Ausbau der Erdwärme in Deutschland: Pläne und Potenziale
Beschleunigte Genehmigungsverfahren für Geothermieprojekte
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) plant, den Ausbau der Erdwärmeversorgung in Deutschland deutlich zu beschleunigen. Ein neuer Gesetzentwurf sieht vor, die Genehmigungsverfahren für Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeicher zu vereinfachen und rechtliche Hemmnisse abzubauen. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, bis 2030 zehn Terawattstunden Wärmeenergie aus Erdwärme zu gewinnen.
Geothermie als Schlüssel zur Erreichung der Klimaziele
Geothermie spielt eine zentrale Rolle bei der Reduktion von Treibhausgasemissionen. Laut BMWK ist Geothermie eine klimaneutrale, unerschöpfliche und zuverlässige Energiequelle, die ganzjährig zur Verfügung steht und auch hohe Wärmebedarfe decken kann. Unter bestimmten Bedingungen könnte in Deutschland rund ein Viertel des Wärmebedarfs durch tiefengeothermische Systeme gedeckt werden.
Vereinfachung der Genehmigungsverfahren
Aktuell dauern Genehmigungsverfahren für Geothermieprojekte oft mehrere Jahre und sind mit erheblichem bürokratischem Aufwand verbunden. Der Gesetzentwurf sieht vor, die Verfahren sowohl für tiefe als auch für oberflächennahe Geothermie zu vereinfachen. Diese Anlagen sollen künftig wie Wind- und Solaranlagen als Projekte von überragendem öffentlichen Interesse eingestuft werden. Änderungen im Berg-, Wasser- und Naturschutzrecht sowie festgelegte Höchstfristen für Genehmigungsverfahren und beschleunigte Rechtsmittelverfahren sind ebenfalls Teil des Entwurfs.
Technologische Aspekte der Geothermie
Geothermie, auch Erdwärme genannt, nutzt die in der Erdkruste gespeicherte Wärmeenergie. Diese kann sowohl für die Wärmeversorgung als auch zur Stromerzeugung genutzt werden. In Deutschland steigt die Temperatur in der Erdkruste durchschnittlich um drei Kelvin pro 100 Meter Tiefe. Es wird zwischen oberflächennaher und tiefer Geothermie unterschieden:
Oberflächennahe Geothermie
Oberflächennahe Geothermie nutzt die Erdwärme aus bis zu 400 Metern Tiefe. Diese relativ geringen Temperaturen werden durch Wärmepumpen auf ein nutzbares Niveau gebracht. Diese Methode wird hauptsächlich zur Beheizung und Kühlung von Gebäuden eingesetzt und zählt zur Umgebungswärme.
Tiefe Geothermie
Tiefe Geothermie erschließt Wärmereservoire in Tiefen von mehreren Kilometern. Diese Technik ermöglicht es, ganze Stadtviertel mit Heizwärme zu versorgen oder bei ausreichend hohen Temperaturen auch Strom zu erzeugen. Tiefe Geothermieanlagen sind wetterunabhängig und können das ganze Jahr über umweltfreundliche Energie liefern. Beispiele für erfolgreiche Projekte gibt es in München, wo die Stadtwerke bereits sechs Geothermiekraftwerke betreiben und ein weiteres in Planung haben.
Chancen und Herausforderungen der Geothermie
Die Nutzung von Geothermie birgt großes Potenzial für eine nachhaltige Energieversorgung. Die Umwelteffekte sind lokal begrenzt und technisch beherrschbar. Allerdings gibt es auch Herausforderungen, wie das Risiko von induzierten Erdbeben und mögliche Beeinträchtigungen des Grundwassers. Erfahrungen aus Projekten in der Schweiz und Frankreich zeigen, dass geologische und technische Risiken sorgfältig gemanagt werden müssen.
Geologische und technische Risiken
Während der Ausbau der Geothermie viele Vorteile bietet, sind auch potenzielle Risiken zu berücksichtigen. Induzierte Erdbeben sind eine bekannte Herausforderung bei der tiefen Geothermie. In einigen Projekten in der Schweiz und Frankreich wurden solche Beben beobachtet. Diese Risiken sind jedoch in Deutschland durch sorgfältige Planung und moderne Technologien beherrschbar.
