Dampfe vs. E-Zigarette
Dampfe vs. E-Zigarette
Namen, die Geschichte schreiben…
Gewidmet „vapore“ und allen nimmermüden Verfechtern einer besseren Welt.
Die Bereitschaft der Dampfer, ihre Intelligenz, freie Zeit und Kreativität in die Befreiung ihres Genusses vom Joch blindwütiger Politiker, Gesundheitsapostel, Tabaklobbyisten, Pharma-Industrieller und anderer unangenehmer Zeitgenossen zu investieren, hat diesen Monat wiedermal Erstaunliches zuwege gebracht.
Die Forumsnutzerin „vapore“, tätig auf dampfer-board.de, hat eine Aktion initiiert, um das Dampfen aus der semantischen Umklammerung der „E-Zigarette“ zu befreien. Stattdessen soll eine neue Bezeichnung die begriffliche Autonomie sichern, die der Genuss verdient:
Wir dampfen und rauchen nicht. Daher ist der Begriff der „E-Zigarette“ sachlich falsch, da nichts verbrannt wird. Auch das „E“ davor ändert nichts an der Wahrnehmung der Menschen – sie lesen oder hören nur „Zigarette“ und schon ist die Verunsicherung da! „E-Zigarette? Das ist doch noch viel gefährlicher wie Rauchen!“
Vielleicht ist eine „Begriffs-Umstellung“ die Lösung!
Eine entsprechende Umfrage, welche Bezeichnung die „E-Zigarette“ ablösen könnte, ergab eine deutliche Mehrheit für die Begriffe „Dampfe“ als umgangssprachlichen, beziehungsweise
„E-Dampfgerät oder Dampfgerät“ als „offiziellen“ Namen. Das macht Sinn – denn die meisten überzeugten Dampfer nennen ihre Geräte längst und ganz natürlich so.
Im Anschluss verfasste vapore ein Schreiben an Online-Dampf-Shops mit der Bitte, „auf Ihrer Homepage / Shopseite den Begriff „E-Zigarette“ mit dem Wort „Dampfgerät“ oder „E-Dampfgerät“ zu ersetzen“.
Die bisherige Resonanz der Shops und ebenfalls kontaktierten YouTube-Kanäle – soweit für mich nachvollziehbar – war enttäuschend, aber vorhersehbar: Sie fürchten um ihr Google-Ranking, wenn sie das meistgesuchte Verbraucher-Keyword aus ihren Akten streichen. Ein als Begründung genannter Satz fasst das vermeintliche Problem zusammen:
Grundsätzlich würden wir eine Änderung in der Nennung begrüßen, aber als Shop kann diese Änderung nur Berücksichtigung finden, wenn sie bereits im Markt anerkannt wurde.
Eigentlich sind alle dafür… solange es nicht weh tut
In diesem Paradox liegt seit je her die Herausforderung gesellschaftlicher Veränderung: 93% eines Systems warten ab, bis 5% es soweit transformiert haben, dass es sich auch in der Alternative weiter bequem leben lässt. Das ist menschlich verständlich, verlangsamt Evolutionsprozesse aber extrem und hilft den verbleibenden 2%, einen Status Quo zu zementieren, der längst innerlich zerfallen ist.
Auch hier sind die 5% vertreten, wie im Dampfer-Board nachzulesen:
Das ist eine sehr gute Idee und wir haben es sofort umgesetzt. E-Zigaretten sind, soweit uns bekannt, umgeschrieben. Falls Sie etwas auf unserer Seite entdecken, gerne anschreiben, dann ändern wir es sofort. Vielen Dank für die tolle Arbeit.
Angesichts der extrem spärlichen Resonanz stellt sich natürlich die Frage: Geht’s hier lediglich um ein idealistisch-naives Prinzip oder haben solche Neu-Benamungen tatsächlich einen formenden Einfluss auf die Wirklichkeit? Reden wir über die Faszination linguistischer Präzision, der schon um ihrer selbst willen Genüge getan werden sollte, oder kann Sprache tatsächlich die Welt verändern? Kümmert’s die 1.990.000 Dampfer ohne jede Anbindung an die „Szene“ und ohne Identifikation mit Kultur und Politik des Dampfens auch nur einen Deut, wie ihr elektrisch glimmender Nikotin-Zufuhr-Stängel in Zukunft genannt wird?
