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Sonnenland im Umbruch: Spaniens grüne Revolution

Sonnenland im Umbruch: Spaniens grüne Revolution

Von wachsendem Energiehunger bis zur Energiewende – wie Spanien zur europäischen Vorzeigeregion für Solar- und Windkraft wurde

Madrid – Wenn die Mittagssonne über den Ebenen Kastiliens brennt und die Rotorblätter auf den Hügeln Galiciens träge ihre Kreise ziehen, zeigt sich Spaniens neue Energiezukunft in voller Pracht. Das Land, das einst für seine Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen bekannt war, erlebt derzeit einen Boom der erneuerbaren Energien – mit weitreichenden Folgen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Solarparks so weit das Auge reicht

Allein im Jahr 2024 wurden in Spanien Photovoltaikanlagen mit einer Kapazität von über 29,5 Gigawatt installiert – mehr als in jedem anderen EU-Land. Dazu kommen über 7,8 Gigawatt im Bau. Während andere Länder noch über Bürokratie stolpern, rollen in Spanien die Bagger über endlose Felder, um neue Solarparks zu errichten. Treiber sind nicht nur günstige klimatische Bedingungen, sondern auch klare politische Zielsetzungen und massive Investitionen – sowohl aus dem Inland als auch aus Brüssel.


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Windkraft: Die zweite Säule

Auch die Windkraft ist kein Nebenschauplatz. Bereits ein Viertel des spanischen Stroms stammt aus Windenergie. Mit einer installierten Leistung von rund 31,2 Gigawatt ist Spanien europaweit vorn mit dabei. Zwar dominieren Onshore-Anlagen, doch ambitionierte Offshore-Projekte sind in Vorbereitung. Siemens Gamesa und Iberdrola – zwei spanische Giganten – investieren Milliarden in neue Technologien und Exportstrategien.

Der große Plan: 100 Prozent grün bis 2050

Die spanische Regierung denkt langfristig: Bis zum Jahr 2050 soll die Energieversorgung komplett auf erneuerbare Quellen umgestellt sein. Der Ausstieg aus der Atomkraft beginnt 2027, die letzten Reaktoren sollen 2035 vom Netz gehen. Damit geht Spanien einen klaren Konfrontationskurs zu Ländern wie Frankreich, die verstärkt auf Kernkraft setzen.

Zur Unterstützung dieser Pläne hat die Europäische Investitionsbank allein im Jahr 2024 über fünf Milliarden Euro in spanische Energieprojekte gesteckt – ein Rekordwert. Der grüne Wandel ist nicht nur ein ökologisches Ziel, sondern auch ein wirtschaftlicher Hebel. Energieintensive Industrien siedeln sich vermehrt auf der Iberischen Halbinsel an, angezogen von günstigen Strompreisen und stabiler Versorgung.

Risiken und Rückschläge

Doch der Weg in eine emissionsfreie Zukunft ist nicht ohne Stolpersteine. Im April 2025 kam es in Teilen Spaniens, Portugals und Südfrankreichs zu einem großflächigen Blackout. Grund war ein Spannungsabfall, der sich durch das Netz zog und dazu führte, dass sich zahlreiche Wind- und Solaranlagen automatisch abschalteten – ein Problem, das Experten schon länger diskutieren: die mangelnde Netzresilienz bei hohem Anteil volatiler Energiequellen.

Auch bürokratische Hürden und der Widerstand lokaler Bevölkerung gegen neue Großprojekte könnten den Ausbau verlangsamen. Um die Pariser Klimaziele einzuhalten, müsste Spanien laut dem Thinktank „Global Energy Monitor“ das Ausbau-Tempo nochmals deutlich erhöhen.

Die neue Rolle Europas Sonnenstaat

Trotz aller Herausforderungen ist klar: Spanien steht am Beginn eines neuen energiepolitischen Zeitalters. Was einst als strukturschwaches Agrarland galt, wird heute als Modell für eine postfossile Wirtschaft gehandelt. Die Kombination aus geografischen Vorteilen, politischem Willen und technischer Innovation macht das Land zu einem Schlüsselspieler auf Europas Weg zur Klimaneutralität.