Auch die potenzielle Verunreinigung des Grundwassers durch chemische Substanzen, die im Thermalwasser gelöst sein können, ist ein Aspekt, der ernst genommen werden muss. Moderne Geothermieanlagen sind darauf ausgelegt, diese Risiken zu minimieren und das Wasser in einem geschlossenen Kreislauf zu halten, um Umweltauswirkungen zu verhindern.
Erfolgreiche Projekte und staatliche Unterstützung
Die Bundesregierung plant, bis 2030 mindestens 100 zusätzliche Geothermieprojekte anzustoßen, die zusammen zehn Terawattstunden Wärme produzieren könnten. Ein staatliches Erkundungsprogramm soll helfen, die Risiken für Unternehmen zu minimieren und die geothermischen Potenziale in Deutschland besser zu erschließen. Angesichts der aktuellen Energiekrise und der hohen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen könnte Geothermie zu einem wichtigen Baustein für die zukünftige Energieversorgung werden.
Perspektiven und langfristige Ziele
Die langfristigen Ziele der Bundesregierung sehen vor, dass bis 2040 ein Viertel des deutschen Wärmebedarfs durch tiefe Geothermie gedeckt werden könnte. Dies erfordert jedoch erhebliche Investitionen und eine schnelle Umsetzung der geplanten Maßnahmen. Derzeit sind in Deutschland 42 Geothermiekraftwerke in Betrieb, und die Regierung hat angekündigt, bis 2030 noch 100 weitere ans Netz bringen zu wollen.
Geothermie als Teil der Energiewende
Die Geothermie könnte eine Schlüsselrolle bei der deutschen Energiewende spielen. Ihre Fähigkeit, kontinuierlich und unabhängig von Wetterbedingungen Wärme und Strom zu liefern, macht sie zu einer stabilen und verlässlichen Energiequelle. Zudem bietet sie die Möglichkeit, die Wärmeversorgung zu dekarbonisieren und so einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Wer kann Geothermie nutzen?
Private Haushalte
Private Haushalte profitieren besonders von der oberflächennahen Geothermie. Diese Form der Geothermie nutzt die Wärme aus bis zu 400 Metern Tiefe, um Einfamilienhäuser und kleinere Gebäude zu heizen und zu kühlen. Mithilfe von Wärmepumpen kann die gewonnene Erdwärme effizient genutzt werden, wodurch Heizkosten gesenkt und gleichzeitig der CO₂-Ausstoß reduziert werden können. Besonders gut eignet sich Geothermie für Neubauten oder energetisch sanierte Altbauten.
Gewerbe und Industrie
Auch Unternehmen und Industrieanlagen können die Vorteile der Geothermie nutzen. Durch die Installation von Geothermieanlagen können große Gewerbegebäude, Bürokomplexe und Produktionsstätten beheizt und gekühlt werden. Besonders in Bereichen mit hohem Energiebedarf, wie der Lebensmittelproduktion oder in Rechenzentren, bietet Geothermie eine zuverlässige und kosteneffiziente Energiequelle.
Kommunen und Städte
Städte und Gemeinden haben die Möglichkeit, Geothermie für die kommunale Wärmeversorgung zu nutzen. Große Geothermieanlagen können ganze Stadtviertel oder Fernwärmenetze mit Heizwärme versorgen. Dies reduziert die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und trägt zur Erreichung der Klimaziele bei. Erfolgreiche Beispiele gibt es in Städten wie München, wo Geothermie bereits einen erheblichen Anteil an der Wärmeversorgung ausmacht.
Landwirtschaft
In der Landwirtschaft bietet Geothermie vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Gewächshäuser können durch geothermische Wärme beheizt werden, was das Wachstum von Pflanzen unabhängig von der Außentemperatur fördert. Auch landwirtschaftliche Betriebe können ihre Gebäude und Ställe effizient beheizen und so Energiekosten sparen.
Öffentliche Einrichtungen
Öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser, Verwaltungsgebäude und Sporthallen können ebenfalls von Geothermie profitieren. Durch die Nutzung dieser nachhaltigen Energiequelle können öffentliche Einrichtungen ihre Betriebskosten senken und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Vorteile der Geothermienutzung
- Kosteneffizienz: Geothermie senkt langfristig die Energiekosten.
- Umweltschutz: Reduziert CO₂-Emissionen und schont fossile Ressourcen.
- Zuverlässigkeit: Unabhängig von Wetterbedingungen, bietet sie ganzjährig stabile Energieversorgung.