Wir meinen: Wiewohl auf den erste Blick ernüchternd, ist die ganze Aktion mehr als ein Kampf gegen Windmühlen. Sie ist auch nicht überflüssig. Stattdessen verkörpert sie den Anbruch einer neuen Zeit in der Geschichte der Dampfe (vormals E-Zigarette) – womit wir hiermit offiziell die begonnene Liquid-News-Umstellung auf den neuen Begriff mit kleinem Netz unter den begoogelten Füßen eingeläutet haben.
Um diese These zu unterstützen, unternehmen wir heute mal einen kleinen Ausflug in die Historie des Begriffes „Dampfen“.
Geboren als „die bessere Zigarette“…
Jeder Marketing-Profi sagt seinem Kunden: Definieren Sie Ihr Alleinstellungsmerkmal (auch gerne USP genannt) immer positiv. Grenzen Sie sich niemals durch Verneinung ab. Sagen Sie immer „Vertraut mir, weil ich XY bin“ und niemals „Vertraut mir, weil ich nicht dieser Halunke Z bin“.
Das hat mehrere Gründe. Erstens wirkt Identitätsbildung durch Abgrenzung billig, verzweifelt oder beides. Zweitens bleibt eine Beschreibung, die, statt auf das zu fokussieren, was für ein Objekt charakteristisch ist, nur von Merkmalen lebt, die nicht auf es zutreffen, immer vage, rückgratlos und dadurch leichter angreifbar. Drittens, und das ist im Fall der E-Zigarette die gravierendste Paradoxie, schleppt eine Negativ-Definition immer die Schatten ihrer Antithese mit sich, obwohl sie genau das Gegenteil bewirken will.
Doch trotz dieser Einwände war und ist die Bezeichnung „E-Zigarette“ (also in anderem Wort „Keine-Pyro-Zigarette“) extrem erfolgreich. Das liegt in ihrer Natur: Ihr hauptsächliche Attraktivität für den Verbraucher bestand lange und besteht für Umsteiger heute noch hauptsächlich in dem, was sie nicht ist.
Bei ihrer dritten und einzigen Lebensgeburt (nach Fehlversuchen in 1965 und 1987, wie weiter unten beschrieben) wurde sie 2003 explizit als „die bessere Zigarette“ erfunden und beworben. Höchstwahrscheinlich hätte sie auch nie ihren Siegeszug in dieser Form angetreten, wenn sie nicht über den verbalen Trigger „Zigarette“ und „Rauchen“ in den Köpfen angekommen wäre.
Zu Einführung der Dampfe (vormals E-Zigarette) auf dem internationalen Markt warb die chinesische Herstellerfirma Ruyan 2007 konsequent mit dem Claim „The New Way to Smoke“.
Einführungsvideo Ruyan 2007
… für alle, die „gesünder rauchen“ wollen
Schön finde ich auch den Satz „No, it’s not a dream, it’s already a reality… with all the pleasures of smoking“ und den nachfolgenden Gastauftritt von Prof. Dr. Bernd Mayer, der dem geneigten Zuschauer die Risiken und das Suchtpotenzial von Nikotin (Positionen, die Prof. Mayer seitdem selbst und selbstbewusst revidiert hat), aber auch die enormen gesundheitlichen Vorteile der elektrischen Zigarette erläutert.
Er empfiehlt die elektrische Zigarette „nachdrücklich“, auch für alle die „in Anführungszeichen gesünder rauchen wollen“. Allein dieses sehenswerte Video zeigt dem Dampfhistoriker schon, wie unfassbar schnell sich das Produkt selbst und seine wissenschaftliche Einordnung innerhalb der letzten zehn Jahre entwickelt haben – und dass bei seiner Einführung vom „Dampfen“ oder „Vapen“ schlicht keine Rede war (allerdings auch noch in Flugzeugen, Restaurants und am Arbeitsplatz gedampft werden konnte).
Historische Tatsache ist also: Die elektrische Zigarette wurde nur deshalb so benannt, weil sie offensichtlich alle Vorteile der Pyro ohne ihre Nachteile bot – und dies durch den Ersatz der mechanischen Verbrennung mit der elektrisch induzierten Verdampfung möglich wurde.
Produktspezifisch haben die beiden ja ansonsten auch wenig gemeinsam: Die Zigarette ist ein in Papier gedrehtes Produkt, dass durch Verbrennung des trockenen Inhaltsstoffes Tabak mittels Anzünden einen nikotinhaltigen Rauch erzeugt, dessen Inhalation extrem toxisch ist. Die Dampfe (vormals E-Zigarette) ist ein aus Kunststoff und Metall hergestelltes, elektronisch betriebenes Gerät, dass durch Erhitzung nikotinhaltiger oder nikotinfreier Flüssigkeit einen Nassdampf (Aerosol) erzeugt, dessen Inhalation unter Umständen ungesund sein kann (in welchem Maß, ist aktuell noch nicht abschließend festgestellt).
