Wir sind die 5%! – Occupy BfR, DKFZ, Bundestag und EU-Kommission
Eine neue Bewegung für die E-Zigarette
Draußen scheint die Sonne, ich habe mir gerade die weltweiten Klima-Proteste nochmals angeschaut und beschlossen – hey, heute wäre mal ein guter Tag für den Beginn der Dampf-Revolution. Und diesmal bringe ich sogar eine Strategie mit, die mir schon des längeren durch den Kopf geht.
Wenn Worte nicht mehr wirken…
Im August 2015 veröffentlichte die englische Gesundheitsbehörde „Public Health England“ eine Stellungnahme mit dem schönen Titel „E-cigarettes: an evidence update“, zu Deutsch:
„E-Zigaretten – eine Aktualisierung der Beweislage“. Public Health England hatte einfach eine Reihe von Gesundheitsexperten zusammengetrommelt und sie gebeten, sämtliche verfügbaren, aktuellen Daten zur Risikoeinschätzung und dem Wirkungsspektrum der E-Zigarette zu sammeln, auszuwerten und verständlich zusammenzufassen.
Damit erfüllte die Behörde exakt den Zweck, zu dem eigentlich alle regierungseigenen Institutionen demokratischer Länder bestellt sind: nämlich ihren Bürgern neutrale, aktuelle und intellektuell zugängliche Informationen verfügbar zu machen, die ihnen dabei helfen, ein gutes und gesundes Leben zu leben. Was waren die wichtigsten Einsichten dieses 113-Seiten langen Dokumentes?
Das ist einfach zu beantworten: E-Zigaretten sind etwa 95% sicherer als gerauchter Tabak und sie können Rauchern dabei helfen, mit dem Tabakkonsum aufzuhören.
Den Shit-Storm, der sich auf diese Veröffentlichung hin über Public Health England entlud, habe ich kommen sehen – sein Ausmaß und seine Absender verdienen übrigens noch einen eigenen Artikel.
Erstaunter war ich, dass die Publikation zwar natürlich mediales Echo fand, dieses aber wesentlich geringer ausfiel, als es die Brisanz der Aussagen hätten vermuten lassen können. Auch wurde das wirklich ausgezeichnet recherchierte und aufgearbeitete Dokument, dem beim besten Willen (und einen starken Willen bringen seine Gegner mit) niemand Unwissenschaftlichkeit oder fehlende Objektivität vorwerfen könnte, in der europäischen und deutschen Diskussion um die Regulierung der E-Zigarette erheblich weniger bemüht, als ich es erwartet hätte.
…dann müssen wir Zahlen sprechen lassen.
Hier hat sich ein europäisches Land (gut, wie lange dieser Satz noch zutrifft, weiß kein Mensch) aus dem Fenster gelehnt und die Wahrheit übers Dampfen hinausgeschrien. Die anderen EU-Länder jedoch lassen schlicht die Jalousien runter und erzählen munter weiter, wie schädlich und unwirksam das Dampfen doch sei. Es ist, als ob Bruno, Galilei und Kopernikus zusammen auf dem Dach einer Universität kostenfreie Blicke durchs Teleskop anböten, während ein Stockwerk darunter altehrwürdige Professoren weiter das geozentrische Weltbild lehren…vor Hunderten Studenten, während die drei Jungs unter freiem Himmel Däumchen drehen.
Inzwischen wissen wir, dass Giordano Bruno nicht umsonst auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde, weil er es gewagt hatte, die Erde aus dem Mittelpunkt des Universums zu rücken. Genau 400 Jahre später, nämlich im Jahr 2000, hat sich dann auch die katholische Kirche bequemt, diese Hinrichtung offiziell als Unrecht zu deklarieren.
Ganz im Ernst, werden wir auch Jahrhunderte darauf warten müssen, dass die europäischen und deutschen Politiker einsehen, dass die E-Zigarette tatsächlich 95% weniger schädlich ist als die Tabakzigarette? Solange haben wir nicht Zeit!
Deshalb schlage ich vor, eine neue Occupy-Bewegung ins Leben zu rufen: Wir sind die 5%!
Mir scheint, der 95%-Claim beinhaltet wesentlich mehr revolutionäres, didaktisches und argumentatives Potenzial, als es uns bewusst ist. Zu Illustration ein kleines Flugblatt – Es kann an Freunde verteilt und Kritikern unter die Nase gehalten, an Politiker verschickt und weiter verlinkt werden (als Download).
Ist der 95%-Claim eine zuverlässige Aussage?
