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Chinesische Autohersteller drängen in den Markt für humanoide Roboter

Chinesische Autohersteller drängen in den Markt für humanoide Roboter

Technologische Synergien und strategische Diversifikation

Chinesische Automobilhersteller weiten ihre Aktivitäten auf den wachsenden Sektor humanoider Roboter aus. Der Schritt dient nicht nur der strategischen Diversifikation, sondern nutzt auch bestehende Technologien und Produktionskapazitäten aus der Elektrofahrzeugindustrie. In einem hochkompetitiven Marktumfeld suchen diese Unternehmen nach neuen Wachstumsfeldern und Synergieeffekten zwischen autonomen Fahrzeugen und Robotik.

Xiaomi, GAC und Li Auto mit ehrgeizigen Plänen

Der Technologiekonzern Xiaomi, der sich erst kürzlich in den Markt für Elektrofahrzeuge gewagt hat, gab bekannt, dass sein humanoider Roboter CyberOne künftig in den eigenen Produktionslinien eingesetzt werden soll. Das Unternehmen stellte den Roboter erstmals 2022 vor und arbeitet nun an dessen Integration in die industrielle Fertigung.

GAC, ein chinesischer Partner von Toyota und Honda, präsentierte im Dezember 2023 den humanoiden Roboter GoMate, der sich auf Rädern fortbewegt. Der staatliche Autohersteller plant, 2025 mit der Massenproduktion seiner eigenen Robotik-Komponenten zu beginnen. Ab 2026 sollen die Roboter in den eigenen Montagewerken zum Einsatz kommen.

Auch der Elektroauto-Pionier Li Auto zeigt Interesse am Robotermarkt. Unternehmensgründer Li Xiang erklärte im Dezember, dass sein Unternehmen „definitiv humanoide Roboter entwickeln“ werde.

Technologische Überschneidungen zwischen Elektrofahrzeugen und Robotik

Analysten sehen die Expansion der Automobilhersteller in die Robotik als logische Konsequenz der technologischen Gemeinsamkeiten. Fortschritte in autonomen Fahrsystemen, Sensorik und künstlicher Intelligenz lassen sich leicht auf humanoide Roboter übertragen.

Chen Meng, ein unabhängiger Automobilanalyst aus Peking, erklärt:
„Lidar-Sensoren, Kameras, KI-Algorithmen zur Objekterkennung und hochpräzise Motoren – ursprünglich für Fahrzeuge entwickelt – werden nun genutzt, um Robotern das Sehen, Denken und Bewegen beizubringen.“

Ein Beispiel dafür ist Xpengs humanoider Roboter Iron, der im November vorgestellt wurde. Er nutzt firmeneigene Chips und verfügt über 15 Bewegungsfreiheitsgrade – im Vergleich zu Teslas Optimus, der 22 Freiheitsgrade besitzt.

Marktchancen und wirtschaftlicher Nutzen

Der humanoide Robotikmarkt bietet nicht nur technologische, sondern auch wirtschaftliche Vorteile. Goldman Sachs prognostiziert ein weltweites Marktvolumen von 38 Milliarden US-Dollar bis 2035 – mehr als das Sechsfache früherer Schätzungen.

Elon Musk sieht Teslas Optimus als potenzielles „10-Billionen-Dollar-Geschäft“ und chinesische Unternehmen sind ähnlich optimistisch. Xiaomi setzt darauf, dass sein CyberOne als Heimassistent die eigene Smart-Device-Plattform ergänzt. Xpeng-CEO He Xiaopeng bezeichnet Robotik als natürliche Erweiterung seines Smart-EV-Ökosystems.

Zudem profitieren die Automobilhersteller kurzfristig von ihrem Einstieg in die Robotik. Zhang Xiang von der North China University of Technology betont:
„Die Automobilhersteller erhalten das Image von Innovationsführern, was sich positiv auf ihr Markenimage und den Aktienmarkt auswirken kann.“

Ein Beispiel dafür sind die steigenden Aktienkurse chinesischer Robotikfirmen nach dem spektakulären Auftritt humanoider Roboter bei der Spring Festival Gala im Februar.

Massenproduktion in China: Schnellere Fertigung und sinkende Kosten

Chinesische Hersteller haben sich bereits einen Vorsprung bei der Massenproduktion humanoider Roboter erarbeitet. In Shanghai werden derzeit in einer neuen Produktionsstätte von Shanghai Zhiyuan Innovation Technology (AgiBot) täglich 15 Roboter montiert. Seit dem Produktionsstart im Juli 2023 wurden bereits bis zu 2.000 Roboter gefertigt.

Laut Zhang Shaozheng, Produktionsleiter von AgiBot, ermöglicht die bestehende Lieferkette der Elektroautoindustrie eine schnelle Skalierung der Roboterproduktion.

Auch die Shanghai Kepler Robot Company optimiert ihre Fertigungsprozesse, um Kosten zu senken. Durch effizientere Fertigungstechniken konnte beispielsweise die Produktionszeit eines einzelnen Schraubengewindes von 20 auf zwei Stunden reduziert werden.

Die Skalierungseffekte zeigen bereits Wirkung: Der Preis für einen humanoiden Roboter ist von über einer Million Yuan (rund 137.000 US-Dollar) auf unter eine Million Yuan gesunken – mit weiterem Potenzial für Preissenkungen.

Zhang Minliang, Forschungsleiter bei Shanghai Kepler, erklärt:
„Durch eine Vereinfachung der Komponentenanzahl konnten wir die Produktionskosten eines Gelenkmoduls um 50 Prozent reduzieren.“

Internationale Expansionspläne

Die chinesischen Hersteller haben bereits ehrgeizige Pläne für die internationalen Märkte. Laut Hu Debo, CEO von Shanghai Kepler, sollen humanoide Roboter in Europa und den USA mit globalen Technologieführern konkurrieren. Vorbestellungen aus diesen Märkten seien bereits gesichert.

In Zukunft könnten humanoide Roboter sogar preislich unter dem Niveau eines Mittelklassewagens liegen. Peng Zhihui, Mitbegründer von AgiBot, prognostiziert:
„Sobald wir mehrere tausend oder zehntausend Einheiten produzieren, wird der Preis definitiv unter 200.000 Yuan (etwa 27.500 US-Dollar) fallen.“

Fazit: Chinesische Hersteller auf dem Weg zur Robotik-Supermacht

Der Einstieg chinesischer Automobilhersteller in die humanoide Robotik zeigt deren Innovationskraft und strategische Weitsicht. Durch die Nutzung bestehender Technologien, Synergien in der Lieferkette und effiziente Massenproduktion positionieren sich Unternehmen wie Xiaomi, GAC, Xpeng und Li Auto als Vorreiter einer neuen Ära.

Die kommenden Jahre werden zeigen, ob humanoide Roboter tatsächlich ein bedeutender Wachstumsmarkt für die Automobilindustrie werden – oder ob es sich lediglich um einen kurzfristigen Hype handelt.