Interessant ist auch, dass die ersten Ruyan-Dampfen Zigaretten keineswegs ähnlich sahen. Sie glichen eher dickeren Zigarillos, waren in Holzoptik gehalten und hatten ein schwarzes, abgeflachtes Mundstück.
Die heutige Einweg-eCig oder Cigalike, die alle Designmerkmale der Pyro bieten soll, aber geschmacklich, in Wirkung, Durchhaltevermögen und Umweltbelastung stark gegenüber Dampfgeräten der zweiten und dritten Generation abfällt – die war das Produkt nachfolgender Marktforschungsstudien durch Wettbewerber, bei der Nutzer ausdrücklich den Wunsch nach einem look-a-like äußerten.
Auch in ihrer ersten Inkarnation war die Dampfe (vormals E-Zigarette) nicht als eigenständiges Genussmittel konzipiert. 1965 meldete der Amerikaner Herbert A. Gilbert ein Patent unter der Bezeichnung „Smokeless non-tobacco cigarette“ an. Erfunden hatte er nach eigener Aussage eine „rauchfreie, tabakfreie Zigarette“, in der „verbrennender Tabak und Papier mit erhitztem, feuchten und aromatisiertem Aerosol ersetzt“ werden sollten.
Durch den nach Tabak schmeckenden, inhalierten Dampf und die dem Rauchen verwandte Nutzungsweise sollte das Zigarettenrauchen so originär nachgeahmt werden, dass das Verlangen nach dem Nikotin-Kick kompensiert werden würde – denn in dem von Gilbert vorgesehenen Liquid sollte bewusst kein Nikotin enthalten sein.
Diese allererste Patentierung, deren kommerzielle Produktion von der Zigaretten- und zu einem geringeren Maße von der Pharmaindustrie rigoros unterdrückt wurden (wie Gilbert in einem Interview in seinen 80ern detailliert beschreibt), definierte sich also ebenfalls als „die bessere Zigarette“ – nicht, weil sie sozial verträglicher war, sondern weil sie dem Rauchen seine Gesundheitsgefährdung nehmen sollte.
Ist das Dampfen also eine „neue“ Erfindung? Nicht ganz…
Denn bereits bei der nächsten historischen Erscheinung eines Dampfgerätes lagen die Dinge radikal anders.
Wieder war es ein Amerikaner, der sich in den späten 1970ern der Eliminierung der toxischen Elemente des Rauchens annahm – nämlich der inzwischen verstorbene Amerikaner J. Phillip Ray (Bildmitte), unter anderem Miterfinder des Mikroprozessors.
Die tödlichen Folgen des Rauchens waren inzwischen medizinisch eindeutig erwiesen. Ray jedoch hatte überhaupt keine Lust, auf seinen Nikotin-Hit zu verzichten. Er wollte sich lediglich des ganzen anderen Mists entledigen, der in verbranntem Tabak vorkam.
Deshalb war seine Ausgangsfrage: Wie könnte reines Nikotin Gesundheit schonend, angenehm und wohlschmeckend administriert werden? Keine Rede also von Rauchen, Zigaretten oder Habitus mehr – hier ging um die pure Freude am Substanzgenuss.
Ray begann tatsächlich, mit dem reinen Stoff in Kombination mit einer Filtertechnik zu experimentieren. Ein Papierfilter absorbierte flüssiges Nikotin, das Ray dann schlicht inhalierte. Es gab zunächst keinen Dampf: Nikotin hat naturgemäß eine niedrige Volatilität (Neigung zur Verflüchtigung von Stoffen in Gasen), also reichte es, an dem nikotingetränkten Filter zu ziehen, um ein Gas zu generieren. Weder in Form noch in Funktion ähnelte diese mechanische Methode zur Nikotin-Absorption einer Zigarette.
Ray war dabei zunächst sein eigenes Versuchskaninchen. Zu diesem Zeitpunkt existierten überhaupt keine Studien hinsichtlich der Gesundheitsfolgen isolierten Nikotins durch Inhalation. Nikotinkaugummis waren gerade erst auf den Markt gekommen. Ein befreundeter Arzt, Dr. Norman Jacobson, machte die ersten Messungen in Ray’s Urin und wies tatsächlich Nikotinlevel nach, die niedriger waren als die von Rauchern bei gleicher „Suchtbefriedigung“.
