Erste Dampfer-Partei gegründet
Erste Dampfer-Partei gegründet
Im Bezug auf die politischen Entscheidungen zur E-Zigarette scheitert unsere parlamentarische Demokratie kläglich – weil sie sich einem supra-nationalen EU-Regulierungskodex unterworfen hat, dem keinerlei wissenschaftliche, ethische, ökonomische oder juristische Legitimation zugrunde liegt. Deshalb ist es legitim, alle zur Verfügung stehenden, systemimmanenten Mittel zum zivilen Widerstand gegen die resultierende todbringende, lebensverachtende Politik einzusetzen.
In England hat sich im Zuge dieses notwendigen, jedes Mittel ausschöpfenden Protestes soeben die erste eingetragene Dampfer-Partei gegründet: „Vapers in Power“.
Selbstbewusst stellt sie eine sogenannte „One-Issue-Party“ dar, die sich erklärtermaßen nicht mit dem ganzen Spektrum bürgerlicher Bedürfnisse befasst, sondern auf ein einziges Anliegen fokussiert: Die Interessen der Millionen Briten zu vertreten, die das Rauchen aufgegeben und mit dem Dampfen angefangen haben oder aber Tabakzigaretten noch konsumieren, aber weiterhin über die unregulierte Chance verfügen sollten, ihre Sucht gegen den Genuss der E-Zigarette einzutauschen.
„Vapers in Power“: Parlamentarisch chancenlos, aber politisch wirksam
„Vapers in Power“ hat vor, zunächst zwei Kandidaten für die nächste Regierungswahl aufzustellen. Ihre anfänglichen Ausgaben hat sie erfolgreich über eine Crowdfunding-Plattform finanziert.
Erster Kandidat ist Billy Marsden, Direktkandidat in Barnsley East, Student an der Sheffield Hallam University, Dampfer seit 2013 und Mitarbeiter in einem E-Zigarettenladen. Zweiter Kandidat ist Liam Bryan, der als Lehrer und Solaranlageninstallateur mit seiner Familie in Kingswood lebt. Bereits einige Wochen, nachdem er Tabakzigarette gegen E-Zigaretten eingetauscht hatte, protestierte er bereits in Brüssel gegen die EU-Dampfpolitik und ist gegenwärtig Mitglied der New Nicotine Alliance.
Natürlich sind weder die beiden prospektiven Kandidaten, Liam Bryan und Billy Marsden, noch ihre Unterstützer naiv genug, an einen Wahlsieg der Dampfer-Partei zu glauben. Bryan, der im Parlament seinen Sitz für Kingswood, Bristol, einnehmen würde, geht sogar noch weiter: „Meine Aussicht auf einen Wahlsieg ist nicht existent. Aber wir hoffen, dass unsere Chancen, die E-Zigaretten-Gesetze wirksam zu bekämpfen, besser liegen. Ich bin kein Politiker und würde auch keiner sein wollen. Mir geht es einfach um dieses eine Thema.“
Man könnte argumentieren, dass dies eine unrechtmäßige Instrumentalisierung des parlamentarischen Systems für ein reines Nischenbedürfnis ist. Doch das ist schlicht zu kurz gegriffen. Denn gegründet wurde die Partei aus der Entrüstung und dem Unglauben ob des Paragraphen 20 der neuen EU-Tabakregulierungsgesetzes, speziell des dort verankerten Verbots, für die E-Zigarette zu werben oder sich über sie auch nur positiv journalistisch zu äußern.
Auch in Deutschland gilt übrigens: Eine Parteiengründung muss keine Ambition nachweisen, möglichst alle bürgerlichen Interessengruppen zu vertreten. Es geht stattdessen um die Absicht einer Gruppe von Bürgern, über einen kontinuierlichen Zeitraum im Bund oder Ländern auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen zu wollen – und zwar im Einklang mit dem Parteiengesetz. Deshalb muss das Parteiprogramm auch nicht alle Gebiete des politischen Lebens umfassen, sondern lediglich konkrete, verfassungskonforme Ziele enthalten.
„Vapers in Power“ geht es deshalb um viel mehr als die englische Dampfer-Situation und die britische Dampfpolitik – sondern um die legislativen Prozesse auf EU-Ebene. Deshalb ist dieser Schritt in England auch relevant für uns. Die gesamte Dampfsituation ist längst auf eine supra-nationale Entscheidungsebene gehoben worden – und muss auch auf dieser von allen Mitgliedsstaaten konzertiert bekämpft werden! Die E-Zigaretten-Frage steht damit auch für eine viel umfassendere Katastrophe: nämlich die fragwürdige Verantwortungsabgabe gesundheitspolitischer Entscheidungen an eine gesetzgebende Instanz, die aufgrund ihrer inhärenten Struktur anfällig für Lobbyismus, Korruption und wissenschaftliche Ignoranz ist.
