Ploom – Rethink Tobacco

Ploom eCigarette

Ploom: Verdampfer, die Tabak statt Liquid erhitzen

Wer über die Eigenschaften elektronischer Zigaretten eine Weile nachgedacht hat, weiß um die Vorteile des Verdampfens versus Verbrennens von Tabak (von den dubiosen Zusatzstoffen mal abgesehen). Als Resultat fragen sich denkende Menschen irgendwann auch, warum elektronische Zigaretten eigentlich nikotinhaltigen Liquid verdampfen, der ja notwendigerweise ein künstliches Produkt ist, statt schlicht rein natürlichen Tabak selbst.

An fehlender Technologie liegt es jedenfalls nicht – schließlich ist ein Produkt auf dem (wenn auch nicht deutschen) Markt, das eben diesen Ansatz umgesetzt hat. Das in San Francisco angesiedelte Unternehmen ‚Ploom‘ bietet bereits seit 2007 Geräte an, die Tabak statt Liquid erhitzen. Der Claim der Marke ‚Rethink Tabacco‘ fasst die zugrunde liegende Philosophie zusammen. Ploom versucht, Tabak aus der Schmuddelecke des Zigarettenrauchens heraus zu retten und ihm ein neues Image zu verpassen. Nicht länger soll der Rohstoff als sicherer Kandidat für Lungenkrebs und andere Raucherkrankheiten betrachtet werden. Denn das Nikotin selbst nicht der Verursacher dieser Probleme ist, steht inzwischen außer Frage. Stattdessen soll Tabakblättern ihre intrinsische Qualität als natürlicher, organischer, dem Koffein ähnlicher Genussstoff zurückerstattet werden.

Mit anderen Worten: Die Gründer von Ploom, James Monsees and Adam Bowen, betrachten Zigaretten als so etwas wie eine evolutionär fehlgeleitete Mutation – oder, um es technischer auszudrücken, als ein ziemlich fehlerhaftes Abgabesystem von Nikotin. Die Kombination von Tabak mit chemischen und natürlichen Zusatzstoffen, die an für sich schon gesundheitsschädigend sind und durch den Verbrennungseffekt toxisch werden, hat dem Stoff fälschlicherweise einen tödlichen Ruf eingebracht, so ihre Theorie. Ploom will diesen Teil der Tabakgeschichte umschreiben.

Die Idee hierzu entstand zufolge firmen-intern gepflegter Legende in einer Nacht im Jahr 2004. Der Kunststudent Monsees und der zukünftige Maschinenbauer Bowen arbeiteten an ihren respektiven Master-Arbeiten im Fach Produkt Design an der renommierten Stanford Universität. Ihre Brainstorming-Sessions wurde zunehmend unproduktiver, also machten sie eine ihrer vielen gemeinsamen Zigarettenpausen…und begannen über die Produkteigenschaften des Glimmstengels zu philosophieren. Unzufrieden waren sie beide – aus professionellen Gründen mit dem Objekt an sich, aus persönlichen mit seinen Nebeneffekten.

Im Kontext ihrer Suche nach avantgardistischen, kreativen Produkten kam ihnen die Zigarette zudem auf einmal hoffnungslos veraltet vor. Dabei besonders aufgefallen war den beiden Designern, dass die Innovationsrate bei Zigaretten seit Jahrzehnten gegen Null tendierte und das trotz der offensichtlichen Unzufriedenheit einer Mehrzahl ihrer Nutzer. Also beschlossen sie, das Tabakrad neu zu erfinden. Produktinspirationen waren zunächst die Shisha-Pfeife, die inzwischen massenhaft verbreiteten Coffee-Pods sowie die Art und Weise, wie das Unternehmen Nestle mit den Minibehältern ‚Nespresso‚ den Kaffeemarkt revolutioniert hatte.

Am Ende des Recherche- und Entwicklungsprozesses heraus kam zunächst das ‚modelOne‘, inzwischen in der zweiten Generation zum ‚modelTwo‘ entwickelt: Ein eleganter Stick in weiß oder schwarz, der soeben den reddot award 2014 Produkt Design Preis gewonnen hat. Kernstück des modelTwo sind die austauschbaren Ploom Tabak Pods aus recyclebarem Aluminium, die entweder mit reinen Tabakblättern und oder einem Gemisch zusammen mit natürlichen Aromen wie Minze, Pfirsich oder Zimt befüllt sind. Die Pods reichen pro Stück für etwa fünf bis zehn Minuten Dampfgenuss und können auch als tabakfreie Versionen bezogen werden.