Jacobson und Ray taten sich für die Weiterentwicklung der Methode bis zur Markttauglichkeit zusammen. Und wieder führten Marketingerwägungen dazu, das resultierende, „Favor“ betitelte Produkt der Pyro samt Verpackung originalgetreu nachzubilden (Claim: „Do yourself a Favor“). Die Favor sah aus wie eine Zigarette, aus Plastik nachgebildet, die Spitze war entsprechend eingefärbt und der optisch abgesetzte Filter hatte ja auch tatsächlich eine Funktion.
Natürlich machte das FDA dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung, indem sie das Produkt noch vor endgültiger Marktdurchsetzung als Droge einstufte und eine weitere Verbreitung verbat:
Das war allerdings nicht das einzige Problem der Favor: Nikotin verdunstet im freien, flüssigen Stadium extrem schnell. In der heutige Dampfe wird dieser Effekt durch die Liquid-Patronen kompensiert, die den Stoff erst on-demand freisetzen. Die Favors hatten also ein extrem kurze Mindesthaltbarkeit. So wurde die Technologie schlussendlich an ein schwedisches Unternehmen veräußert, die es zur Entwicklung eines (nikotinfreien) Nasensprays verwendete.
Die Geburt des „VAPING“…
Zuvor jedoch gingen Ray und Jacobson zugegebenermaßen leise als Erfinder des Begriffes „Vaping“ (also „Dampfen“) für die Umschreibung des Genusses von Nikotin-Nassdampf in die Geschichte ein. Sie münzten die Bezeichnung im Zuge der Kommerzialisierung ihrer Erfindung. Jacobson, der als CEO der Firma fungierte, benutzte den Begriff durchgehend in Interviews und allen Kommunikations- und Werbemitteln des Unternehmens.
(Ironischerweise könnte dieser Artikel für absolut aktuell gehalten werden, wie wohl er im Februar 1980 geschrieben wurde).
Bezeichnenderweise ging es bei der Favor explizit nicht um das Abgewöhnen des Rauchens, sondern um das Kozept eines alternativen Genussmittels. Ihre Erfinder gingen von einer befriedigenden, aber toxischen Erfahrung aus – nämlich der des Nikotin-Hits im Verbund mit verbranntem Tabak – und stellten sich die Frage, wie diese so risikofrei wie möglich zu replizieren sei. Die Antwort war: Nikotin-Dampf; und die Tätigkeit dann völlig logisch „Dampfen“. Denn wieso sollte etwas weiterhin „Rauchen“ und „Zigarette“ genannt werden, das dieser suizidalen Tätigkeit und ihrer Erfüllungsgehilfin um grundsätzliche Universen überlegen ist?
Diese Perspektive stellt das Erleben des Konsumenten, nicht die Technik der Apparatur in den Vordergrund. Hier liegt der meiner Ansicht nach revolutionäre Gedanke, den vapore wieder aufgegriffen hat – und der soviele Dampfer aufschreien lässt, wenn ihr Genuss- als Entwöhnungsmittel bezeichnet wird.
…und ihr Dornröschenschlaf.
Nach dem forcierten Niedergang der Favor wurde es still um den Begriff „Dampfen“.
2003 ließ der Chinese Hon Lik die elektrische Zigarette erneut patentieren. Er hätte die inzwischen allseits bekannte Legende um die Entstehung seiner Idee – die ihm anscheinend nach einer Nacht voller Raucherhusten kam: Er träumte, in tiefer See zu ertrinken; dann evaporierte das Wasser plötzlich und er fand sich selbst in einem bunten Nebel driftend wieder – nutzen können, um den Dampf zum Zentrum der neuen Erfindung zu machen.
Stattdessen ließ Hon Lik das Gerät seiner Träume als „Electronic atomization cigarette“ eintragen.
Im Patent wird der Konsument „Raucher“ genannt und die Aktivität „rauchen“ („When a smoker smokes, the mouthpiece 15 is under negative pressure.“) Der chemische Umwandlungsprozess wird als Zerstäubung („atomization“), das nikotinhaltige Resultat als „Aerosol“ bezeichnet.
Doch Dampfen und Dampfe begann sich mit dem Auftauchen der Dampf-Geräte zweiter und dritter Generation wieder durchzusetzen. Nicht umsonst hat das Oxford Dictionary „vape“ 2014 zum Wort des Jahres gewählt (wir berichteten).
