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Pariser Sommertraum: Die Rückkehr des Badens in der Seine

Pariser Sommertraum: Die Rückkehr des Badens in der Seine

Nach über 100 Jahren Verbot öffnen im Juli erstmals drei Flussbäder in Paris – ein Prestigeprojekt mit über einer Milliarde Euro Investitionen.

Die Nachricht gleicht einem Sommermärchen: Ab Juli 2025 wird das Baden in der Seine in Paris wieder erlaubt sein. Drei neue Badezonen entlang des weltberühmten Flusses, die jahrzehntelang wegen starker Verschmutzung als völlig undenkbar galten, stehen dann der Öffentlichkeit zur Verfügung. Es ist das Ergebnis eines ambitionierten Projekts, das weit mehr ist als nur ein städtisches Wellness-Upgrade – es ist ein politisches Statement, eine Umweltgeschichte und eine Liebeserklärung an die Stadt zugleich.

„Toilette von Paris“ – Ein Ruf, den niemand mehr hören will

Noch vor wenigen Jahren hätte man es für einen schlechten Witz gehalten: Die Seine als Badeparadies? Tatsächlich galt der Fluss jahrzehntelang als Synonym für städtische Umweltverschmutzung. Fast 23.000 Haushalte leiteten bis in die 2010er-Jahre ihre Abwässer ungefiltert in die Seine oder ihren Nebenfluss Marne. Auch rund 250 Hausboote entsorgten ihren Inhalt direkt im Wasser. Die Folge: Der Spitzname „Toilette von Paris“ war mehr als nur ein drastisches Bild.

Doch der Wandel ist real – sichtbar, messbar, riechbar. Möglich wurde er durch ein milliardenschweres Umweltprogramm, das im Schatten der Olympischen Spiele 2024 angeschoben wurde. Die olympischen Triathleten sollten in einem sauberen Fluss schwimmen – und taten es auch. Doch Paris’ Bürgermeisterin Anne Hidalgo wollte mehr: „Die Seine für alle“, lautete ihr Motto. Jetzt wird es Wirklichkeit.

Ein Mammutprojekt unter der Erde

Der vielleicht wichtigste Baustein dieses Umbruchs liegt gut versteckt unterhalb des Pariser Bahnhofs Austerlitz: ein riesiges unterirdisches Regenrückhaltebecken. Es soll verhindern, dass bei starken Niederschlägen ungeklärtes Wasser in den Fluss gespült wird – bisher ein Hauptgrund für kurzfristige Verschmutzungen. In Kombination mit modernisierten Kläranlagen in Valenton und Noisy-le-Grand wurde so ein neues, robustes Abwassersystem geschaffen.

Gleichzeitig wurden zahllose Hausanschlüsse überprüft, Boote mit modernen Tanksystemen ausgestattet und ein strenges Kontrollsystem eingeführt: Täglich wird die Wasserqualität nun auf E. coli und Enterokokken untersucht. Die Messdaten sollen öffentlich zugänglich sein – maximale Transparenz für ein Projekt, das unter großer öffentlicher Beobachtung steht.

Drei Orte, ein Ziel: Lebensqualität

Die drei neuen Flussbäder entstehen an ikonischen Orten: am Quai de Grenelle mit Blick auf den Eiffelturm, gegenüber der Île Saint-Louis nahe Notre-Dame und in Bercy gegenüber der Nationalbibliothek. Schwimmende Pontons, Container als Umkleiden und Duschstationen schaffen eine urbane Badelandschaft, die im Winter wieder verschwindet.

Die Schwimmzonen werden klar von der Schifffahrt abgegrenzt, Sicherheitsdienste und Erste-Hilfe-Stationen stehen bereit. Es wird tägliche Öffnungszeiten geben, bei schlechter Wasserqualität – etwa nach heftigen Regenfällen – kann das Baden kurzfristig verboten werden. Ein kompromissloser Pragmatismus, der Vertrauen schaffen soll.

Symbol für den Klimawandel – und seine Chancen

Für Anne Hidalgo und Frankreichs Sportministerin Marie Barsacq ist die neue Badeerlaubnis weit mehr als ein Freizeitangebot. „Das ist auch eine Antwort auf den Klimawandel“, betont Barsacq. Mit steigenden Temperaturen werde die Nachfrage nach naturnahen Erfrischungsmöglichkeiten im urbanen Raum wachsen. Die Rückkehr des Badens in der Seine sei ein Baustein für die Stadt von morgen – ökologisch, sozial, zukunftsorientiert.

Dass es ausgerechnet Paris gelingt, seinen Fluss zurückzuerobern, hat Signalwirkung. Schon heute fragen Städte wie London, Berlin oder Rom bei den französischen Kollegen an – interessiert am Modell, an den Daten, an den Erfahrungen. Die Metamorphose der Seine ist nicht nur eine technische Leistung, sondern auch ein Hoffnungsträger für eine nachhaltigere Stadtentwicklung.