Öffentliche Anhörung zur E-Zigarette
Am 17. Februar 2016 findet in Berlin eine öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung: „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse (BT-Drucksache 18/7218)“ statt. Eingeladen hat der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft des deutschen Bundestages.
Zu diesem Anlass lohnt es sich mal, die Liste der eingeladenen Sachverständigen näher zu betrachten.
Es sind insgesamt sechs. Zwei davon sind „Interessenvertreter und Institutionen“: die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS), vertreten durch Dr. Raphael Gaßmann und der Verband der Rauchtabakindustrie e.V. (VdR), vertreten durch seinen Hauptgeschäftsführer Michael von Foerster.
Mit anderen Worten, hier finden sich nur zwei der drei essenziellen „Stake-Holder“ dieses neuen Gesetzes, die Anti-Tabak-Aktivisten und die Tabak-Lobby. Für die Dampfer findet sich keine Interessenvertretung. Warum eigentlich nicht? Sind wir nicht eingeladen worden?
Die DHS ist Mitunterzeichnerin des unsäglichen „Memorandums“ des DKFZ „zur gesetzlichen Regulierung von nikotinhaltigen und nikotinfreien E-Zigaretten„, das wir ausführlich dekonstruiert und der wissenschaftlichen Fehlinformation schuldig gesprochen haben. Die DHS verbreitet auf ihrer Webseite diverse, von Dr. Pötschke-Langer verfasste Materialien, die sich kritisch gegen die E-Zigarette äußern. Im Jahrbuch „Sucht“ subsumiert das DHS die E-Zigarette unter die Kategorie „Tabak“ und beklagt in diesem Zusammenhang, der „Anteil der Raucher ab 16 Jahren, die schon einmal E-Zigaretten ausprobiert haben, ist im Zeitraum von 2012 bis 2014 von rund 6% auf 19% gestiegen“. Mehr muss ich wohl zu der Positionierung des DHS im Bezug aufs Dampfen nicht ausführen.
Kommen wir zu den Einzelsachverständigen
Da findet sich an erster Stelle Dr. Martina Pötschke – Langer vom Deutsches Krebsforschungs-zentrum (DKFZ). Für all diejenigen, die mit dem Thema weniger vertraut sind: Dr. Pötschke-Langer möchte die E-Zigarette mit Stumpf und Stiel ausrotten und dampf- und klanglos verschwinden lassen.
Ich bin vor allem gespannt, wie sie auf die folgende Frage antworten wird: „Welche bundespolitischen Maßnahmen sollten nach Ihrer Auffassung erfolgen, um die wissenschaftliche Erkenntnis, dass die Gesundheitsgefahren des E-Zigarettenkonsums erheblich geringer sind als die des Tabakrauchens, für die Nikotinentwöhnung von Raucherinnen und Rauchern zu nutzen?“ (Alle diskutierten Fragen sind in der veröffentlichten Einladung zur Anhörung gelistet, siehe Link). Wobei es erfreulich ist, dass die erhebliche geringeren Gesundheitsgefahren an dieser Stelle bereits als gesicherte, wissenschaftliche Erkenntnis in den Raum gestellt werden.
Der nun folgende Sachverständige, Dr. Tobias Effertz vom Institut für Recht und Wirtschaft der Universität Hamburg muss sich Dr. Pötschke-Langer nicht erst vorstellen: die beiden arbeiten zusammen. Effertz hat etwa die Kosten des Rauchens für Deutschland berechnet und in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum als Factsheet in der Reihe „Aus der Wissenschaft – für die Politik“ veröffentlicht und ist gern gesehener Redner auf der Konferenz für Tabakkontrolle. Dass er Dr. Pötschke-Langer in Fragen der E-Zigarette, die nicht zu seinen Spezialgebieten gehört, kritisch ins Wort fallen wird, ist absolut unwahrscheinlich.
Es folgt Prof. Dr. rer. nat. Lutz Engisch, der eine Professur für Werkstoffe an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) inne hat. Da seine Schwerpunkte Werkstoffe, Packstoffe und Technische Anwendungen sind, wird er wohl zu den technischen Herausforderungen der (unmöglich) fristgerechten Umsetzung der TPD im Hinblick auf die Umstellungen von Verpackungen und Produktion sprechen. Dies ist für Dampfer nur insofern interessant, als das zuständige Ministerium das Parlament bereits „in Demut“ (ich zitiere) gebeten hat, hinsichtlich der Ratifizierungsfrist bis zum Mai 2016 ein Auge zuzudrücken und der Tabakindustrie eine zusätzliches Zeitkontingent bis Ende des Jahres einzuräumen – was uns, nebenbei gesagt, Millionen Euros an Strafgebühren an die EU kosten wird. Von einem Aufschub für die E-Zigarettenindustrie war in diesem Kontext nicht ein einziges Mal die Rede; was wiedermal beweist, dass die Gleichstellung von Rauchen und Dampfen nur greift, wenn es steuerrechtlich bequemt.
Mit anderen Worten: Bis hierhin versammeln sich am 17. Februar Gegner, Lakaien und Unbeteiligte, um über das gesetzliche Schicksal der E-Zigarette befragt zu werden – drei davon mit unmittelbarer Anbindung ans DKFZ, nur für diejenigen, die gerne „Verschwörungstheorie“ rufen, wenn die Einseitigkeit des Informationsflusses transparent gemacht wird.
Gut, dass zum Ende hin noch ein Lichtblick folgt: Prof. Dr. Bernhard-Michael Mayer, Bereichsleiter Pharmakologie & Toxikologie des Instituts für Pharmazeutische Wissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz. Prof. Mayer ist einer der vehementesten Fürstreiter des freien Dampfens im deutschsprachigen Raum und der einzige deutschsprachige Wissenschaftler, der sich kontinuierlich, mutig, mit exzellentem Sachverstand und immer bestens informiert für eine potenzial-orientierte, legislative Behandlung der E-Zigarette und des Dampfens einsetzt. Dass Prof. Mayer auf Betreiben von politischen Kräften eingeladen wurde, die das Gesetz nicht mit entworfen haben, versteht sich von selbst.
Es ist eine Zumutung, dass die Verantwortung für eine sachliche, dezidierte Beantwortung der vorliegenden Fragen zur E-Zigarette nun auf Prof. Mayers Schultern ruht. Aber wenn jemand dazu in der Lage ist, dann er – glücklicherweise. Wer kann, sollte am 17. Februar anwesend sein und sich solidarisch zeigen.
Weiterführende Links
Petition 6143 zur E-Zigarette
Öffentliche Anhörung
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Zu welcher Uhrzeit und an welchem Ort kann man sich denn einfinden um am 17. Februar anwesend zu sein und sich solidarisch zu zeigen?
Mittwoch, dem 17. Februar 2016, ab 8:00 Uhr
Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Adele-Schreiber-Krieger-Straße 1 Sitzungssaal: 3.101
Sekretariat Telefon: +49 30 227-32580 Fax: +49 30 227-36022 Sitzungssaal Telefon: +49 30 227-31483 Fax: +49 30 227-30487
Diese Anhörung hat nichts mit der Petition zu tun. Das ist eine „normale“ Anhörung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens. Neu ist halt, das diesmal wenigstens ein Experte dabei ist. Was immer er sagt ist danach aktenkundig. Das Parlament kann danach nicht mehr behaupten, sie hätten das noch nie gehört.
Über die Anhörung zur Petition wird noch entschieden. Dort werden dann auch keine „Experten“ gehört, sondern die Verfasser der Petitionen (es waren nämlich drei).