Argentiniens Präsident Milei: Ein kontroverser Gast in Deutschland

Argentiniens Präsident Milei: Ein kontroverser Gast in Deutschland
Anzeige

Ein ungewöhnlicher Präsidentenauftritt

Javier Milei, Präsident Argentiniens, präsentiert sich gerne als Rockstar statt als traditioneller Staatsmann. Vor kurzem stellte er in Buenos Aires sein neues Buch vor – begleitet von lauter Musik, Blitzlichtern und in schwarzem Ledermantel. Das Buch ist ein Manifest zur Verteidigung des Libertarismus und ein Aufruf zum Kulturkampf gegen alles, was seiner Meinung nach die Freiheit bedroht: Staat, Feministinnen und Klimaschützer. „Wir müssen den Kulturkampf führen, sowohl in den Klassenzimmern als auch anderswo“, betonte er. „Es lebe die Freiheit, verdammt noch mal!“

Ein „Leuchtturm“ des freien Marktes

Seit sechs Monaten im Amt, hat Milei Argentinien einen radikalen Sparkurs verordnet. Die Armut stieg, während die Inflation zurückging. Die Zeitschrift Times wählte ihn zu einer der bedeutendsten Persönlichkeiten des Jahres. Viele Liberale, auch in Deutschland, sehen in ihm einen neuen Propheten eines freiheitlichen Wirtschaftsprogramms. Federico Foders, ehemals am Kieler Institut für Weltwirtschaft, beschreibt Milei als „Leuchtturm“ für die Idee des freien Marktes. Überraschend für viele, da diese Bewegung nicht aus den USA oder Europa kommt, sondern aus Argentinien.

Anzeige

Demokratie und Gesellschaftspolitik

Milei zeigt offen seine geringe Wertschätzung für demokratische Prozesse. Er bezeichnete das argentinische Parlament als „Rattennest“ und reagiert auf kritische Journalisten und Demonstrationen mit Repression. Soziologe Sergio Morresi kritisiert Milei für seine reaktionären gesellschaftspolitischen Ansichten und seine mangelnde liberale und pluralistische Vision von Demokratie. In Mileis Weltbild sei der politische Gegner nicht nur anders denkend, sondern moralisch verwerflich. Morresi warnt, dass eine Politik, die in moralischen Begriffen wie „Gut“ und „Böse“ denkt, echte Schwierigkeiten bereitet.

Verbindungen zu Rechtspopulisten

Milei genießt zunehmend Applaus von Rechtspopulisten. Bei einem Treffen rechter und ultrarechter Parteien in Madrid war er ebenfalls anwesend. Rodolfo Distel, Betreiber eines Buchladens für libertäre Literatur in Buenos Aires, betont, dass Milei für die Idee steht, den Menschen mehr Freiheit zu geben und den Staat zu verkleinern. Er sieht Parallelen zu internationalen Figuren wie Trump und Bolsonaro und glaubt nicht, dass Mileis Politik rechtsextremistisch ist. Stattdessen geht es um die Freiheit der Bürger und die Einschränkung des Staates.

Deutsche Unterstützung und Skepsis

Am Samstag wird Milei in Hamburg die Hayek-Medaille verliehen. Die Hayek-Gesellschaft ehrt damit Persönlichkeiten, die sich um die „Idee der Freiheit“ verdient gemacht haben. Auch Hans-Georg Maaßen, ehemaliger Verfassungsschutzpräsident, wird als Redner auftreten. Am Sonntag trifft Milei Bundeskanzler Olaf Scholz. Die deutsche Bundesregierung verfolgt einen pragmatischen Ansatz im Umgang mit Milei, vor allem aus wirtschaftlichem Interesse an Argentinien als Rohstofflieferant. Man hofft auf Mileis Unterstützung für das umstrittene Mercosur-Handelsabkommen. Dennoch wird Mileis Besuch nur als „Arbeitsbesuch“ ohne militärische Ehren und Pressekonferenz behandelt.

Anzeige

Auswirkungen in Argentinien

In den 100 Tagen seiner Amtszeit hat Milei Argentinien drastische Sparmaßnahmen auferlegt. Die Zahl der Armenküchen steigt, während die Mittel knapp werden. Santiago Figueroa, Betreiber einer Armenküche, berichtet von massiv gestiegenen Lebensmittelpreisen und sinkenden Spenden. Auch die alleinerziehende Mutter Veronica Lucente kämpft ums Überleben in einer Wirtschaft mit 270 Prozent Inflation. Mileis Kürzungen betreffen viele soziale Leistungen, und die Not der Bevölkerung nimmt zu.

Proteste und politische Kämpfe

Trotz Widerstands auf der Straße und im Parlament hält Milei an seinen Reformplänen fest. Sein umfassendes Reformpaket steckt im Kongress fest, und sein „Superdekret“ wurde vom Senat abgelehnt. Gewerkschaften und soziale Bewegungen protestieren regelmäßig gegen seine Politik. Milei hat das Ministerium für Frauen, Gleichheit und Vielfalt herabgestuft und gendersensible Sprache verboten. Er plant zudem, Abtreibungen wieder zu kriminalisieren, was seit 2021 legal ist. Clarissa Gambera von der staatlichen Gewerkschaft ATE sieht Mileis Angriffe auf die Frauenbewegung als Angriff auf die Demokratie.

Internationale Vernetzung

Milei sieht sich als Teil internationaler rechtsextremer Kreise und unterzeichnete die „Carta de Madrid“, eine Grundsatzerklärung von Rechtspopulisten. Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF) hat sich von Milei distanziert, pflegt jedoch weiterhin Beziehungen zu Organisationen, die ihm nahe stehen.


Titelbild: OPlibertad


Anzeige

Kaffee-Shop