Diese Kapseln heizt das modelTwo in unter 30 Sekunden auf etwa 160°C auf. Bei dieser Temperatur wird das Nikotin freigesetzt, während andere, mögliche Chemikalien fest bleiben.
Der entstehende aromatische Dampf wird wie bei den bekannten eCigarettes inhaliert. Über ein mitgeliefertes USB-Ladegerät wird der Lithium-Ionen-Akku des Sticks in etwa 90 Minuten wieder aufgeladen. Der entstehende Rauch vaporisiert fast ohne Geruchsbildung. An- und ausgeschaltet wird das modelTwo über einen einzigen Bedienknopf, was die ganze Sache zu einer puristischen und einfach zu handhabenden Angelegenheit macht. Neben dem modelTwo, das etwa 30 EUR in der Anschaffung kostet, bietet Ploom in den USA außerdem die pfeifenähnliche ‚Pax‘ an, die allerdings in Europa nicht erhältlich ist.

Im Dezember 2011 hat Ploom eine exklusive Vertriebsvereinbarung mit Japan Tobacco International, dem global drittgrößten Tabakhersteller, beschlossen. Der Großkonzern hat einen Minderheitsanteil am Unternehmen gekauft und es so mit einer dringend benötigten Finanzspritze versorgt, wie die Gründer unumwunden zugeben. Zuvor hatten sie etwa 50 Venture Capital Firmen ergebnislos für ihr Produkt zu interessieren versucht. Viele Business Angel waren zwar an der Idee interessiert, konnten jedoch nicht einsteigen, weil ihre internen Regularien die Finanzierung von Alkohol, Glücksspiel und eben Tabak verboten.

Gleichzeitig waren die beiden Entrepreneure sich der dubiosen Praktiken von Tabakkonzernen sehr wohl bewusst und zögerten lange, sich auf einen Partner aus dieser Ecke einzulassen. Die Absicht hinter dem Deal war jedoch nicht nur monitärer Natur, wie Monsees betont. ‚Veränderungen lassen sich schlussendlich nur von innerhalb der Tabakindustrie vorantreiben‘ verteidigt er den Schritt. Der Vertrag mit JTI sieht außerdem eine langfristige Kooperationsvereinbarung vor, die dem japanischen Konzern die Vermarktung und den Vertrieb der neuen Ploom-Produktlinien außerhalb der USA überläßt. Die Mutterfirma Ploom Inc. besteht weiterhin als autonome Firma.

Seitdem der strategischen Partnerschaft ist Ploom nicht nur in den USA, sondern auch in Österreich, Italien und Südkorea erhältlich. Produziert wird es für den internationalen Markt interessanterweise in Trier, obwohl es auf dem deutschen Markt noch nicht eingeführt wurde. Allerdings will das Unternehmen nun langsam weitere Launches platzieren – ohne genau zu verraten, wo als nächstes.

Ploom versucht sich nicht nur von Zigaretten abzusetzen. Auch elektronische Zigaretten mit Liquidfüllung sind offensichtlich direkte Wettbewerber. Bei Umfragen von Verbrauchern, die nach längerem, direkten Vergleich zwischen Ploom und konventionellen eCigarettes beim modelTwo geblieben sind, überwiegt als Begründung der organische Tabakgeschmack.

Warum also hat sich die Idee verdampften Tabaks nicht weiter durchgesetzt? Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Einerseits ist der Nikotinliquid im Endeffekt sicher preiswerter in der Herstellung als die Pods. Dann wiederum sind E-Zigaretten Hersteller marketing-technisch tendenziell eher einen radikalen Weg weg vom Tabak hin zu einem grundsätzlich neuen Produkt gegangen, um so aufhörwillige Raucher anzuziehen. Ploom will explizit kein Produkt zur allmählichen Nikotinentwöhnung anbieten. Im Gegenteil: Monsees sagt klar ‚Wir sind ein Tabak-Unternehmen, das sich auf Innovationen fokussiert.‘ Diese Herangehensweise ist riskanter, weil sie eben nicht all die legalen und psychologischen Nischen und Grauzonen für sich nutzen kann, die den eCigarettes bis vor kurzem noch offen standen. Doch wer weiß, ob nicht die neuen Regularien auch hier ein Umdenken einleiten werden.

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