Joe Biden zieht Präsidentschaftskandidatur zurück – Kamala Harris als Nachfolgerin vorgeschlagen
Biden zieht Kandidatur zurück: Ein Paukenschlag in den USA
US-Präsident Joe Biden hat überraschend angekündigt, dass er nicht für eine zweite Amtszeit kandidieren wird. Diese Entscheidung verkündete der 81-jährige Demokrat über die sozialen Medien. Der Rückzug erfolgt nach zunehmendem Druck aufgrund seines Alters und mentalen Zustandes, der in den letzten Wochen immer lauter wurde. Seine reguläre Amtszeit will Biden jedoch beenden und schlägt Vizepräsidentin Kamala Harris als seine Nachfolgerin vor.
Eine dramatische Wende in einem historischen Wahljahr
Biden erklärte in seiner Rücktrittsankündigung, dass er ursprünglich die Wiederwahl anstrebte, jedoch nun im besten Interesse der Partei und des Landes zurücktritt, um sich auf seine Aufgaben als Präsident zu konzentrieren. „Obwohl es meine Absicht war, mich um eine Wiederwahl zu bemühen, glaube ich, dass es im besten Interesse meiner Partei und des Landes ist, wenn ich mich zurückziehe und mich für den Rest meiner Amtszeit ausschließlich auf die Erfüllung meiner Pflichten als Präsident konzentriere“, schrieb der Demokrat in einer Erklärung. Er plant, später in der Woche ausführlicher über seine Entscheidung zu sprechen.
Schwacher Auftritt gegen Trump als Wendepunkt
Der Wendepunkt kam nach einem misslungenen TV-Duell mit Ex-Präsident Donald Trump Ende Juni. Während des Schlagabtauschs verhaspelte sich der mächtigste Mann der Welt regelmäßig, verlor den Faden, starrte mit offenem Mund ins Leere und konnte häufig seine Sätze nicht richtig beenden. Dieser Auftritt führte zu einem öffentlichen Aufschrei und verstärkte die Zweifel an seiner Eignung als Kandidat.
Schon vorher hatte es innerhalb der Demokratischen Partei und in der Bevölkerung wegen Bidens Alter Vorbehalte gegen seine Wiederwahlambitionen gegeben. Doch nach dem Duell entflammte die Debatte über die Eignung Bidens als Präsidentschaftskandidat der Demokraten in ganz neuem Ausmaß und in aller Öffentlichkeit.
Interner Druck und gesundheitliche Rückschläge
Nach dem TV-Duell verschlechterten sich Bidens Umfragewerte erheblich. In seiner eigenen Partei wagten sich einer nach dem anderen vor, um öffentlich Bidens Rückzug aus dem Rennen um die Präsidentschaft zu fordern. Der Präsident selbst versuchte zunächst, sich herauszureden und begründete seinen schwachen Auftritt mit Müdigkeit infolge anstrengender Auslandsreisen. Er habe nicht auf seine Berater gehört und sich übernommen. Bei diversen Auftritten gab er sich trotzig und versicherte ein ums andere Mal, er werde sich nicht zurückziehen. Doch es folgten weitere Patzer. Und am Ende wurde der Druck aus den eigenen Reihen zu groß.
In den vergangenen Tagen hatte sich Biden nach einer Infektion mit dem Coronavirus in sein Privathaus in Rehoboth, Delaware zurückgezogen und keine öffentlichen Termine absolviert. Während seiner Zwangspause fasste er nun den Entschluss, sich dem Druck seiner Parteikollegen zu beugen.
Kamala Harris: Die designierte Nachfolgerin
Unmittelbar nach der Ankündigung seines Rückzugs schlug Biden seine Stellvertreterin Kamala Harris als Ersatzkandidatin für die Wahl vor. Harris, die als erste Frau und erste Schwarze Vizepräsidentin der USA Geschichte schrieb, erklärte sich bereit, die Nominierung anzustreben. Sie dankte Biden für seine Unterstützung und betonte ihre Entschlossenheit, die Nominierung zu gewinnen. „Ich fühle mich geehrt, die Unterstützung des Präsidenten zu haben, und ich habe die Absicht, diese Nominierung zu verdienen und zu gewinnen“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme.