Aber: Selbst das Oxford Dictionars schreibt jetzt noch: „An act of inhaling and exhaling the vapour produced by an electronic cigarette or similar device“ statt einfach und ebenso zutreffend zu schreiben „An act of inhaling and exhaling the vapour produced by an electronic heating-device“.
Der organische Prozess des Wandels von der E-Zigarette zur Dampfe, von der Ersatzhandlung zum bewussten Genuss wird maßgeblich bestimmt durch die, wie ein Artikel im Dampfer-Magazin es schön beschreibt, zwei Welten des Dampfens. Selber Dampfe nennt sein Gerät, wer das Dampfen als eigenständige Kultur und als Hobby empfindet, Interesse an der verwendeten Technik und den politischen Implikationen hat. E-Zigarette sagen die, die frisch umgestiegen sind, hauptsächlich Cigalikes nutzen und ihr Gerät dual nutzen, also parallel zur Tabakzigarette. Bei ihnen stehen in diesem Konsumstadium Pragmatismus und soziale Akzeptanz im Vordergrund.
Ganz ehrlich: Eine Cigalike Dampfe zu nennen widerstrebt jedem denkenden Menschen – und solange etwas versucht, so auszusehen wie eine Zigarette und dafür Geschmack und Wirkung, Verarbeitungsqualität und Umweltschutz opfert, hat es einen anderen Namen auch irgendwie schwerlich verdient. Ich persönlich fände die Beibehaltung der Alternativen Cigalike und Dampfe gut, weil sie den vorhandenen Markt widerspiegeln, den intrinsischen Charakter der jeweiligen Geräte korrekt zusammenfassen und uns dabei einen Schritt weiter von der unseligen Zigarettenrhetorik bringen (auch wenn jetzt die Anglizismus-Gegner unter Euch aufschreien).
E-Dampfgerät /Dampfgerät oder Dampfe?
Meinem Gefühl nach geht es in dieser Diskussion weniger um linguistische Feinheiten als vielmehr darum, die Dampfe in ihrer ganzen ästhetischen und sensorischen Komplexität in den Vordergrund zu stellen, bevor sie von den hässlichen Wegwerf-Produkten profitgieriger Tabakmultis überrannt wird – eine Entwicklung, die politische Fehlentscheidungen auch noch begünstigen.
Deshalb scheint mir die Unterscheidung zwischen E-Dampfgerät oder Dampfgerät (offiziell) und Dampfe (ugs.) unnötig. Die Zweiteilung in einen „offiziellen“ und einen „umgangssprachlichen“ Namen erschwert den Durchsetzungsprozess künstlich. Top-down Versuche, Objekten oder Tätigkeiten völlig neue Namen zu geben, sind zudem immer problematisch und seltenst erfolgreich.
„E-Dampfgerät“ riecht nach dem Versuch, durch künstliche Versachlichung ernster genommen zu werden – aber warum? Eine selbstbewusste Kultur bedarf keiner semantischen Rechtfertigungs-Strategie. Dampfgerät hat außerdem einen irgendwie metallischen Retroklang mit zwar nettem steam-punkigen Flavour, der Freunde des Analogen juchzen lässt, das Progressive am Dampfen aber vor der Technologie der Apparatur in den Hintergrund drängt.
Nennen wir das Ding einfach offiziell so, wie es unter Liebhabern sowieso schon heißt – nämlich Dampfe.
Kleines SEO-1×1 für Händler – oder warum die E-Zigarette (noch) nicht sterben darf
Es scheint, als ob Händler durch die Bank SEO-Ängste ausstehen, wenn es um die Umbenennung der E-Zigarette zur Dampfe geht.
Das ist verständlich – auch 2015 sind die Suchmaschinen im eCommerce noch keyword-orientiert, Content Marketing und semantische Feinheiten hin oder her. Die meisten (Neu-)Konsumenten suchen nun mal nach dem Begriff „E-Zigarette“.
Hier deshalb meine entscheidende Kritik an dem Vorschlag, auf allen kommerziellen Plattformen „E-Zigarette“ durch Dampfe zu ersetzen. Es ist einfach nicht im Sinne einer Zurückeroberung des Marktes, potenzielle Dampfer um der ästhetischen Befriedigung willen statt zu unabhängigen Shops in die Arme der Tabakindustrie und ihrer Vertriebe zu treiben. Im Mered-Blog gibt es hierzu eine sehr nachvollziehbare, ausführliche Argumentation.