E-Zigaretten als Motoren eines besser funktionierenden, einfacher zu finanzierenden Sozialsystems
Für „Vapees in Power“ ist die Parteiengründung das Mittel der Wahl, diese politische Vakuum von innen zu exponieren, wie sie auf ihrer Webseite erläutern:
„Interessenverbände, Berufsverbände, Lobbyisten – sie alle können ignoriert werden. Politikern hingegen muss gestattet werden, ihre Meinung öffentlich zu bekunden. Wir werden nicht die Davide sein, die Goliath zur Strecke bringen – aber wir werden die Schlangen sein, die den politischen Goliaths bei jeder sich bietenden Gelegenheit beißen. Eben die Menschen, die für unser Wohlergehen verantwortlich sind, töten uns mit Lügen, Halbwahrheiten und blanker Ignoranz. Wir werden uns mit Schleudern ausstatten und endlich gehört werden!
Wir sind keine militanten Dampfer – nur ganz normale Menschen, die den enormen Unterschied für die Lebensqualität begrüßen, die diese einfache und effektive Alternative zum Rauchen ihnen ermöglicht hat. Die nächste britische Regierung muss begreifen, dass die Dampfer von heute und die Raucher, die die Dampfer von morgen sein werden, eine Zukunft verdient haben.
Es sind nicht nur [Einzelne und] Familien, denen das Dampfen hilft. Die ganze Nation profitiert davon. Milliarden Pfund können durch die unnötig werdende Behandlungen verhinderbarer Krankheiten eingespart werden. Die Produktivität steigert sich, da Arbeitnehmer viel seltener erkranken. Nicht länger würden multinationale Tabakfirmen Steuerflucht betreiben. Zollbeamte könnten sich auf Wichtigeres konzentrieren als die Jagd nach illegaler Zigaretteneinfuhr.
Das sind nur einige Beispiele der Finanzzuflüsse und Einsparungen, für deren Umsetzung die Regierung schon jetzt Unsummen ausgibt, während das Dampfen sie ihnen auf dem Silbertablett serviert. Die Regierung könnte Menschen dabei helfen, länger zu leben und dabei das Nationalbudget weiter ins Gleichgewicht bringen, indem sie schlicht gar nichts tut – sondern das Dampfen sich einfach organisch weiter entwickeln lässt, bis es das Rauchen in einigen Jahren ganz abgelöst hat.
Indem wir für die Parlamentswahlen 2015 ein oder zwei Kandidaten aufstellen, wollen wir sowohl die politische als auch die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Dampfen und seine Vorteile für Raucher und die Gesellschaft als Ganzes lenken.“
Ein dampfendes Parteiprogramm: Blaupause für eine deutsche Parteigründung?
Es ist faszinierend, wie parteipolitische Forderungen sich anhören, wenn sie pro-dampfen ausfallen. Um allen Dampfern und Demokraten eine Inspiration zu liefern, habe wir Zielsetzungen und Parteiprogramm der „Vapres in Power“ auszugsweise übersetzt.
„Die Partei strebt die Erfüllung ihrer Zielsetzung durch Umsetzung der folgenden Grundsätze an:
1.Die Aufhebung ungerechtfertigter und exzessiver Regulierungen durchzusetzen, die eine Weiterentwicklung der E-Zigarette behindern. Das Recht zu verteidigen, frei und ohne rechtliche Einschränkungen zu dampfen.
2.Den Gebrauch der elektrischen Zigarette und rauchfreien Tabaks zu unterstützen und sich der „Aufhören oder Sterben“ (“Quit or Die”) Ideologie der Tabakkontrollgruppen und ihrem Einfluss auf Politik und Gesetz zu widersetzen.
3.In einen Dialog mit allen Regierungsebenen und anderen zuständigen Behörden einzutreten, um die Rechte aller gegenwärtigen und zukünftigen Generationen von Dampfern zu repräsentieren und zu schützen.
Als angemessene Regulierung von E-Zigaretten betrachtet die Partei eine Ergänzung der bestehenden Verbraucherschutzregulierungen, die im Hinblick auf E-Zigaretten und E-Liquids wie folgt spezifiziert werden sollten:
- Wir setzen uns für eine neue Gesetzgebung ein, die den Verkauf an Minderjährige regelt.
- Wir verlangen angemessene Warnungen auf E-Liquid-Flaschen, die die tatsächliche Toxizität von Nikotin wiedergeben und allen relevanten Verpackungsvorschriften der EU (CLP/ „Classification, Labelling and Packaging“) entsprechen.
- Wir unterstützen die Durchführung finanzierbarer und effektiver Untersuchungen aller bekannten und möglichen Gefahrenstoffe in E-Liquids. Wir verlangen, dass E-Liquid-Hersteller nach den bereits existierenden Hygiene- und Sicherheitsvorschriften produzieren und entsprechend geprüft werden.