Harris gilt als natürliche Nachfolgerin Bidens. Ihr Vater wanderte einst aus Jamaika ein, um Wirtschaft zu studieren. Ihre Mutter, eine Krebsforscherin und Bürgerrechtlerin, kam aus Indien. Harris ist die erste Frau und die erste Schwarze, die den Eid als US-Vizepräsidentin abgelegt hat. Biden lobte Harris in den vergangenen Tagen öffentlich auffällig offensiv und betonte ihre Kompetenz und Loyalität.
Starke Konkurrenz aus den eigenen Reihen
Obwohl Harris als natürliche Nachfolgerin gilt, gibt es innerhalb der Partei weitere mögliche Kandidaten. Besonders der Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, und die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, werden als starke Alternativen gehandelt. Newsom (56) hat sich national einen Namen gemacht und intensiv an seinem Profil gearbeitet, zuletzt unter anderem mit viel beachteten Auslandsreisen. Whitmer (52) gilt seit Längerem als aufstrebende Kraft in der Partei. Vor der Wahl 2020 hatte Biden sie als seine Vize in Erwägung gezogen. US-Medien zufolge sollen beide jedoch intern klargemacht haben, dass sie als mögliche Vize für Harris nicht zur Verfügung stehen.
Die Demokraten vor einer schwierigen Entscheidung
Die Demokraten stehen nun vor der Herausforderung, in kürzester Zeit einen neuen Präsidentschaftskandidaten zu nominieren. Der Parteitag in Chicago Mitte August wird entscheidend sein, um die Partei hinter einer neuen Spitzenperson zu vereinen und die Wahlkampfstrategien anzupassen. Die Delegierten sind jetzt nicht mehr an den Ausgang der Vorwahl in ihrem Bundesstaat gebunden, sondern frei in ihrer Entscheidung.
Die Demokraten dürften so kurz vor der Wahl jedoch kein Interesse haben, einen offenen Konkurrenzkampf mehrerer Ersatzkandidaten zu starten und den Parteitag zum Austragungsort für ein Abstimmungsdrama zu machen. Wahrscheinlicher ist, dass sie versuchen, die Partei vorab hinter einer neuen Spitzenperson zu versammeln.
Bidens Erfolge und letzte Botschaft
In seiner Erklärung betonte Biden die Erfolge seiner Amtszeit, darunter die Stärkung der Wirtschaft, die Senkung der Medikamentenkosten und bedeutende Gesetzgebungen im Bereich Klima und Waffensicherheit. „Meine amerikanischen Mitbürger, in den vergangenen dreieinhalb Jahren haben wir als Nation große Fortschritte gemacht. Heute verfügt Amerika über die stärkste Wirtschaft der Welt. Wir haben historische Investitionen in den Wiederaufbau unserer Nation getätigt, die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente für ältere Menschen gesenkt und eine erschwingliche Gesundheitsversorgung auf eine Rekordzahl von Amerikanern ausgeweitet“, schrieb Biden.
Er dankte dem amerikanischen Volk und seiner Vizepräsidentin Kamala Harris für deren Unterstützung und Vertrauen. Biden rief die Nation dazu auf, weiterhin gemeinsam an den Herausforderungen zu arbeiten und die Vereinigten Staaten von Amerika zu stärken. „Ich glaube heute, wie ich es schon immer getan habe: dass es nichts gibt, das Amerika nicht tun kann – wenn wir es gemeinsam tun. Wir müssen uns nur daran erinnern, dass wir die Vereinigten Staaten von Amerika sind“, so Biden in seiner Abschlusserklärung.
Die Reaktionen auf Joe Bidens Rückzug: Zwischen Respekt und Häme
Nach dem überraschenden Rückzug von Joe Biden aus dem Präsidentschaftsrennen würdigen viele seiner politischen Wegbegleiter seine Entscheidung. Während er von zahlreichen prominenten Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland Anerkennung erhält, kommt scharfe Kritik vor allem von seinem republikanischen Herausforderer Donald Trump.