Ziel müsste es also sein, immer noch schnell und vor allem vor der satanischen Konkurrenz unter dem Begriff E-Zigarette gefunden zu werden, gleichzeitig aber die Präferenz und Korrektheit des Begriffes „Dampfe“ abzubilden.
Deshalb hier für alle Shop-Inhaber, die die Idee an sich toll finden, aber Angst vor dem Google-Kollaps haben, ein paar Tipps:
1.Neue Schreibweise
Nicht elegant, aber unproblematisch – einfach Beides ausschreiben, etwa so: Dampfe (vormals
E-Zigarette). Wem das in Überschriften und auf Bannern zu un-elegant ist, kann diese Schreibweise zunächst auf die ausführlichen Produktbeschreibungen reduzieren und die Ranking-Entwicklung abwarten.
2.Post-SEO-Nutzung
Zu viele Keywords werden von Google & Co. auch bei Online-Shops nicht mehr als organisch bewertet. Ist also Eure Quote erreicht, dann könnt Ihr danach so oft das Wort „Dampfe“ benutzen, wie Ihr wollt – ohne jede negative Auswirkung.
3.Graduelle Umstellung
Diese Veränderungen müssen ja nicht von heute auf morgen geschehen. Ein gradueller Prozess des Wortaustausches kann der Sache sogar dienlich sein: Je häufiger „E-Zigarette“ und „Dampfe“ in optischer Zuordnung auftauchen, desto effektiver arbeitet der Übersetzerfisch im Ohr des Nutzers – und Ihr könnt immer mal wieder am Text arbeiten, wenn Ihr gerade Zeit habt.
4.Aufklärung
Die meisten Shops bieten inzwischen zusätzlich grundsätzliche Nutzer-Infos, häufig für Einsteiger, an. Wie wäre es, hier mal ein paar ein paar Worte zur Dampfe zu verlieren und den Begriff häufiger zu verwenden?
5.Meta-Tags, Meta-Tags, Meta-Tags
Der Platz reicht hier nicht aus, um das Thema zu vertiefen – aber das es zum SEO-Rückgrat jedes Shop-Betreibers gehört, muss ich das wohl auch nicht. Wenn Ihr Eure Meta-Tags mit dem Begriff „E-Zigarette“ anreichert, verschafft Euch das eine Menge Spielraum für die Dampfe im Text.
6.Point-of-Sale
Stationäre Fachhändler sind entscheidend für die Dampf-Evolution (wir berichteten). Auch hier könnte der Begriff „Dampfe“ visuell hervorgehoben werden – auf Postern, Flyern und Verpackungsmaterial.
Weiterführende Links
Aktion Dampfe statt e-Zigarette
Ruyan-Video
Patentschrift Gilbert
Patentschrift Hon Lik
Artikel im Dampfer-Magazin
Artikel Kurbelursel
auf jedem fall ist „dampfe“ passender!!
Sehr schöner Artikel. Du hast die Beweggründe, die Idee der Aktion und auch die widerlegbaren Gegenargumente genau erkannt und perfekt auf den Punkt gebracht.
Ich wollte auch einen Artikel im Magazin in diesem Tenor schreiben… aber was, frag ich Dich, soll ich denn noch schreiben? Ich werde höchstens die wenigen positiven Reaktionen aufzählen und dann entsprechend auf diesen perfekten(!) Artikel hier verweisen.
Habe mich sehr gefreut, dass Vapores Aktion in diesem Rahmen eine entsprechende Würdigung erfährt!
Hallo
Ja, ich bin baff!
Herzlichen Dank Euren, Deinen Artikel! Vor allem, ihr habt es genau auf den Punkt gebracht, was meine Beweggründe waren und sind. Ihr habt ganz genau beschrieben, weshalb die Unterscheidung Dampfe – E-Zigarette (Cigalikes) wirklich von Bedeutung ist. Ja, es ist tatsächlich so, dass es keine Unterscheidung vom E-Dampfgerät zur Dampfe braucht, vor allem, wenn man es so nutzt, wir ihr im Artikel.
Auch danken will ich Euch, dass ihr mit der Beschreibung dem einen und anderen Shop ev. auch den Tipps geben konntet, wie die die Umbenennung vorgenommen werden kann, ohne im google zu verschwinden und unter dem Begriff der E-Zigarette weiterhin gefunden wird.
Vielen vielen Dank! Das gibt mir den noch einen Kick, weiter zu machen.
Liebe Grüsse
vapore