Ernährungsminister will Werbung für E-Zigaretten verbieten
Ernährungsminister Schmidt (CSU) will Plakat- und Kinowerbung für E-Zigaretten verbieten
Weil „eine allgegenwärtige Werbung in der Öffentlichkeit den Einstieg in das Rauchen aktiv fördert“ und Deutschland neben Bulgarien als einziges Land in der Europäischen Union die Außenwerbung für Zigaretten noch erlaubt, findet der Minister es jetzt an der Zeit, im Sinne der Tabakprävention eine entsprechende Regulierung umzusetzen. Und setzt gleich noch hinzu, dass ein derartiges Verbot ebenfalls für „elektronische Zigaretten“ gelten soll. Hernach setzt er sie im gleichen, mit der Bild geführten Interview, konsequent mit Tabakerzeugnissen gleich.
Schmidt sieht den Werbestopp als sinnvolle Ergänzung zu weiteren Meilensteinen des gesundheitlichen Verbraucherschutz wie etwa „die Verschärfung der Warnhinweise [auf den Verpackungen], das Verbot verharmlosender oder auch gesundheitsschädlicher Zusatzstoffe und das Abgabeverbote für E-Zigaretten an Kinder und Jugendliche“. Werbebeschränkungen sollen außerdem verhindern, dass „E-Zigaretten den Einstieg in das Rauchen fördern.“
Das TPD als Alibi
Damit formiert Schmidt gemeinsam mit seiner Parteifreundin, der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), eine Front gegen das Dampfen. Sie hat schon länger ein entsprechendes Werbeverbot für Dampfen und Liquids gefordert. Allerdings ist sie nicht für die entsprechende Umsetzung der neuen EU Tabakprodukt-Richtlinie (TPD) zuständig, die höchstwahrscheinlich eine opportune Grundlage für dieses Verbot schaffen soll – obwohl Plakatwerbung von der EU (noch) nicht beanstandet wird. Es fällt in Schmidts Ressort, ein Gesetz zur deutschen Umsetzung des TPD vorzulegen. Bis zum 2. Mai 2016 hat er dafür theoretisch noch Zeit.
Aus den anderen Parteien wird vorsichtige Zustimmung zum Vorschlag signalisiert. Andrea Wicklein, die stellvertretende wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, spricht sich ebenfalls „für die Ausweitung des Tabakwerbeverbots“ aus – selbst in bewusster „Abwägung der wirtschaftlichen Interessen der Tabakindustrie, die auf eine solche Werbung sehr großen Wert legt“.
Zigarettenindustrie läuft Sturm
Das tut sie tatsächlich: Der Deutsche Zigarettenverband (DZV) ist stinksauer. Geschäftsführer Jan Mücke warf Schmidt vor, seine Pläne stellten eine „beispiellose Wettbwerbsbeschränkung“ dar – stimmt auch irgendwie, solange Alkohol uneingeschränkt beworben werden darf. Lustigerweise behauptet Mücke auch, „ein Tabakwerbeverbot habe keinen signifikanten Einfluss auf die Raucherquote“ – was natürlich die Frage aufwirft: Wieso dann werben? Als Aufklärungsdienstleistung für vorhandene Raucher?
Auch der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ist entsetzt. Hauptgeschäftsführer Manfred Parteina beschwört geradezu sozialistische Zustände herauf, wenn er sich beschwert: „Damit würden für den betroffenen Wirtschaftszweig Grundregeln freier Märkte außer Kraft gesetzt. Eine vollständige Kappung des werblichen Kontakts zum erwachsenen Kunden stellt die Branche außerhalb des Systems der Marktwirtschaft.“ Wahrscheinlich hat er da freie mit sozialer Marktwirtschaft verwechselt.
Werbeverbot ist ein völlig falscher Ansatz
Was hingegen tatsächlich eine Aufklärungsleistung darstellen könnte, wären eben gerade Plakatwerbungen für E-Zigaretten. Statt diese per se zu verbieten, wäre die Bundesregierung viel besser daran, sich mit den Dampfverbänden und den Tabakkonzernen zusammenzutun und selbst verpflichtende Richtlinien für Dampfwerbung zu erarbeiten. Diese könnten einen sinnvollen Jugendschutz enthalten und gleichzeitig über die verhältnismäßigen Vorteile des Genussmittels
E-Zigarette im Vergleich zur Tabakzigarette informieren. Damit würde Schmidt einen Beitrag zum nachhaltigen Verbraucherschutz leisten.
Schmidt’s Verbotsgeheische ist nichts als Populismus. Denn wie Dutzende verzweifelter Werber ihm jederzeit durch extensive Marktforschungsstudien belegt nachweisen könnten, sind Kinder und Jugendliche für Plakatwerbung eine denkbar ungeeignete Zielgruppe – sie schauen einfach nicht hin. Außerdem wissen wir mittlerweile, dass das Gateway-Argument schwachsinnig ist. Nichtraucher greifen nicht zur E-Zigarette, ob Plakatwerbung oder nicht.
Wirklich schockierend ist, dass es sich hier offensichtlich nicht um ein durchdachtes Konzept handelt, das sich auf tatsächliches Konsumverhalten und verkaufs-psychologisches Datenmaterial stützt. Denn dann wüsste Schmidt: Positive Botschaften wirken fast immer effektiver als negative. Viel sinnvoller könnten Plakate sein, auf denen etwa die E-Zigarette als eine potenziell Möglichkeit vorgestellt wird, ein risikoärmeres Leben zu führen – auch wenn man noch keine Lust hat, auf Nikotin als Genussmittel zu verzichten.
Die zweite völlig kontraproduktive Aussage betrifft die Gleichstellung von E-Zigaretten mit Tabakprodukten. Die E-Zigarette ist im Fall des Falles ein Nikotinprodukt, das den Konsum von Tabak eben gerade überflüssig machen kann. Immer weiter auf dieser schlicht falschen Produktbeschreibung herumzureiten, entlarvt Schmidt als für die Vertretung des Verbraucherschutzes so fähig wie der Weihnachtsmann zum Ostereier legen.
Big Tobacco sieht TPD-Deadline als unrealistisch an
Interessant ist übrigens, dass Big Tobacco die TPD-Frist jetzt schon als unhaltbar einstuft. Ralf Wittenberg, Deutschlandchef des Tabakkonzerns British American Tobacco (BAT), glaubt nicht mehr, dass die EU-Tabakrichtline pünktlich umzusetzen sei. Es läge ja noch gar kein Regelwerk vor, aufgrund dessen in Produktion gegangen werden könne – allein die Umstellung für den Schockbilder-Abdruck auf den Schachteln bedürfe etwa ein Jahr Vorbereitung.
Zudem sind die Kosten immens, die sich nicht für alle Zigarettenmarken lohnen. Wittenberg hat angekündigt, dass aus seinem Haus Golden American, Winfield, Peer 100, Lux und Krone nicht mehr weitergeführt werden würden; für HB, Prince Denmark und Lord sei die Zukunft ungewiss. Auch Reemtsma wird fünf Marken vom Markt nehmen: Route 66, Fairwind, Eckstein, Juno ohne Filter und Salem. JTI nimmt Reyno aus dem Programm.
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Dafür braucht man nicht einmal die BLÖD zu lesen. Ein Blick in die Referentenentwürfe zum TabakprodukteG und zur TabakprodukteV zeigen, dass es in den kommenden Gesetzen so geregelt und verankert sein wird.