Anerkennung und Dank aus dem politischen Umfeld
Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich dankbar und würdigte Bidens Errungenschaften. „Mein Freund @POTUS Joe Biden hat viel erreicht: für sein Land, für Europa, die Welt“, schrieb Scholz auf der Plattform X. „Dank ihm ist die transatlantische Zusammenarbeit eng, die NATO stark, die USA ein guter und verlässlicher Partner für uns. Sein Entschluss, nicht noch einmal zu kandidieren, verdient Anerkennung.“
Auch CDU-Chef Friedrich Merz zollte Biden Respekt und hob dessen langjährige Dienste hervor: „Joe Biden hat mehr als fünf Jahrzehnte lang dem amerikanischen Volk gedient. Seine heutige Entscheidung verdient größten Respekt“, schrieb Merz ebenfalls auf X. Ähnliche Worte fand Grünen-Chefin Ricarda Lang, die Bidens Dienste als Präsident lobte und seinen Rückzug als respektable Entscheidung bezeichnete.
Nancy Pelosi, die frühere Vorsitzende des Repräsentantenhauses, rückte Bidens politisches Vermächtnis in den Vordergrund. „Präsident Joe Biden ist ein patriotischer Amerikaner, der unser Land immer an die erste Stelle gesetzt hat“, schrieb die einflussreiche demokratische Kongressabgeordnete. „Sein Vermächtnis an Visionen, Werten und Führungsqualitäten macht ihn zu einem der bedeutendsten Präsidenten in der amerikanischen Geschichte.“
Hohn und scharfe Kritik von Donald Trump
Donald Trump, Bidens republikanischer Herausforderer, zeigte hingegen wenig Respekt und kritisierte Bidens Entscheidung scharf. „Der korrupte Joe Biden war nicht geeignet, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren, und ist sicherlich nicht geeignet zu dienen – und war es auch nie!“, schrieb Trump auf seiner Onlineplattform Truth Social. Trump äußerte weiter, dass er den durch Bidens Präsidentschaft entstandenen „Schaden“ schnell beheben wolle. Zudem sagte er dem US-Sender CNN, dass es seiner Ansicht nach leichter sei, Kamala Harris bei den Präsidentschaftswahlen im November zu schlagen als Joe Biden.
Reaktionen aus dem Ausland
Auch internationale Staats- und Regierungschefs äußerten sich zu Bidens Rückzug. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk lobte Bidens schwierige Entscheidungen, die zur Sicherheit Polens, Amerikas und der Welt beigetragen hätten. Der tschechische Regierungschef Petr Fiala bezeichnete Bidens Entscheidung als „verantwortungsvoll und persönlich sicher nicht leicht“, lobte jedoch seinen Mut und seine Führungskraft.
Israels Präsident Izchak Herzog betonte die starke Verbindung zwischen den USA und Israel, die unter Biden weiter gefestigt wurde. „Ich möchte meine aus tiefstem Herzen empfundene Dankbarkeit für @POTUS zum Ausdruck bringen“, schrieb Herzog auf X und hob hervor, dass Biden als erster US-Präsident Israel in Kriegszeiten besucht habe.
Bidens Vermächtnis und Zukunft der Demokratischen Partei
Der frühere US-Präsident Bill Clinton und seine Frau, die ehemalige US-Außenministerin Hillary Clinton, zollten Biden ebenfalls ihren Respekt. „Wir schließen uns Millionen von Amerikanern an und danken Präsident Biden für alles, was er erreicht hat, indem er sich immer wieder für Amerika eingesetzt hat“, erklärten die Clintons. Sie betonten, dass Biden die USA durch eine beispiellose Pandemie geführt und Millionen neuer Arbeitsplätze geschaffen habe.
Der einflussreiche Vorsitzende der demokratischen Fraktion im US-Senat, Chuck Schumer, erklärte, Biden habe sich als großartiger Präsident erwiesen und betonte seine patriotischen Werte. „Joe, du zeigst heute, dass du ein echter Patriot und großer Amerikaner bist“, sagte Schumer.
Rücktrittsforderungen und politische Konsequenzen
Der republikanische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, forderte Bidens sofortigen Rücktritt. „Wenn Joe Biden nicht geeignet ist, um für das Präsidentenamt zu kandidieren, ist er nicht geeignet, um als Präsident zu dienen. Er muss das Amt sofort niederlegen“, erklärte Johnson auf X.
Titelbild: Adam Schultz