- Nachhaltigkeit: Erdwärme ist eine nahezu unerschöpfliche Energiequelle.
Wer kann Geothermie nutzen und an wen sollten Sie sich wenden?
1. Energieberater
Ein Energieberater kann Ihnen helfen, die Möglichkeiten und Vorteile der Geothermienutzung für Ihr Gebäude zu bewerten:
- Deutsche Energie-Agentur (dena): https://www.dena.de/themen-projekte/gebaeude/energieberatung-fuer-haushalte/
2. Fachbetriebe für Geothermie
Spezialisierte Fachbetriebe bieten Beratung, Planung und Installation von Geothermieanlagen an:
- Bundesverband Wärmepumpe e.V. (BWP): https://www.waermepumpe.de/fachpartner/fachpartner-suche/
- Bundesverband Geothermie: https://www.geothermie.de/biv/mitglieder/mitgliederliste.html
3. Geologische Dienste und Behörden
Regionale geologische Dienste können Ihnen wichtige Informationen zu den geologischen Voraussetzungen an Ihrem Standort geben:
- Geologischer Dienst NRW: https://www.gd.nrw.de
- Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie Niedersachsen (LBEG): https://www.lbeg.niedersachsen.de
4. Kommunale Energieversorger
Viele Stadtwerke bieten spezielle Programme und Beratungen zur Nutzung von Geothermie an:
- Stadtwerke München: https://www.swm.de/privatkunden/m-und-e/energie-zukunft/erneuerbare-energien/geothermie
- Hamburg Energie: https://www.hamburgenergie.de
5. Ingenieurbüros und Planungsbüros
Ingenieurbüros mit Erfahrung im Bereich erneuerbare Energien und Geothermie bieten umfassende Dienstleistungen:
- Ingenieurbüro für Geothermie Dr. Sauer: https://www.ibg-geothermie.de
- Geothermische Energiegesellschaft mbH: https://www.geothermie.de
6. Fördermittelberatungsstellen
Informieren Sie sich über staatliche Förderprogramme für Geothermieprojekte:
- BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle): https://www.bafa.de/DE/Energie/Energieeffizienz/Waermepumpen/waermepumpen_node.html
- KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau): https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Bestandsimmobilien/Finanzierungsangebote/Erneuerbare-Energien-Standard-(270)/
7. Online-Ressourcen und Informationsportale
Nutzen Sie Online-Ressourcen für weiterführende Informationen zur Geothermienutzung:
- Bundesverband Geothermie: https://www.geothermie.de
- Deutsche Energie-Agentur (dena): https://www.dena.de/themen-projekte/projekte/geothermie/
Beispiele für erfolgreiche Geothermieprojekte
1. München – Stadtwerke München (SWM)
Die Stadtwerke München betreiben mehrere Geothermiekraftwerke, die große Teile der Stadt mit Wärme versorgen:
2. Berlin – Berliner Senat
Der Berliner Senat hat mehrere Tiefenbohrungen in Auftrag gegeben, um das Potenzial der Geothermie zu nutzen:
- Bericht auf 3sat/nano
3. Graben-Neudorf – Deutsche Erdwärme
In Graben-Neudorf wird ein großes Geothermieprojekt umgesetzt, um Strom und Wärme zu erzeugen:
Fazit
Die geplanten Maßnahmen des Bundeswirtschaftsministeriums könnten den Ausbau der Erdwärmeversorgung in Deutschland erheblich voranbringen. Geothermie bietet eine klimaneutrale und zuverlässige Energiequelle, die zur Erreichung der Klimaziele beitragen kann. Durch vereinfachte Genehmigungsverfahren und staatliche Unterstützung sollen die rechtlichen und wirtschaftlichen Hürden überwunden und das große Potenzial dieser Technologie genutzt werden.
Die Erschließung und Nutzung von Geothermie erfordert jedoch sorgfältige Planung und den Einsatz modernster Technologien, um die damit verbundenen Risiken zu minimieren und eine nachhaltige Energieversorgung sicherzustellen. Die Geothermie könnte so zu einem wichtigen Baustein der deutschen Energiewende und zur Erreichung der Klimaziele werden.
Für weitere Informationen und Einblicke in die Entwicklungen der Geothermie und die Chancen auf ein Revival, sehen Sie das Video auf 3sat/nano.