EU Trilog Beschluss zur E-Zigarette
Der EU Trilog Beschluss zur E-Zigarette
Die EU – und damit sind ausnahmsweise alle ihre legitimen Organe gemeint, nicht nur die Lobbyisten-gesteuerte Kommission – hat sich im Dezember 2013 auf eine gemeinsame Position hinsichtlich der Überarbeitung der Tabakprodukterichtlinie geeinigt. Im Zuge dessen haben Europaparlament, Rat und EU-Kommission auch eine Regelung zur elektronischen Zigarette vorgelegt, die ist aus demokratischer Sicht im wahrsten Sinne des Wortes unglaublich ist.Besonderes Augenmerk wurde bei der TPD2 auf den Artikel 18 gelegt, der nikotinhaltige Erzeugnisse und mithin elektronische Zigaretten betrifft. Nun war schon zu Beginn der Verhandlungen bekannt, dass hier sehr konträre Positionen aufeinander treffen würden. Diese Tatsache reicht aber bei weitem nicht aus, um die unnötig komplizierte und nach gesundem Menschenverstand wie juristischer Logik völlig verwirrende neue Regelung zu erklären, die nun entstanden ist. Anders ausgedrückt: Hier handelt es sich um mehr als nur um einen faulen Kompromiss. Denn im Ergebnis sollen die allem wissenschaftlichen Ermessen nach weniger gesundheitsgefährdenden eZigaretten zukünftig strenger reguliert sein als herkömmliche Tabakzigaretten (die weiterhin 24 Stunden lang überall erhältlich sind).
Wissenschaftliche Argumente werden ignoriert
Die Einzelheiten sind noch nicht vollständig geklärt bzw. nicht veröffentlicht, aber prinzipiell sieht die neue Regelung das Folgende vor. Eine Zulassung als Arzneimittel muss für eine E-Zigarette zukünftig immer dann vorgenommen werden, wenn entweder der Hersteller sein Produkt als medizinisch wirksam bewerben möchte, zum Beispiel mit dem Argument einer dadurch erleichterten Rauch- bzw. Nikotinentwöhnung oder wenn im Liquid eine Nikotinkonzentration von über 20 mg/ml vorliegt. Dieser Schwellenwert wird ohne jedwede Bezugnahme auf irgendeine wissenschaftliche Grundlage gesetzt.
15 Wissenschaftler wenden sich in einem Brief an EU Gesundheitsminister Tonio Borg und die MEPs (englisch)
E-Zigaretten: die Fehler in der neuen EU-Richtlinie für Tabakerzeugnisse entdeckt (deutsche Übersetzung)
Willkür
Zusätzlich hierzu wird den jeweiligen Gesundheitsbehörden der Mitgliedstaaten die Entscheidung überlassen, ob eine E-Zigarette wie ein Medizinprodukt wirkt (und zwar völlig unabhängig von der Meinung oder Werbung des Herstellers) und daher eine Zulassung braucht. Wie die Begründungskriterien hierfür aussehen sollen, ist noch unklar.
Studie innerhalb von 2 Jahren
Wie in diesem Zusammenhang Nachfüllflaschen bewertet werden sollen, war wohl bis zum Schluss hitzig umstritten. Nun bleiben Nachfüllflaschen mit bis zu 10 ml Inhalt durchgängig erlaubt. Gleichzeitig ist innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie eine durch die Kommission beauftragte Studie durchzuführen, welche die im Zusammenhang mit nachfüllbaren Kartuschen (Die Kommission spricht von Kartuschen, gemeint sind aber Flaschen) entstehenden Gesundheitsrisiken untersucht. Das an sich ist ja zu begrüßen, zumindest in der Hoffnung, dass diese sich objektive, wissenschaftlichen Kriterien unterwirft.
Demokratie wird mit den Füssen getreten
Als ob das alles nicht paradox genug wäre und bereits in dieser Form jedes gesundheitspolitischen Sinns entbehren würde, tritt jetzt die völlige Willkür auf den Plan. Denn ungeachtet alles bereits gesagten können Mitgliedstaaten beim Vorliegen „gewichtiger Gründe“ ihrer Definition nach angemessene Maßnahmen hinsichtlich bestimmter E-Zigaretten-Produkte festlegen. Die EU-Kommission prüft in diesem Fall deren Verhältnismäßigkeit (im Verhältnis zu was, fragt man sich). Sollten mindestens drei Mitgliedstaaten identische Maßnahmen erlassen, kann die Kommission diese Regelungen mittels delegiertem Rechtsakt auf die gesamte Union ausweiten. In der Theorie könnten dies auch erleichternde Bestimmungen sein. In der Praxis wissen aber alle, dass es sich vermutlich um Einschränkungen und Verbote handeln wird.
