E-Zigaretten: Eine Branche formiert sich neu

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Plakatkampagne InnocigsNach dem Verbot der kommerziellen Kommunikation für E-Zigaretten und neuen Gesetzen findet die KMU Branche neue Wege

Tabakzigaretten und elektrische Zigaretten hatten – außer der Namen – bisher nicht viel gemeinsam.  Geändert hat das die neue Tabakproduktdirektive (TPD2) der EU und deren Umsetzung im deutschen Bundestag. Werbeverbote, Jugendschutzbestimmungen und warnende Aufdrucke sind nun gemeinsames Gut von internationalen Tabakkonzernen und den deutschen Mittelständlern der hiesigen E-Zigaretten Industrie. Während der Jugendschutz für E-Zigaretten bereits vor dem Verbot von vielen Herstellern und Händlern gefordert sowie umgesetzt wurde, stellt die Umgestaltung der Verpackungen viele Unternehmer vor Herausforderungen. Größte Hürde in der neuen Gesetzgebung ist für die junge Branche jedoch das Werbeverbot. Das neue Gesetz verbietet nämlich nicht nur Werbung sondern “kommerzielle Kommunikation”.

Kommerzielle Kommunikation für E-Zigaretten verboten

Hinter diesem etwas sperrigen Begriff verbirgt sich für die Händler und Hersteller von E-Zigaretten die Verpflichtung, alle anpreisenden öffentlichen Inhalte beispielsweise auf Verpackungen, den Webseiten der Online Shops oder auch auf Social Media Portalen wie Facebook verschwinden zu lassen. Eine Regelung, die Tabakkonzerne wohl wenig tangiert. Ihr Hauptgeschäft findet in Tankstellen, Supermärkten, Kiosken und an den Automaten statt: An diesen “Points of Sale” ist Werbung weiterhin erlaubt.

Die Märkte: Tabak an Tankstellen – Dampferbedarf digital

Was für ein politisches Zugeständnis an beide Branchen wirkt, nützt den Anbietern von elektrischen Zigaretten wenig. Anders als Tabakwaren, sind E-Zigaretten und so genannter “Dampferbedarf” Produkte des Online Handels. Im Internet und nicht an der Tankstelle oder im Supermarkt kaufen die Konsumenten von E-Zigaretten, die Dampfer, ihre Waren. Obwohl die E-Zigaretten Unternehmen nach der Aufnahme ihrer Produkte in die Regale des breiteren Einzelhandels streben, bleibt der analoge Handel von E-Zigaretten bisher hauptsächlich Gegenstand von Fachgeschäften. Diese erwirtschaften im Vergleich zum Online Handel nur einen geringen Teil des Umsatzes. Aber es ist genau dieser digitale Handel, den das Werbeverbot trifft, nicht die Point of Sale Aktivitäten im Fachgeschäft. Viele der Klein- und mittelständischen Unternehmen der E-Zigaretten Branche sehen darin nun eine Benachteiligung hinter den Tabakkonzernen, da diesen die Werbeaktivität an ihren Hauptabsatzkanälen erhalten bleibt.

Der Schritt in den öffentlichen Raum

Was aber beiden Industrien gleichermaßen erlaubt ist, ist die Werbung per Plakat. Vor dem Hintergrund des absoluten Verbots jeglicher verkaufsfördernder Inhalte auf mit Jugendschutzbarrieren ausgestatteten Internetseiten, mag das Zugestehen von Werbeplakaten im für jeden zugänglichen öffentlichen Raum kurios erscheinen. Für E-Zigaretten Marken wie das Hamburger Unternehmen InnoCigs ist diese Kuriosität eine Chance das Produkt E-Zigarette einer breiten Masse noch bekannter zu machen. Mit aussagekräftigen Plakaten zu einer bis zu 95 Prozent weniger schädlichen und modernen Alternative zum Rauchen wirbt die Firma für ihre Webseite www.e-zigarette.de und die neuesten Modelle ihres Sortiments.

