellen verhindern Neubildung.
- Nord- und Ostsee: 2025 war die Nordsee so warm wie nie zuvor, in Kiel hielt eine marine Hitzewelle mehr als 55 Tage mit über vier Grad Abweichung vom Mittel an.
Meeresspiegel und Sturmfluten: Bedrohung für Küsten
Auch die Küstenregionen stehen unter Druck. In Cuxhaven liegt der Meeresspiegel heute bereits mehr als 25 Zentimeter über dem Niveau von 1900. Je nach Emissionsszenario rechnen Forschende bis 2100 mit einem Anstieg um 0,6 bis 1,1 Meter. Bis 2150 könnten es sogar knapp zwei Meter werden – mit massiven Folgen für Sturmfluten und Küstenschutz.
Fachkräfte, Infrastruktur, Kommunikation
Neben wissenschaftlichen Daten wurden in Hamburg auch konkrete Handlungsfelder diskutiert:
- Fachkräfteoffensive: Ingenieurkammern und Unternehmen fordern mehr Ausbildungsförderung für Berufe der Wärme- und Energiewende.
- Resiliente Infrastrukturen: Straßen, Schienen, Brücken und Deiche müssten nach verbindlichen Vorgaben klimafest gemacht werden – mit klarer Finanzierung.
- Klimakommunikation: Statt Alarmismus brauche es Dialog, Zuhören und lösungsorientierte Botschaften. Meteorologe Sven Plöger mahnte: „Nicht aufgeben, bevor man richtig angefangen hat!“
Kongress mit globalem Blick
Parallel zum EWK läuft die zweite Deutsche KlimaManagementTagung mit rund 40 Workshops sowie eine internationale Systemic Risk Conference. In einer „Ringschaltung“ berichten Forschende live von der Arktis, der Antarktis, Brasilien, der Zugspitze und den Fidschi-Inseln. Auch ein breites Schulprogramm mit 10.000 Schüler:innen ist Teil des Kongresses.