Dampfen – ein Milliarden-Markt entsteht

Dampfen ein Markt entsteht

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Die Zukunft des Dampfens: Echte Revolution oder nur ein neuer Milliardenmarkt im Werden?

Ich erinnere mich noch an die ersten Mobiltelefone, ziegelsteingroße, überirdisch teure Brocken, deren Sinn sich mir in keinster Weise erschloss – wozu gab es schließlich Anrufbeantworter und Telefonzellen? Jedenfalls waren mein erster Gedanke beim Anblick dieser unhandlichen Boxen nicht, Zeuge einer Revolution zu sein. Jetzt fühle ich mich nackt, wenn mein Handy zuhause auf dem Küchentisch geblieben ist. Und nicht nur das: Aus der reinen Möglichkeit, von unterwegs miteinander in Kontakt zu treten, ist ein milliardenschwerer Markt geworden, in dem Telefonieren nur mehr Nebenerscheinung ist und der die Kommunikation revolutioniert hat (übrigens ließen sich die gleichen Analogien für das Internet aufmachen).

Manchmal kommt es mir vor, als stünde die elektrische Zigarette eben jetzt auf dem Sprungbrett zu einer ähnlichen Entwicklung. Aus einer technischen Erfindung ist ein Lebensstil geworden; aus einem experimentellen Produkt ein milliardenschwerer Markt; aus einer schlichten Aktivität (dem Inhalieren erhitzter Materie) eine Philosophie und Lebenseinstellung, die ein vor wenigen Jahren ungeahntes Maß an oppositioneller Energie und Bürgerengagement freisetzt.

Mit einem Wort: Dampfen hat sich zur Kultur entwickelt – und wo eine neue Kultur im Werden ist, da wartet immer auch ein expandierender Markt sowie die Notwendigkeit und das Bedürfnis, zu kommunizieren. Beides ist in den letzten zwölf Monaten explodiert. Nicht nur sind alle großen Tabakkonzerne in den Dampf-Markt eingestiegen, die meisten durch Aufkäufe zuvor unabhängiger Produzenten, andere durch den Launch eigener Produkte. Auch unabhängige Investoren, die bekannt sind für ihren guten Riecher in Sachen „Next Big Thing“ wie etwa Facebook & Napster Mitmischer der ersten Stunde, Sean Parker, investieren zweistellige Millionenbeträge in eCigarette-Produzenten.

E-Zigaretten erobern weltweit die großen Drogerieketten, Supermärkte und Tankstellen. Inzwischen können Dampfer zwischen mehr als 200 Marken auswählen. In den westlichen Industrienationen hat sich die Anzahl der Dampfer in den letzten zwei Jahren durchschnittlich verdreifacht. Ernst zu nehmende Tabakmarkt- Analysten wie Bonnie Herzog von Wells Fargo sagen vorher, dass der Umsatz mit E-Zigaretten den mit Tabakzigaretten innerhalb der nächsten zehn Jahre überholen wird.

Aber auch vorsichtigere Schätzungen kalkulieren mit einem weltweiten Umsatz von 10 Milliarden Dollar bis 2017 – auch wenn die E-Zigarette weltweit momentan nur etwa 2% des Jahresumsatzes von Tabakzigaretten ausmacht und ihre Zukunft hinsichtlich Regulierungen, Besteuerung und technologischen Innovationen schwer vorherzusagen ist. Doch bereits heute eignen sich Dampfgeräte als ausgezeichnetes Werberahmenprogramm und Kommunikationskanalfutter.

Rund um Geräte und Liquids haben sich in fast allen Ländern, und gerade in Deutschland, vielfältige Online- Aktivitäten entwickelt. Sie zeichnen sich durch ein hohes Maß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit aus, indem sie hauptsächlich auf den Sozialen-Medien-Kanälen stattfinden und von branchen-affinen, aber nicht für die Branche arbeitenden Privatleuten initiiert werden. Dies gilt für die vielen You-Tube-Kanäle zum Thema Dampfen wie zum Beispiel Dampferhimmel, Dampfmacher und Dampferkanal, ebenso wie für Blogs und Foren, aber auch für „Offline-Netzwerke“ wie Vereine oder Stammtische und Printmedien wie Magazine und Bücher.

Das Dampfen war von Anfang ein Community-Phänomen. Vielleicht, weil es sich gemeinsam besser gegen eine schlechte Gewohnheit kämpfen lässt, als allein. Vielleicht auch, weil hier die intuitive Überzeugung am Werk war, dass nur eine geschlossenen Front der Zigarettenlobby etwas entgegenzusetzen hat, wenn es um die Einflussnahme auf Politik und Legislatur geht. Das neue Smart Pack von Blu Cigs illustriert diese Tatsache: Welche Zigarettenfirma käme ernsthaft auf die Idee, ihre Packs mit einem Sensor auszustatten, der dem Träger anzeigt, dass ein anderer Raucher derselben Marke gerade in der Nähe ist – um ihm so die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme zu geben? Nun, Blu Cig hat eben diese Möglichkeit soeben in ihr Packaging integriert – und ob ein E-Zigaretten Laden in der Nähe ist, teilen die Sensoren per Vibrationsalarm auch gleich mit.

Damit ist die elektrische Zigarette nun alles das, was eine echte Revolution 2.0 ausmacht: Sie hat das Potenzial, Lebensqualitäten radikal zu verändern; sie schafft einen völlig neuen, über kommende Jahrzehnte auch durch Gesetze in seinem Wachstum schwer aufhaltbaren Markt; um sie herum generiert sich eine reale, on- und offline organisierte Gemeinschaft, die bereit ist, ihre inhärenten Vorzüge vor Autoritäten und Wirtschaftsinteressen zu vertreten (ob dies beim zunehmenden Eintritt in den Mainstream so bleibt, wird sich zeigen).

Mit einem Wort: Die E-Zigarette hat sich endgültig aus der Nische heraus katapultiert. Jetzt wird sich zeigen, ob sie damit zum Spielball der üblichen Kapitalverdächtigen wird – oder ob es ihr gelingt, zum Vorzeigeobjekt einer sich selbst organisierenden Kultur zu werden, die sich nicht von Lobbyisten-Interessen und Niedrigpreiskämpfen zersplittern lässt.

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