Das also ist aus dem Versuch geworden, den Irrsinn des ursprünglichen Kommissionsvorschlags, alle E-Zigaretten immer der Arzneimittelzulassung zu unterwerfen, abzuschwächen: Eine Regelung, die die Tabaklobby wahrscheinlich noch in diesem Moment mit Champagner und dicken Zigarren feiert, bevor sie sich dann daran macht, konzertiert und parallel die Abgeordneten dreier EU-Länder in ihrem Sinne anzugehen.
Rechtssicherheit und Demokratie sehen jedenfalls anders aus. Persönlichkeitsrechte und mündiges Bürgertum scheinen für die Brüsseler zwei komplette Fremdworte zu sein. Selbst wenn es von Politikern zu viel verlangt zu sein scheint, innovativ zu denken: Sie dürften sich zumindest nicht blanker Logik und zugänglichem Datenmaterial verschließen.
Widerstand 2014
2014 muss deshalb das Jahr des Widerstandes gegen diese Form der entmündigenden Legislative und unangebrachten staatlichen Kontrolle werden. Das geht nicht nur Dampfer an. Denn wie hier EU-Politik gemacht wird, ist exemplarisch für eine generelle totale Entfremdung der Brüsseler Entscheidungsträger vom Willen des Volkes und der Verbraucher – die zuhause in den Mitgliedsländern immerhin den Arbeitgeber dieser Gruppe von Menschen stellt. Nun muss eben direkte Demokratie praktiziert werden, in den sozialen und den herkömmlichen Medien, durch Petitionen, auf der Straße, wenn es nicht anders geht.
Ein Maulkorb für alle
Irritierenderweise wollte (und will) die Kommission diesem demokratischen Meinungsbildungsprozess aber bereits vor Entstehen einen Riegel vorschieben. In den revidierten Forderungen zum TPD2 findet sich ein Passus, der unter dem fadenscheinigen Deckmantel eines Werbeverbotes (analog zu dem für Tabakzigaretten) „jede Form eines öffentlichen oder privaten Beitrags zu Radioprogrammen mit dem Ziel oder der direkten oder indirekten Wirkung der Förderung der elektronischen Zigaretten“ verbieten und „jede Form öffentlicher oder privater Beteiligung an jeglicher Veranstaltung, Aktivität oder individueller Unternehmung, die das Ziel oder die direkte oder indirekte Wirkung hat, elektronische Zigaretten zu fördern und unter Einbeziehung mehrerer Mitgliedstaaten stattfindet oder anderweitige grenzüberschreitende Wirkung hat“ untersagen will.
Totalverbot für alle Interessengruppen
In praktischen Worten heißt dies nicht anderes, als ein angestrebtes Totalverbot jedes dem Dampfen positiv gegenüber eingestellten Onlineforums, sei es ein Blog, eine Netzwerkplattform (z.B. Facebook), ein Videokanal (z.B. You Tube oder Vimeo) oder auch ein Onlinemedium eines Interessen- und Verbraucherverbandes. Das kommt einer absoluten Einschränkung der Meinungsfreiheit gleich. Dass die Kommission sich überhaupt traut, einen derartigen Ruf nach Zensur öffentlich zu machen, sagt viel über die Wertschätzung demokratischer Grundpfeiler in Brüssel aus – und muss mit einer deutlichen Gegenbewegung beantwortet werden.
Interessierte Bürger können hier an der Europäischen Bürgerinitiative für ein freies Dampfen teilnehmen.
Update 26.02.2014
Heute wurde die Tabakproduktrichtline im EU Parlament abgestimmt. Details sind uns noch nicht bekannt. So viel jedoch schon vorab: Frau McAvan konnte sich mit ihren Vorstellungen durchsetzen. Ein schwarzer Tag für alle Dampfer. Ein ausführlicher Artikel über die Konsequenzen des EU Beschlusses folgt in kürze. Es besteht kein Grund zu Hamster- oder Panikkäufen. Der Beschluss muss noch durch den Ministerrat und die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht kann bis zu 2 Jahre und länger dauern.
Weiterführende Informationen:
Die Ideologie der Tabakkontrolle in einer europäischen Produkterichtlinie
Die E-Zigarette gehört nicht in die Tabakproduktrichtlinie!
Gemeinsames europäisches Statement
Die EU – Marionette der Pharmaindustrie
Falsches Spiel der EU – Die Karten sind verteilt
Die EU – Falsches Spiel Teil II
Raus aus der EU Tabakprodukterichtlinie!