Geht der E-Cigarette Industrie das Geld aus?
Geht der E-Cigarette Industrie das Geld aus?
Sterbende Indies, fehlende Finanzspritzen und eine Übernahme durch die Pharmaindustrie: Ist das die unmittelbare Zukunft der E-Zigarette? – Teil I
In vieler Hinsicht steht die e-Cigarette momentan an einem wirtschaftlichen Scheideweg. Dieses sympathische Produkt, dass nicht nur technologisch faszinierend ist, sondern auch lange ein Indie-Erzeugnis war, mit kleinen, innovativen Produzenten und unabhängigen Vertrieben und eine lebendige Community mit intelligenten politischen Zielen hervor gebracht hat, ist leider kurz davor, den beiden finstersten Geißeln der Gegenwart zum Opfer zu fallen: Der Bürokratie und dem Kapital. Das ist weder Schwarzmalerei noch Verschwörungstheorie, wie dieser Artikel zeigen wird – sondern eine Entwicklung, die nur Konsumenten aufhalten können, indem sie aktiv werden.
Gewachsene e-Cigarette Kultur vor neuen Herausforderungen
Die in diesem Magazin regelmäßig analysierten Regulierungsbestrebungen der EU, FDA, WHO und anderer nationaler und supranationaler Behörden stellen nur eine der großen Herausforderungen dar, mit denen die gewachsene e-Cigarette-Kultur zu kämpfen haben wird. Ein weiteres Problem sind die vorsichtiger werdenden Investoren. Seit e-Cigaretten nicht mehr nur in Online-Shops, sondern weltweit auch im stationären Handel angeboten werden, stehen unabhängige Produzenten vor ganz neuen qualitativen und logistischen Herausforderungen, um gegen ihre Wettbewerber aus der Tabakindustrie antreten zu können.
Letztere müssen lediglich ihre vorhandenen Vertriebswege und ihre Erfahrungen im Qualitäts-Management und Controlling auf das e-Cigarette-Business ausdehnen. Gleichzeitig fahren sie eine Mischkalkulation: Bei den Tabakmultis machen E-Cigs nur einen Bruchteil des Umsatzes aus, können aber mit wesentlich mehr Kapital voran getrieben werden. Um hier mithalten zu können, wird sich der Markt der jetzt noch in die Hunderte gehenden, unabhängigen Produzenten notwendigerweise konsolidieren müssen.
Massensterben der kleinen e-Cigaretten Hersteller
Oder, um es weniger euphemistisch auszudrücken: Wir stehen kurz vor einem massenhaften Aussterben unabhängiger Kleinhersteller – eben jenen risikobereiten, kreativen Pionieren, die in vielen Fällen die E-Cigarette überhaupt zu dem Lebensretter gemacht haben, der sie geworden ist. Denn um den neuen Anforderungen der Regierungen an Entwicklung, Herstellung, Marketing und Distribution zukünftig entsprechen zu können, braucht es Kapital und Kapitalgeber – und die werden zunehmend rarer.
Der erste Boom der elektronischen Cigarette ist vorbei. Seit der Umsatzzahlenspitze im Jahre 2011 ist der Markt zwar kontinuierlich weiter gewachsen – und das im weitaus größeren Umfang als die meisten anderen Gebrauchsgüter – aber eben nicht mit der atemberaubenden Geschwindigkeit des Anfangs. Laut dem Lorrilard-Konzern sind die e-Cigarette-Verkäufe etwa in den USA bis Juni 2013 um 35% im Vergleich zum Vorjahr gefallen; der Tabakkonzern hat letztes Jahr den englischen E-Cigaretten-Hersteller Skycig aufgekauft.
Zu diesem Ergebnis kommt auch der unabhängige (soweit es so etwas in dieser Branche gibt) Datenerheber Nielsen, der allerdings nur die Zahlen des stationären Handels und dort nicht der Spezialgeschäfte für Dampfzubehör auswertet. Laut seinen Schätzungen ist der US-Handel bis August 2014 in den zurückliegenden zwölf Monaten nur noch um 19 Prozent gestiegen, im Verhältnis zu einem Wachstum von 125,5 % in 2013, 133 % in 2012 und beeindruckenden 1.103% in 2011.
Die zunehmende Megakonkurrenz und die Unsicherheit ob anstehender legislativer Einschränkungen haben den anfangs großzügig fließenden Kapitalstrom durch externe Geldgeber und Finanzdienstleister drastisch gedrosselt. Momentan wird der weltweite Marktumfang auf 3,5 Milliarden Dollar jährlich geschätzt. Damit ist die e-Cigarette-Industrie ein kleiner Fisch, in den es nur zu investieren lohnt, wenn er weiter garantiert und schnell wachsen wird.
Selbst größere unabhängige Hersteller, die fest im Markt etabliert sind, wie etwa die Marke NJOY, sind deshalb einer Übernahme durch die großen Tabakkonzerne nicht mehr abgeneigt, wie NJOY CEO Craig Weiss zugibt. Die Mitbewerber Green Smoke (ging an die Altria Group), Blu (geht an Imperial Tobacco) und CN Creative mit Vype (ging an British American) etwa haben bereits kapituliert und verkauft.
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Zum Schluss des Artikels wird gesagt, dass die Hersteller „kapitulieren“ würden. Ich glaube die Motiven sind eher profaner Natur: So ein Verkauf zu einem Zeitpunkt, wo der Markt noch gut wächst und es ganz nette Perspektiven für die weitere positive Entwicklung gibt, sind die Firmen auch entsprechend viel Wert. Die Inhaber der entsprechenden Unternehmen können auf diese Weise einen hohen Verkaufspreis erzielen: Es ist keine so ungewöhnliche Motivation, wenn ein lukratives Angebot zum Verkauf angenommen wird, wenn sich dabei die Inhaber bspw. einen ruhigen Lebensabend gönnen können. Das ist aber kein Kapitulieren.
Das betrifft aber nur ein Segment: Hauptsächlich Cig-alikes.
Und der Grund ist auch offensichtlich. Diese Produkte sind nur Übergangslösungen. Sie sind einfach für die meisten Raucher kein vollwertig befriedigender Ersatz. Wenn jemand ernsthaft am Dampfen interessiert ist und sich informiert, wird er bald auf bessere, modernere Geräte umsteigen, die es aber eben nur Online oder in Spezialgeschäften gibt. Und nicht von den Tabakriesen. Andere kehren wieder zum gewohnten, befriedigenderen Rauch zurück.