- Wir halten die existierenden Verbraucherschutzrechte für ausreichend, um einen genügenden Sicherheitsstandard für Batterien und Akkus zu gewährleisten. E-Zigaretten-Händler sollen ihren Produkten ausführliche Gebrauchsanweisungen hinsichtlich Batterie- und Ladesicherheit beifügen. Wir setzen uns auch für eine Beendigung des gefährlichen Austausches von 5V und 4,2V Ladegeräten ein.
- Wir verlangen eine Regulierung der angemessenen Entlüftung bei E-Zigaretten-Konsum, wo immer dies nötig ist
- Wir akzeptieren unter keinen Umstände, dass E-Zigaretten als entweder Tabak- oder Medizinprodukte klassifiziert werden, das sie in keine dieser Kategorien gehören. E-Zigaretten sollten als gewöhnlicher Konsumartikel eingestuft und reguliert werden.
Dampfen und die Gesellschaft
Das Dampfen bedarf einer breiten öffentlichen Unterstützung, wenn es weiter Leben retten soll.
- Wir werden Maßnahmen gegen betrügerische wissenschaftliche Berichte und Propaganda ergreifen, die Leben gefährden. Journalisten und Wissenschaftler, die Forschungsergebnisse verfälschend darstellen, sollten zur Rechenschaft gezogen werden – ihre Handlungen haben fatale Konsequenzen
- Wir werden die florierenden, kleinen E-Zigarette-Unternehmen unterstützen, die Innovationen im E-Zigaretten-Bereich vorantreiben und die regionale Wirtschaft als Arbeitgeber stärken
- Wir verlangen, dass die maximale Steuer für E-Zigaretten und E-Liquids auf dem Niveau der niedrigst möglichen Umsatzsteuer liegt. Es wäre moralisch unvertretbar, diese unvergleichlich weniger gefährliche Tabakalternative diesbezüglich wie Tabakprodukte zu behandeln.
- Wir werden das Recht des Einzelnen verteidigen, E-Zigaretten an allen unter freiem Himmel gelegenen, öffentlichen Plätzen zu dampfen.
- Wir werden das Recht des Einzelnen verteidigen, selbst zu entscheiden, ob E-Zigaretten innerhalb seiner Einrichtung und Immobilie genutzt werden dürfen.
- Wir werden öffentlich zugängliche Orte, Unternehmen und Institutionen mit den jeweils aktuellsten Informationen hinsichtlich des Dampfens in der Öffentlichkeit versorgen.
- Wir verpflichten uns zur Aufklärung und Bildung sowohl Einzelner als auch Körperschaften im Hinblick auf die Tatsachen zum E-Zigaretten-Gebrauch und der Schadensverminderung.
- Wir rufen alle Arbeitgeber, die den Gebrauch von E-Zigaretten am Arbeitsplatz untersagen, dazu auf, ihre diesbezüglichen Regelungen nochmals zu überdenken und zumindest Dampf-Räume einzurichten
- Wir werden das Recht verteidigen, E-Zigaretten in der Öffentlichkeit zu bewerben.“
Barrikaden brauchen viele Bausteine
Naturgemäß decken sich viele dieser Ziele mit denen der in Deutschland bereits vorhandenen Vereine wie etwa dem IG-ED. Wäre da eine eigene Parteigründung, abgesehen von dem punktuell aufflammenden Medieninteresse wie im Falle der neuen Titanic-Partei „Die Partei“ (die übrigens dank 184.79 Wählern und dem Wegfall der 3% Hürde nun einen monatlich zurücktretenden Abgeordneten nach Brüssel schicken können (Die Partei.de ) überhaupt wirksam?
Protestbewegungen und ziviler Widerstand sind systemische Prozesse – es ist unmöglich vorherzusagen, wann und warum ein „Nein“ laut genug und an den richtigen Stellen gehört wird, um von parlamentarischen Volksvertretern nicht mehr als irrelevant ignoriert werden zu können.
Lange, sehr lange (glaubt mir, ich war dabei) war der TTIP-Widerstand eine frustrierende, ermüdende Sisyphusarbeit scheinbarer Verschwörungstheoretiker, die zu belächeln die EU-Kommission sich leisten konnte. Doch ohne die unermüdliche Unterhöhlungsarbeit dieser Aktivisten gäbe es heute das TTIP-kritische Klima der allgemeinen Öffentlichkeit nicht – und genauso wird es mit der Deregulierung des Dampfens auch sein.
Verbandsarbeit, Parteiengründung, Petitionen, Demonstrationen, Lobbyismus, Journalismus, private Promotion, Guerillamarketing, Gerichtsverfahren – jeder dieser Steine hat sein eigenes Gewicht, um eine solide Barrikade gegen den politischen Schwachsinn der Dampf-Überregulierung zu errichten.
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