Plastik statt Baumwolle: Modeindustrie verspielt Nachhaltigkeitspotenzial

Plastik statt Baumwolle: Modeindustrie verspielt Nachhaltigkeitspotenzial
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Freiburg, 23.09.2025

Die weltweite Modeindustrie steht erneut in der Kritik: Statt nachhaltiger Baumwolle dominieren weiterhin synthetische Fasern aus fossilen Rohstoffen. Das geht aus den heute veröffentlichten Cotton Rankings 2025 hervor, einer Untersuchung von Solidaridad und der Bewertungsplattform Good On You. Analysiert wurden die 100 umsatzstärksten Modemarken – mit ernüchterndem Ergebnis: Es fehlt an Transparenz, an glaubwürdigen Zertifizierungen und am Willen, Kleinbauern zu unterstützen.

Plastik verdrängt Naturfasern

Besonders alarmierend: Der Fast-Fashion-Riese Shein deckt inzwischen 82 Prozent seiner Produktion mit Kunstfasern ab – ein Höchstwert, der die Abhängigkeit der Branche von Öl und Gas deutlich macht. Aber auch bei vielen anderen Marken zeigt sich, dass Plastik den Ton angibt.
Laut den Rankings setzen:

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  • 31 der 100 größten Marken noch überwiegend auf Baumwolle (über 50 %),
  • 26 Unternehmen beziehen mehr als die Hälfte ihrer Fasern aus synthetischen Materialien,
  • 43 Marken mischen Natur- und Kunstfasern in unterschiedlichen Anteilen.

Damit zeichnet sich ein klarer Trend ab: Naturfasern verlieren, Plastik gewinnt. Die ökologischen Folgen sind erheblich – von Mikroplastik im Wasser bis zu steigenden CO₂-Emissionen in der Lieferkette.

Transparenz bleibt Mangelware

Einer der größten Kritikpunkte betrifft die Nachvollziehbarkeit: Nur 29 Marken gaben überhaupt an, wie viel Baumwolle sie verwenden. Lediglich 35 werben mit Zertifizierungen, und nur 25 legten ihre genaue Materialmischung offen.
Für Verbraucher*innen bedeutet das: Nachhaltigkeitsversprechen wie „aus nachhaltigen Fasern“ lassen sich kaum überprüfen. Für Forschende wiederum fehlen belastbare Daten, um Fortschritte oder Rückschritte zu messen.

„Die Modeindustrie hat die Wahl: Entweder weiter auf Plastik setzen – oder Baumwolle als nachhaltige Kraft nutzen“, sagt Tamar Hoek, Textilien-Expertin bei Solidaridad. Marken müssten ihre Ressourcen in zertifizierte Baumwolle investieren – und damit auch in die Lebensbedingungen der Bäuerinnen und Bauern, die sie anbauen.

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Zertifizierte Baumwolle: Kaum Bewegung seit 2023

Seit der letzten Erhebung 2023 hat sich der Anteil zertifizierter Baumwolle kaum verändert. Zwar gibt es Marken, die mit einem hohen Zertifizierungsanteil werben, doch insgesamt setzen sie nur geringe Mengen ein. Umgekehrt gilt: Wer viel Baumwolle nutzt, verzichtet oft auf eine unabhängige Zertifizierung.

Von den 31 Marken mit über 50 % Baumwollanteil geben lediglich 17 an, dass wenigstens die Hälfte davon zertifiziert sei. Hoffnung macht lediglich der Einsatz recycelter Baumwolle: 25 Unternehmen greifen darauf zurück – wenn auch häufig in homöopathischen Dosen von rund 1 %.

Verpasste Chancen für Bäuer*innen

Die Ergebnisse haben auch eine soziale Dimension. Millionen Kleinbäuer*innen weltweit leben von Baumwolle. Doch sinkende Preise und fehlende Abnahmegarantien zwingen viele zu Monokulturen und zum Einsatz von Pestiziden – mit Folgen für Böden, Biodiversität und Gesundheit.

Würden große Marken konsequent auf zertifizierte Baumwolle setzen, könnten sie faire Einkommen sichern und nachhaltige Anbaumethoden fördern. Stattdessen droht eine Entwicklung, in der Baumwolle weiter zurückgedrängt wird und Plastikfasern endgültig dominieren.

Ausblick

Die Cotton Rankings 2025 zeigen eine Branche, die zwischen Greenwashing und echten Nachhaltigkeitsfortschritten schwankt. Während Verbraucher*innen zunehmend Wert auf Transparenz legen, bleibt die Modeindustrie die entscheidenden Antworten schuldig.
Noch ist Zeit gegenzusteuern – doch der Handlungsdruck wächst: Je länger die Abhängigkeit von Plastikfasern anhält, desto schwieriger wird es, Baumwolle als ökologisch und sozial verträgliche Alternative zu etablieren.


📊 Quelle: Cotton Rankings 2025, Solidaridad & Good On You → sustainablecottonhub.org/cotton-rankings


 

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