Alle unter realistischen Dampfbedingungen mit hochwertigen E-Zigaretten und geprüften Liquids durchgeführte Tests kommen zu selben Ergebnis: Die Inhaltsstoffe des Zigarettenrauches, die die Gesundheit schädigen – einschließlich krebserregender, fruchtbarkeitsschädigender und zellschädigender Substanzen – finden sich im E-Zigaretten-Dampf entweder gar nicht oder liegen weit unter 5% der Dosis im Zigarettenrauch (die meisten sogar unter 1%). Die essenziellen, chemischen Inhaltsstoffe der E-Zigarette werden überhaupt nicht mit ernsthaften Gesundheitsrisiken in Verbindung gebracht.
Tatsache ist, dass der 95%-Claim sogar noch sehr vorsichtig kalkuliert ist. Er basiert auf dem gegenwärtigen Wissensstand und stellt, schon aus Haftbarkeitsgründen, das Worst-Case-Szenario dar. Nun hat der Verlauf der E-Zigarettenforschung über die Jahre gezeigt, dass sich die Risikoeinschätzungen kontinuierlich nach unten minimiert haben, auch weil die Qualitätsstandards von Liquids und Geräten konstant verbessert wurden. Die momentan im Raum stehenden 5% sind also weniger eine wissenschaftliche Einschätzung, als vielmehr eine Pufferzone für die noch bestehenden Wissenslücken und die Tatsache, dass reines Nikotin aller Wahrscheinlichkeit nach ein gewisses Risikopotenzial birgt.
Nicht nur dass, er ist auch eine machtvolle – und nötige.
Nun kann sich der akkurate Bürger fragen: Warum überhaupt eine Zahl in den Raum stellen, wenn sie doch nicht ganz belastbar ist? Zahlen haben Macht. Sie kommunizieren eine Verantwortungsübernahme für die Aussagen, die man als Wissenschaftler oder Autor trifft.
Die 95% stehen im bewussten Kontrast zu den vagen, spekulativen und polemischen Formulierungen, mit denen E-Zigaretten-Kritiker das Dampfen schlecht reden wollen. Sie sind einfach zu begreifen, entsprechen der wissenschaftlich erfassten Wirklichkeit und machen die Wahl zwischen Dampfen und Rauchen schlicht realistischer.
Diese Form des Realismus ist dringend nötig. Die Diskussion um die E-Zigarette hat durch Tatsachenverfälschungen, Übertreibungen, Auslassungen und mediale Verdrehung eine derart verworrene Form angenommen, dass es Zeit für einen Neustart ist. Es braucht eine Aussage, die die Realität widerspiegelt, ohne Wenn und Aber – und gleichzeitig einen Schalter im Hirn jener Unentschlossenen umlegen kann, die zu verunsichert sind, um im eigenen Interesse zu handeln.
Das tut der 95%-Claim. Er hält Rauchern das einzige wirklich entscheidende Argument vor Augen, das für eine Entscheidungsfindung hin zum Umstieg notwendig ist. In einer Zeit, in der (wie immer mehr Umfragen zeigen) mittlerweile um die 40% aller Bürger weltweit glauben, E-Zigaretten seien genauso schädlich wie Tabakzigaretten, ist eine numerische Antwort wichtig. Denn wenn man glauben möchte oder soll, dass eine Alternative weniger riskant ist als die andere, dann will man wissen, wie viel weniger riskant, bevor man bereit ist, daran zu glauben.
Als ganzer Satz ausgedrückt, könnte der 95%-Claim heißen: „Momentan wissen wir, dass Dampfen nicht 100% sicher, aber zu 95% weniger schädlich als Rauchen ist und die Wahrscheinlichkeit sehr groß ist, dass es überhaupt keine tödliche Gefahr darstellt“.
Da ich ja an empirischen Journalismus glaube, habe ich den 95% Claim bei verschiedensten Menschen ausprobiert.
Interessanterweise kam dabei oft die Frage: Heißt das, dass von 100 Dampfern fünf am E-Zigarettenkonsum erkranken werden? Natürlich nicht. Generell wird der Effekt des Rauchens auf ein Menschenleben ja auch nicht durch die Erfassung der zum Tod führenden Erkrankungen bei Rauchern gemessen, sondern durch die Anzahl der Jahre, die diese kürzer leben als Nichtraucher, zumindest in Industrieländern. Bei Langzeitrauchern wird dabei von einem Lebenszeitverlust von zehn Jahren ausgegangen. Wird diese Zahl auf die 5% Risiko beim Dampfen heruntergebrochen, verbleiben noch sechs Monate weniger Leben. Dies mal durchgerechnet, habe ich dennoch jedes Mal hinzugefügt, dass es sich ja bei den 5% um eine Knautschzone handelt, nicht um die tatsächliche Gefahr, die vom Dampfen ausgeht.
