Krypto statt Kontrolle: Wie Trump Politik privatisiert
Macht, Millionen, Mikronation
Wie Donald Trump in seiner zweiten Amtszeit die Grenzen zwischen Politik und persönlichem Profit weiter verwischt – mit Hilfe von Kryptowährungen, ausländischen Investoren und einem selbsternannten „Staat“ an der Donau.
Donald Trump ist zurück – und mit ihm eine politische Praxis, die Kritiker als gefährlich für die amerikanische Demokratie bezeichnen: die skrupellose Vermischung von Amtsmacht und Geschäftsinteressen. In seiner zweiten Amtszeit treibt Trump diesen Kurs weiter voran. Im Zentrum: ein rasant wachsendes Krypto-Imperium seiner Familie, Deals mit ausländischen Geldgebern – und ein Fantasiestaat namens Liberland, der plötzlich an realem Einfluss gewinnt.
Krypto wird zur Staatsangelegenheit
Der neue Liebling der Trump-Familie heißt World Liberty Financial – eine Krypto-Firma, mitbegründet von Trumps Sohn Eric und Zach Witkoff, dessen Vater Steve eng mit Trump verbunden ist und inzwischen sogar als Nahost-Sondergesandter im Weißen Haus tätig ist. Die Firma entwickelt eigene Kryptowährungen wie den „USD1“-Token und sammelt damit Hunderte Millionen Dollar ein – von Investoren auf der ganzen Welt.
Ein besonders brisanter Deal sorgt derzeit für Aufsehen: Eine Investmentgesellschaft aus den Vereinigten Arabischen Emiraten will den Trump-nahen USD1-Token für ein Zwei-Milliarden-Dollar-Geschäft mit der Kryptobörse Binance nutzen. Die Börse war noch 2023 wegen Geldwäsche zu vier Milliarden Dollar Strafe verurteilt worden.
Verfassung? Wird umgangen
In Trumps erster Amtszeit landeten mehrere Klagen wegen Verstößen gegen die Emoluments-Klausel – ein Verfassungsartikel, der US-Präsidenten Geschenke und Zahlungen aus dem Ausland untersagt – vor Gericht. Doch die Verfahren verliefen im Sande. In seiner zweiten Amtszeit scheint Trump daraus gelernt zu haben: Heute fließen keine Hotelschecks mehr, sondern digitale Token, Beteiligungen und Blockchain-Geschäfte.
Der Trick: Niemand weiß genau, wem welches Wallet gehört. Die Nähe zur Macht wird nicht mehr mit Koffern, sondern mit Smart Contracts bezahlt.
Ein Premierminister ohne Land
Mittendrin in diesem Netzwerk: Justin Sun, ein in China geborener Krypto-Milliardär, der einst wegen mutmaßlicher Finanzverbrechen nicht in die USA einreisen durfte. Nun tritt er als Investor, Berater und „Premierminister“ von Liberland auf – einer Mikronation, die 2015 auf einem umstrittenen Donaugebiet ausgerufen wurde und sich vollständig auf Blockchain stützt.
Sun hat nicht nur Millionen in Trump-nahe Krypto-Projekte investiert, sondern wirbt auch aktiv für eine politische Anerkennung von Liberland – am liebsten durch die USA. In Videos präsentiert er sich im Weißen Haus, posiert mit Funktionären und kündigt „neue Chancen für 2025“ an. Die Krypto-Plattform Tron, die Sun gegründet hat, wird unterdessen von UN-Behörden als bevorzugtes Werkzeug für Geldwäsche in Asien gelistet.
Liberland – Spielplatz für Einfluss?
Offiziell ist Liberland keine anerkannte Nation. Und doch tritt es auf wie ein Staat: mit Präsident, Premier, eigener Währung und einer Blockchain-basierten Verfassung. Der Deal: Wer Steuern zahlt, darf wählen. Waffenbesitz ist unbegrenzt. Regulierung? Fehlanzeige. Es ist ein libertäres Modell, das von einigen als Utopie gefeiert – von anderen als Einfallstor für globale Schattenfinanzen kritisiert wird.
Trumps Nähe zu Liberland ist dabei nicht neu. Schon 2018 mietete die Führung der Mikronation das Trump International Hotel in Washington für 750.000 Dollar, um US-Politiker zu empfangen. Heute läuft der Austausch subtiler: Investitionen, Partnerschaften, Auftritte bei exklusiven Dinners im Trump-Golfclub.
Verfassungsbruch im digitalen Gewand
Rechtsexperten wie Richard Painter, einst Ethikberater unter George W. Bush, warnen vor einem gefährlichen Präzedenzfall: Wenn ein selbsternannter Premierminister wie Sun Millionen in Projekte investiert, von denen Trump persönlich profitiert, liegt ein potenzieller Verstoß gegen die Emoluments-Klausel vor – auch wenn sein „Staat“ nicht offiziell anerkannt ist.
„Es spielt keine Rolle, ob ein Land auf der Weltkarte existiert oder nicht“, sagt Painter. „Sobald jemand sich als Regierungschef ausgibt und Zahlungen leistet, greift das Verbot.“
Profit ohne politische Kontrolle
World Liberty Financial rühmt sich inzwischen offen damit, Zugang zur Regierung bieten zu können. Trump wird auf der Website als Mitgründer genannt, seine Söhne sind aktiv beteiligt. Das Unternehmen hat über 500 Millionen Dollar an digitalen Vermögenswerten verkauft – an Investoren weltweit, viele davon mit geopolitischem Hintergrund.
Kritiker sprechen von einem neuen System der Einflussnahme, das sich der Kontrolle durch Institutionen weitgehend entzieht. Was früher Lobbyarbeit war, läuft heute über dezentrale Wallets, pseudonyme Smart Contracts und strategisch eingesetzte Meme-Coins.
Ein Präsident als Krypto-Marktführer
Tony Carrk von der Watchdog-Organisation Accountable.US bringt es auf den Punkt:
„Trump nutzt seine Macht, um ein weitgehend unreguliertes Kryptosystem als Einnahmequelle zu erschließen – mit Beteiligung ausländischer Akteure und ohne jede demokratische Kontrolle.“
Während Millionen Amerikaner unter seiner Sozialpolitik leiden, verlieren, was ihnen zusteht – und etwa durch Steuerreformen Versicherungsschutz oder Lebenshilfe –, sichert sich ein kleiner Kreis Zugang zur Macht. Wer bezahlt, bekommt Einfluss. Und wer Tokens kauft, bekommt Türöffner.