Plakate statt Banner

Mit dieser Idee ist der E-Zigaretten Hersteller InnoCigs nicht allein: Neben den E-Zigaretten “Ablegern” der großen Tabakkonzerne, entscheiden sich auch immer mehr kleine Unternehmen für die Elektro-Zigaretten Werbung im öffentlichen Raum. Damit bekommt ein klassischer Werbekanal der Tabakindustrie neuen Wind aus dem Mittelstand. Bis zum voraussichtlichen Plakatwerbeverbot 2020 werden wohl noch mehr E-Zigaretten auf Plakatwänden und Litfaßsäulen zu sehen sein.

Entwicklung einer wachsenden Industrie

Nicht nur als Reaktion auf die neue Gesetzgebung wird eine wachsende Professionalisierung der jungen KMU Branche erkennbar. Während die E-Zigarette zu Beginn der 2010er Jahren als Nischenprodukt galt, haben sich die Nutzerzahlen bis heute mehr als verzehnfacht. Die Kleinunternehmen der ersten Stunde sind zum Mittelstand gewachsen, der zahlreichen Arbeitnehmern Beschäftigung bietet. Am Anfang der nach wie vor sehr heterogenen Branche stand vor allem der Import aus chinesischer Produktion. Von den internationalen Kooperationen nach Fernost ist heute geblieben, was sich über die Jahre bewährt hat und nun den Anforderungen der neuen Gesetzeslage gerecht wird. Mittlerweile haben sich neben den chinesischen Herstellern auch deutsche und in den USA oder der EU ansässige Firmen als Zulieferer von Liquids und Hardware etabliert. Der Innovationsdruck ist höher als in der IT Branche und die Nachfrage steigend.

Ein Netzwerk verdichtet sich: Organisation und Optimierung

Mit der Umsetzung der neuen EU Tabakdirektive erlebt die Branche ihre bisher größte Herausforderung. Einerseits fordert die Anpassung an Kommunikations- und Produktvorgaben Ressourcen, die nicht jedes Unternehmen aufbringen kann und zwingt diese zur Aufgabe. Zudem wächst der Druck durch die elektronischen “Heated Tobacco” Entwicklungen der Tabakkonzerne. Andererseits befeuert die mediale Berichterstattung eine öffentliche Diskussion über die dampfende Tabakalternative und führt zu einer wachsenden Bekanntheit, die sich die Branche in Teilen zunutze macht. Die gewachsenen Mittelständler suchen in dieser Situation ihren Platz am Markt und organisieren sich neu in Vereinen und Interessenverbänden. Bündnisse wie der Verband des E-Zigaretten Handels oder das Bündnis für Tabakfreien Genuss setzen sich für eine verhältnismäßigere Regulierung des Produkts ein, während sich auf der anderen Seite  überzeugte E-Zigaretten Konsumenten zu Gemeinschaften formieren, die um ihre Verbraucherinteressen unter der neuen Gesetzgebung fürchten.

Durch das Verfolgen der gemeinsamen Absichten wächst auch der allgemeine Austausch in der sich vernetzenden Branche. Mit Blick nach links und rechts optimieren die jungen Unternehmen ihre Prozesse, schaffen mehr Transparenz für die Verbraucher und setzen neue Standards für Qualitätssicherung und -prüfung. Hier gestalten sie die Entwicklung der zukünftigen Produktmaßstäbe aktiv mit, indem sie selbst Labore mit Messungen und Emissionstests zu ihren Geräten beauftragen und an die Behörden weitergeben.

Was die Zukunft bringt

Während in Brüssel über weitere Tabaksteuern beraten wird, die auch die E-Zigarette betreffen könnten, ist die Umsetzung der neuen Tabakdirektive bereits in vollem Gange.  Der Mittelstand reagiert auf die neuen Vorgaben, erstellt Beipackzettel, Anmeldeformulare und Inhalte ohne werbliche Formulierungen. Indes sind Nachfrage und Innovationsdruck ungebrochen. Von dem einstigen Nischenprodukt und den mittelständischen Unternehmen, die es groß gemacht haben, wird in Zukunft noch viel zu erwarten sein.