Ein unerwartet kompliziertes Produkt: Amazon e liquid
Nikotin und E-Zigaretten: Kein Problem für Amazon, aber…
Während einer anderen Recherche zu Dampfshops on- und offline bin ich über den Internetriesen Amazon gestolpert – und bin dabei über eine eigentlich offensichtliche Merkwürdigkeit gestolpert. Wer auf Amazon nach e Liquid sucht und zwar mit Nikotin wird nicht fündig, aber andere Niktionprodukte werden angeboten.
Ein unerwartet kompliziertes Produkt: Amazon e liquid
Amazon hat sich in den letzten Jahren immer mehr zum Supermarkt entwickelt – mit angeschlossener Pseudo-Apotheke. Zwar verkauft das Unternehmen keine Arzneimittel, aber es verdient mit den Produkten seiner Kategorie „Gesundheit“ blendend. Das schließt auch die Rauchentwöhnung ein: Knapp 400 Produkte aller namhaften Pharmaunternehmen sind lieferbar.
Von Nicorette über Nicotinell, Nikotinpflaster lassen sich in allen Größenordnungen über das Online-Portal beziehen. Auch Nikotinsprays und Kaugummis sind zuhauf bei Amazon im Angebot, hinzu kommen minzige, nikotinhaltige Lutschtabletten. Das Unternehmen hat also kein prinzipielles Problem mit dem Verkauf von Nikotin.
… Amazon e-liquid mit Nikotin sucht der Kunde (fast) vergeblich
Gleichzeitig bietet Amazon tatsächlich tausende von E-Zigaretten an und stellt damit eine ernst zu nehmende, nicht unproblematische Konkurrenz zu spezialisierten Online-Dampfshops dar.
Auch „Amazon e liquid“ hat sich zur eigenen Produkt-Kategorie entwickelt. Nur nach nikotinhaltigen E-liquids sucht der Konsument im Angebot vergeblich. Wie kommt das eigentlich? Betrachtet Amazon e-liquid als Genussstoff, Nikotinersatzpräparate aber als Medizinprodukt und möchte somit nicht gegen eine interne ethische Regelung verstoßen, die den Vertrieb von potenziell suchterzeugenden Produkten untersagt? Unwahrscheinlich, angesichts der reich bestückten Kategorie „Bier, Wein & Spirituosen“.
In den USA ist bei Amazon e liquid ein grundsätzliches Tabu
In den Staaten vertreibt Amazon e liquid mit bis zu 99,8% reinem Nikotin, wenn auch als Plattform für Drittanbieter. Der Zusatz lautet der Verkäufer lautet dabei so oder ähnlich: „Bewahren Sie das Produkt außerhalb der Reichweite von Kindern auf. Nikotin ist selbst in niedriger Dosierung sehr toxisch und kann fatale Folgen haben. Informieren Sie sich über Wikipedia, Stichwort: Nikotinvergiftung. Verwendung auf eigene Gefahr! Das Produkt ist nicht von der FDA bewertet worden. Das Produkt ist nicht dafür gedacht, zu diagnostizieren, zu behandeln, zu heilen oder irgendeine Krankheit zu verhindern.“
Oder sieht es nur auf den ersten Blick so aus? Tatsächlich – das scheinbare „Amazon e Liquid“ mit Nikotingehalt wird nicht zur Herstellung von e-Zigaretten Liquids, sondern zum Selbermachen von DIY-Kaugummi beworben. Vom Konsumenten genutzt wird es dann, den Kommentaren zufolge, auf die unterschiedlichste Art und Weise – als e-Liquid-Base, wirklich zur Kaugummi-Herstellung aber als auch, natürlich verdünnt, in reiner Tropfenform.
Amazon USA geht in seiner Paradoxie noch weiter: Der Shop vertreibt weder E-Zigaretten noch können fertige e-Liquids erworben werden, ob nun mit oder ohne Nikotin. Es gibt Bücher übers Dampfen, E-Zigarettenständer, Autohalter und Schutzhüllen, sogar leere Cigalike-Packungen – aber keine Hardware auch kein Amazon e liquid.
Verbietet das Onlinerecht Amazon e Liquid zu handeln?
Da haben Dampfer es in Deutschland augenscheinlich besser – immerhin können Geräte und fertige e-liquid Mischungen ohne Nikotin problemlos bestellt werden. Bis vor 3 Jahren allerdings konnte man bei Amazon das e liquid auch noch mit Nikotin kaufen.
Zwar gab und gibt es immer wieder Händler, die Amazon lediglich als Handelsplattform nutzen und diese interne Regelung ignorierten. Tatsächlich werden diese aber merklich weniger – offensichtlich gibt es Abmahnungen mit Androhungen einer Händlersperrung, wenn das Unternehmen bei einer Strichprobe dahinterkommt.
Verpflichtet ist Amazon dazu zwar nicht, wie die AGBs deutlich machen: „Amazon bietet Käufern und Verkäufern eine Plattform, um Verhandlungen durchzuführen und Transaktionen abzuschließen. Amazon ist nicht Vertragspartner und übernimmt daher keine Verantwortung für jenen Vertrag. Amazon ist nicht für eine Untersuchung und Bewertung dieser Angebote oder Seiten verantwortlich.“
Das Ende des Amazon e liquid mit Nikotin fiel ziemlich genau zeitgleich mit der vor Gericht verhandelten Frage, ob E-Zigarette als Medikamente zu behandeln seien – eine Kategorisierung, die die Bundesregierung begrüßt hätte. Doch nachdem im September 2013 das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster als letzte Berufungsinstanz verneint hat, dass nikotinhaltige E-Zigaretten und E-Liquids als Arzneimittel einzustufen sind, kann Amazon e liquid mit Nikotin nicht mehr in einer Kategorie mit Nicorette & Co. führen.
Rein rechtlich betrachtet hätte es damit momentan in Deutschland aber auch kein weiteres juristisches Problem mit dem Verkauf von nikotinhaltigen Liquids, wie das Angebot dutzender Online-Shops beweist.
Die Tabakzigarette/E-Zigarette Gleichstellung ist durch Amazon Realität
Doch E-Liquid mit Nikotin gehört in den Augen des Internetriesen in die Kategorie „Tabakwaren“ – und ist somit für Amazon unverkäuflich.
Der Jugendschutz steht hier als Grund nicht an erster Stelle, den Amazon verkauft grundsätzlich keine seiner Waren an Minderjährigen, wie wiederum die AGBs deutlich machen: „Wir bieten keine Produkte zum Kauf durch Minderjährige an. Unsere Produkte für Kinder können nur von Erwachsenen gekauft werden.“
Darüber hinaus geben die AGBs keine Angaben über die Gründe, warum Amazon e-liquid nicht auch mit Nikotin verkauft könnte. Übrig bleibt also nur Spekulation. Am wahrscheinlichsten scheint mir, dass die EU-Ableger von Amazon e-liquid mit Nikotin als ein problematisches Produkt im Wandel einstufen, das mehr Probleme als Nutzen bereiten wird – mit seinen Pharmapartnern, mit einer Regierung, die in Sachen steuerlicher Abgaben und Arbeitsrecht konstant ein Auge zudrückt und mit dem Mutterkonzern in den USA.
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