Und übrigens, habe ich für Nichtraucher hinzugefügt, die 5% sind auch eine Spiegelung der Tatsache, dass E-Zigaretten keinen Passivdampf verströmen, der ihre Umwelt belasten könnte, wie eine soeben durchgeführte Studie (siehe Linkssammlung) nochmals bestätigt.
Ein neues Paradigma für Therapeuten und Berater
Eine weitere, wichtige Funktion des 95%-Claims ist ihre Brauchbarkeit im therapeutischen Kontext.
E-Zigaretten sind keine Medikamente. In einem Szenario der Risikominimierung, das sich von einem Abstinenz-Duktus verabschiedet hat, bedarf es auch keiner Medikation mehr, um einem Raucher ein gesünderes (und dabei nicht weniger genussvolles) Leben vor Augen zu führen. Das ganze Paradigma des Rauch-Stops hat sich durch die E-Zigarette grundlegend gewandelt: Der Therapeut berät, der Klient oder Patient erwirbt das therapeutische Hilfsmittel verschreibungsfrei und pharmaindustrie-unabhängig selbst.
Deshalb auch: Wir sind die 5%! Die E-Zigarette ist ein Neuanfang, kein Abschied, eine Bereicherung, keine Therapie, eine neue Identität statt des Abschneidens einer alten.
So ist die E-Zigarette für Ärzte und Pflegende ein wertvolles und wichtiges Instrument, um etwa Lungenkranken oder Menschen mit psychischen Problemen oder kognitiven Einschränkungen ein sofortige Alternative zum Rauchen zu ermöglichen. Professionell therapeutisch Tätige aber brauchen eine empirisch und wissenschaftlich verlässliche Richtschnur, an der sich die medizinische und ethische Entscheidung einer solchen Empfehlung festmachen lässt. Normalerweise sind es die Informationen (und die Rhetorik) der Pharmaunternehmen, die diese Basis liefern. Der 95%-Claim bietet einen roten Faden, der diese sowieso obskure Quelle ersetzen kann.
Gleiches gilt für Sozialarbeiter und Pädagogen, die Menschen in Armut oder schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen beraten. Für diese stellt sich der Wechsel zur E-Zigarette oft schwieriger dar, als er tatsächlich ist. Die Investition erscheint groß, die technischen Aspekt vielleicht überwältigend. Sozialarbeiter brauchen hier für sich und ihre Klienten eine klare, verständliche, zuverlässige Botschaft, die den Schritt lohnenswert erscheinen lässt. Das kann der 95%-Claim leisten.
Und jetzt?
Die entscheidende Frage ist natürlich, wie sich eine solche Bewegung „auf die Straße“ bringen lässt. Der klassische Weg: Perfektes Branding (d.h. Ein gutes Logo und eine durchgängige Schrift- und Bildsprache), Homepage, Social Media, kontinuierliches Networking…etc.pp. Ich gehe jetzt erst mal die Sonne genießen und warte ab, was unsere Leser denken. So oder so: Wir sind die 5%!
Weiterführende Links
GOV.UK E-cigarettes: an evidence update
Wissenschaftlich Grundlagen des 95%-Claims u.a.:
Burstyn I. Peering through the mist: systematic review of what the chemistry of contaminants in electronic cigarettes tells us about health risks, BMC Public Health 2014;14:18. doi:10.1186/1471-2458-14-18
Farsalinos KE, Polosa R. Safety evaluation and risk assessment of electronic cigarettes as tobacco cigarette substitutes: a systematic review. Ther Adv Drug Saf 2014;5:67–86.
Therapeutic Advances in Drug Safety
Hajek P, Etter J-F, Benowitz N, Eissenberg T, McRobbie H. Electronic cigarettes: review of use, content, safety, effects on smokers and potential for harm and benefit. Addiction. 2014 Aug 31
Maloney JC, et al. Insights from two industrial hygiene pilot e-cigarette passive vaping studies. Journal of Occupational and Environmental Hygiene, November 17, 2015, doi: 10.1080/15459624.2015.1116693.
Vielleicht ist es wirklich an der Zeit das ganze größer aufzuziehen. Wenn der Autor des Artikels nichts dagegen hat (man kann mich gerne kontaktieren), würde ich aus dem Flyer Design ein paar 100 Sticker drucken lassen und in meiner statt verteilen. Oder einfach Flyer gut platziert an öffentlich gut besuchten Plätzen. Es ist Zeit für eine große Protest Aktion.
Wir haben keine Einwände und freuen uns über die Initiative
„Draußen scheint die Sonne“
genau :) hab mir heute den ersten Radler gegönnt, mit meiner dampfe, die unabhängig der tpd die nächsten 5 Jahre mit lecker liquid gefüllt sein wird
.|. you PöLa, Merkel, TPD2 und co. :)