Musk unter Druck – Warum Tesla jetzt auf Robotaxis setzen muss
Austin, Texas – Wenn alles nach Plan läuft, rollen in wenigen Wochen Teslas erste Robotaxis über die Straßen von Austin. Ohne Fahrer, ohne Lenkrad, ohne Pedale. Für Elon Musk ist es mehr als ein technisches Experiment – es ist ein Befreiungsschlag. Denn sein Unternehmen steht unter massivem Druck.
Die Quartalszahlen zeichnen ein düsteres Bild: Ein Gewinneinbruch von 71 Prozent, rückläufige Auslieferungen, ein Absatzrückgang von fast 50 Prozent in Deutschland. Die Tesla-Aktie schwankt, Investoren sind nervös. Musks Robotaxi-Projekt, das einst als Vision für eine ferne Zukunft galt, ist nun zu einer existenziellen Notwendigkeit geworden.
Verlorenes Vertrauen, schwindende Märkte
Tesla galt lange als Symbol für Innovationskraft. Doch in den letzten Monaten mehren sich Zweifel. Kritiker werfen Musk vor, sich zu verzetteln – zwischen Raumfahrt, Twitter-Chaos und politischen Spielchen mit Donald Trump. Vor allem in Europa hat sein politisches Engagement Spuren hinterlassen. Die Marke Tesla, einst Inbegriff grüner Zukunftstechnologie, verliert in linksliberalen Milieus an Strahlkraft.
Gleichzeitig holen die Konkurrenten auf. Waymo testet bereits seit Jahren erfolgreich fahrerlose Taxis in US-Städten. Amazon-Tochter Zoox entwickelt eigene Fahrzeuge für den urbanen Betrieb. Baidu und Pony.ai fahren in chinesischen Metropolen, unterstützt vom Staat. Tesla wirkt plötzlich wie ein Nachzügler – trotz Musks vollmundiger Ankündigungen.
Ein Pilotprojekt unter Beobachtung
In Austin sollen im Juni zwischen zehn und zwanzig autonome Teslas im Testbetrieb starten. Die Fahrzeuge basieren auf dem Model Y, später soll ein eigens entwickeltes „Cybercab“ folgen. Doch Zweifel bleiben: Die US-Verkehrsbehörde NHTSA hat Tesla zu umfangreichen Sicherheitsnachweisen aufgefordert. In der Vergangenheit kam es bei Teslas sogenanntem „Full Self-Driving“-System zu Unfällen – teils mit Todesfolge.
Musk verteidigt seinen Ansatz. Statt teurer Lidar- und Radarsensoren setzt Tesla auf ein rein kamerabasiertes System – ein Alleinstellungsmerkmal, aber auch ein Risiko. Fachleute sprechen von unzureichender Redundanz. In Testberichten zeigten sich zuletzt Schwächen beim Bremsverhalten und in der Umfeldwahrnehmung.
Wirtschaftliche Hoffnung oder technisches Desaster?
Das Kalkül ist klar: Schafft Tesla den Durchbruch beim autonomen Fahren, winkt ein gigantischer Markt. Bis 2030 könnten weltweit über 45 Milliarden Dollar mit Robotaxis umgesetzt werden. Musk selbst sprach von einer „Mobilitätsrevolution“. Pro Meile könnten autonome Fahrten deutlich günstiger angeboten werden als heute – ein Modell mit enormem Skalierungspotenzial.
Doch der Zeitfaktor spielt gegen Tesla. Während Waymo, Cruise und Zoox bereits in mehreren Städten operieren, steht Musk unter Zugzwang. Jeder weitere Rückschlag, jeder Unfall oder regulatorische Rückruf könnte das Projekt beschädigen – und das Vertrauen der Märkte weiter erschüttern.
Der Preis der Vision
Elon Musk hat Tesla groß gemacht – mit Charisma, Mut und dem Versprechen, die Zukunft zu gestalten. Doch jetzt steht er vor der größten Bewährungsprobe seit der Gründung des Unternehmens. Robotaxis sind kein Gimmick mehr, kein technologischer Luxus. Sie sind das Symbol für die Frage: Hat Tesla noch die Kraft, sich neu zu erfinden?
Sollte der Start in Austin gelingen, könnte das Unternehmen wieder Tritt fassen. Scheitert das Projekt, droht Tesla in einem sich rasch wandelnden Mobilitätsmarkt den Anschluss zu verlieren.
Die Uhr tickt – und diesmal fährt niemand mehr mit der Hand am Steuer.