Paramounts Schweigen: Warum die Skydance-Fusion ein Risiko für Redefreiheit und Medienvielfalt ist
Wie ein Hollywood-Gigant durch die Fusion mit Skydance Media seine publizistische Unabhängigkeit riskiert
Es war eine leise Ankündigung, irgendwo zwischen der Veröffentlichung neuer Streamingzahlen und der Bekanntgabe von Stellenkürzungen. Doch in Wahrheit markiert sie einen Wendepunkt in der US-Mediengeschichte: Paramount Global, einer der letzten großen Studio-Dinosaurier Hollywoods, wird von Skydance Media übernommen – einem vergleichsweise jungen Produktionshaus, gegründet von David Ellison, Sohn des Oracle-Milliardärs Larry Ellison.
Ein Traditionskonzern mit 112-jähriger Geschichte, Inhaber von Marken wie CBS, Showtime, Nickelodeon und Paramount Pictures, legt sein Schicksal in die Hände eines finanzstarken Aufsteigers. Die Erklärung: notwendig, unausweichlich, strategisch. Die Wahrheit: ein kalkulierter Rückzug aus einem jahrzehntelang verteidigten Raum – dem der freien, kritischen Öffentlichkeit.
Der Preis für Kapital: Warum Paramount Skydance braucht
Paramount kämpfte. Gegen Schulden in Milliardenhöhe. Gegen den Bedeutungsverlust des linearen Fernsehens. Gegen ein Streaming-Modell, das mehr kostet als es einbringt. Die Fusion mit Skydance soll Kapital bringen, Innovation, Modernisierung – und vor allem: Zeit.
Doch wer genau hinsieht, erkennt: Die Umstrukturierung ist mehr als ein betriebswirtschaftlicher Notfallplan. Sie ist ein schleichender Abschied von jener Rolle, die Paramount einst stolz für sich beanspruchte – als publizistischer Akteur, als Stimme im Diskurs, als Bühne für Comedy, Satire und Kritik.
Denn während Netflix und Amazon längst auf datengetriebene Unterhaltung setzen, trug Paramount bislang noch jene Formate, die unbequem waren – The Late Show, The Daily Show, investigatives CBS News. Sendungen, die spöttisch, klug, manchmal überzogen, aber immer relevant waren.
Was stört, wird leiser: Das Ende der politischen Satire?
Solche Programme brauchen Luft. Redaktionsfreiheit. Budgets. Und manchmal Mut. Doch genau hier beginnt das Problem. Satire kann abschrecken – Werbekunden, Investoren, neue Eigentümer. In einem politisch aufgeladenen Klima, in dem Humor längst nicht mehr harmlos ist, sondern als Waffe oder Provokation gelesen wird, bedeutet Satire vor allem eines: Risiko.
Und Risiko ist das Letzte, was ein maroder Medienkonzern sich noch leisten kann.
Skydance hat bisher keine Tradition in kritischem Journalismus. Das Unternehmen produziert erfolgreich Blockbuster (Top Gun: Maverick, Mission: Impossible), versteht sich als Unterhaltungsmaschine – nicht als gesellschaftlicher Seismograf. Dass ausgerechnet dieser Konzern nun Herr über eine der größten Medienbibliotheken der USA wird, wirft Fragen auf. Vor allem: Was geschieht mit den Formaten, die unbequem sind?
Die Rolle der FCC bei der Medienfusion Paramount–Skydance
Die Antwort darauf könnte von der Federal Communications Commission (FCC) kommen – jener Behörde, die eigentlich dafür zuständig ist, Meinungsvielfalt zu sichern, Medienkonzentration zu verhindern, die Öffentlichkeit zu schützen. Doch die FCC schweigt.
Zwar prüft sie Übernahmen. Doch im Zeitalter des Streamings, wo Inhalte über YouTube, Netflix oder Paramount+ verbreitet werden, ist ihr Einfluss begrenzt. Redefreiheit ist im US-System ein juristisches Prinzip – kein geschützter Zustand. Niemand verbietet Satire. Aber wenn sie niemand mehr finanziert, ist sie dennoch verloren.
Comedy als Seismograf: Wie Satire den Zustand der Demokratie spiegelt
Comedy war immer ein Frühwarnsystem. In Demokratien zeigt sie, was gesagt werden darf. In autoritären Regimen ist sie das Erste, das verstummt. In den USA von 2025, einem Land zwischen Polarisierung, Informationskrieg und digitaler Fragmentierung, ist die Satire bedroht – nicht durch Zensur, sondern durch Marktlogik.
Formate wie Last Week Tonight, Colbert, Meyers verlieren an Reichweite. Nicht weil sie schlechter wären, sondern weil ihre Geschäftsmodelle bröckeln. Währenddessen wächst Gutfeld! auf Fox News – ein konservatives Comedy-Format, das lacht, aber nie nach oben tritt.
Fazit: Paramount rettet sich – und verliert dabei die Stimme
Paramount hat sich entschieden: für Effizienz, für Zukunft, für Kontrolle. Und damit stillschweigend gegen das, was einst sein Markenkern war – mediale Unabhängigkeit, kritische Haltung, publizistische Relevanz. Niemand wird die Satire verbieten. Aber viele werden aufhören, sie zu senden.
Wenn diese Fusion abgeschlossen ist, wird viel über Strategie gesprochen werden. Über Restrukturierung. Über Synergien. Nur eines wird vermutlich nicht erwähnt: dass mit dem neuen Eigentümer auch ein Stück Redefreiheit in den USA verkauft wurde.
Vielleicht ist das der wahre Preis der Rettung.