Trump bestraft Brasilien – droht der EU das Gleiche?
Wie Trump in Brasilien ein Exempel statuiert – und was das für die EU bedeutet
Washington, Brasília, Brüssel – Es ist ein Warnschuss mit globaler Reichweite: US-Präsident Donald Trump verhängt Strafzölle von 50 Prozent auf Importe aus Brasilien. Gleichzeitig belegt er einen Richter des obersten brasilianischen Gerichts mit Sanktionen – weil dieser den rechtsnationalen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro strafrechtlich verfolgt. Der Vorgang ist beispiellos. Und er zeigt, wie weit eine außenpolitische Agenda reicht, die Loyalität über Rechtsstaatlichkeit stellt.
Doch die Maßnahme richtet sich nicht nur gegen Brasília. Sie sendet ein Signal – und das ist auch in Brüssel angekommen.
„Das ist kein Zollstreit. Das ist ein ideologischer Feldzug.“
Denn wer sich Trumps jüngste außenpolitische Schritte ansieht, erkennt ein klares Muster: Staaten, die konservative Verbündete des US-Präsidenten belangen – sei es Bolsonaro in Brasilien oder Techkonzerne, die sich dem europäischen Digital Services Act (DSA) beugen müssen – geraten ins Visier Washingtons. Wer sich Trumps Ordnung nicht unterwirft, wird ökonomisch bestraft oder öffentlich diffamiert.
Ein Richter als Feindbild
Der Anlass für die Strafzölle: ein laufender Strafprozess gegen Bolsonaro wegen versuchter Umsturzplanung nach der Wahl 2022. Verantwortlich für das Verfahren ist der Richter Alexandre de Moraes – einer der prominentesten Verteidiger der brasilianischen Verfassung. Er wird nun von den USA mit Sanktionen belegt, sein Vermögen eingefroren, ein Einreiseverbot ausgesprochen.
Trump nennt das Verfahren eine „Hexenjagd“. Außenminister Marco Rubio wirft Brasilien vor, Bolsonaro würden „Grundrechte wie ein faires Verfahren“ verweigert. Das US-Finanzministerium geht noch weiter: Moraes habe sogar die Meinungsfreiheit von Amerikanern beschnitten – weil er die Plattform X im vergangenen Jahr in Brasilien zeitweise blockieren ließ.
Braziliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva reagierte unmissverständlich. Man lasse sich nicht einschüchtern, die brasilianische Justiz sei unabhängig, sagte er der New York Times. Generalstaatsanwalt Jorge Messias sprach von einem „Angriff auf die Souveränität unseres Landes“.
Europa im Fadenkreuz
Während sich die diplomatische Krise mit Brasilien zuspitzt, droht ein ähnlicher Konflikt mit der Europäischen Union. Der republikanische Kongressabgeordnete Jim Jordan reiste jüngst nach Brüssel – mit scharfer Rhetorik im Gepäck. Die EU, so sein Vorwurf, betreibe mit dem DSA eine systematische Zensur konservativer Inhalte. Die Meinungsfreiheit sei „in Gefahr“, und die Auswirkungen reichten bis in die USA.
Jordan drohte offen mit Sanktionen gegen EU-Beamte, die für die Durchsetzung des DSA verantwortlich seien.
Sein Bericht spricht von „globaler Zensur durch europäische Bürokraten“. Vizepräsident J. D. Vance hatte schon zuvor auf der Münchner Sicherheitskonferenz erklärt, man werde sich „europäischem Meinungsdiktat“ nicht unterwerfen. Die politische Stoßrichtung ist eindeutig: Die EU soll davon abgehalten werden, eigene digitale Standards zu setzen, wenn sie nicht im Einklang mit Trumps Freiheitsverständnis stehen.
Strafzölle als Machtinstrument
Trump hat in Brasilien vorgemacht, wie er mit Kritik an seinen politischen Verbündeten umgeht: mit wirtschaftlicher Erpressung. Und die EU wäre nicht das erste Ziel dieser Strategie – sondern das nächste.
Trump hat wiederholt betont, dass internationale Handelsabkommen und Zollprivilegien künftig davon abhängen sollen, ob sich Länder amerikanischen Werten – seinen Werten – unterwerfen. Und das bedeutet: Wer Plattformen wie Facebook oder X zu Transparenz und Löschung extremistischer Inhalte verpflichtet, könnte bald unter dem Verdacht stehen, „die Redefreiheit einzuschränken“.
Für europäische Digitalpolitiker ist das ein Albtraum. Ein funktionierendes Regelwerk für digitale Dienste könnte zur Zielscheibe geopolitischer Strafen werden – Strafzölle, Visa-Einschränkungen, Einmischung in Gesetzgebungsverfahren.
Eine neue Form transatlantischer Konfrontation
Was einst eine transatlantische Partnerschaft war, ist unter Präsident Trump zu einem ideologischen Grabenkrieg geworden. Die EU verfolgt das Ziel eines regulierten digitalen Raums, in dem Hassrede und Desinformation eingedämmt werden. Trump und seine Verbündeten hingegen sehen darin eine Gefahr für konservative Narrative – und reagieren mit Sanktionen, Strafzöllen und politischem Druck.
Es ist nicht mehr der autoritäre Staat, der ins Visier gerät – sondern der Rechtsstaat, wenn er gegen die Falschen ermittelt.
Mit den Strafmaßnahmen gegen Brasilien hat Trump ein deutliches Zeichen gesetzt. Sollte die Europäische Union weiter an ihrer Digitalgesetzgebung festhalten, droht ihr dasselbe Schicksal: ökonomische Repression – politisch motiviert. Brüssel steht längst im Fadenkreuz – es fehlt nur noch der Anlass.