Kräutermischungen – Legal High

,

Kräutermischungen - Legal High

Kräutermischungen – Legal Highs

Deutsches Rechtssystem scheitert an gefährlichen Kräutermischungen mit synthetischen Cannabinoiden

Die Diskussion um Cannabis-Legalisierung birgt ja so manche Paradoxien. Wie es aber sein kann, dass andere, pflanzenbasierte Substanzen, die medizinisch nachweislich weitaus schädlicher bis letal toxisch sein können, stattdessen legal bleiben, sprengt wirklich jeden logischen Rahmen. Die Rede ist von obskuren Kräutermischungen, die unter dem Überbegriff „Legal High“ veräußert werden. Ihre Wirkung entfalten sie, weil sie in synthetischem Cannabis getränkt sind – und damit wesentlich gesundheitsschädlicher als organisches Marihuana, wenn oral konsumiert.

Synthetische Cannabinoide, ursprünglich als Wirkstoff für Schmerzpräparate entwickelt, werden konstant neu entwickelt und fallen bis zu ihrem Verbot weder unter das Betäubungsmittel- noch das Arzneimittelgesetz. Solche Verbote aber müssen den langen, gewundenen Weg durch unser Rechtssystem nehmen; bis dahin ist jede Substanz, die das chemisch synthetisierte Tetrahydrocannabiol (THC) enthält, legal erhältlich. Das machen sich die Produzenten der ‚Legal High‘-Kräutermischungen zunutze, um ihre Produkte online zu vertreiben.

Das Problem dabei ist zunächst die Dosierung. Denn synthetisches Cannabis wirkt zwar ähnlich wie Marihuana, aber die Konzentration des Wirkstoffes ist von Präparat zu Präparat völlig verschieden. Beispielsweise war JWH-018 etwa viermal so stark wie natürliches Cannabis, wie Tierversuche ergeben haben. Es wurde bereits 2009 in einem gerichtlichen Eilverfahren verboten, ebenso wie einige andere der verwendeten Cannabinoide, die nun dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt sind.

Gleichzeitig gibt es keine Langzeitstudien über das psychoaktive Verhalten der Substanzen im Gehirn. Unter Umständen können sich durch Wechselwirkungen mit anderen Inhaltsstoffen oder unsaubere Verarbeitung Nebenwirkungen einstellen, die natürliches Cannabis niemals hervorrufen würde. Viele nach Genuss auftretende Symptome sind ebenfalls untypisch für natürliches THC. Sie beinhalten gesteigerte Aggression, Bluthochdruck, extreme Übelkeit und vor allem Kaliummangel, der sich besonders bei Kindern und Jugendlichen fatal darstellt und durch resultierende Muskelschwäche zu Herzrhythmusstörungen führen kann.

Hinzu kommt, dass die Hersteller es mit der Dosierung nicht so genau nehmen. So kann der Konsument sich nicht darauf verlassen, in verschiedenen Chargen desselben Produkts auch gleiche Mengen an THC geliefert zu bekommen. Eine gleichbleibende Dosierung durch den Endverbraucher ist also nicht gewährleistet; es bleibt bei jeder Packung zumindest theoretisch ein Experiment, wie high man davon wird. Da sich die Wirkung aber schwer vorhersagen lässt, tendieren Konsumenten dazu, eher überzudosieren.

Die Folgen sind in jedem Fall toxisch, wenn nicht tödlich. So ist in München ein Mann nach dem Genuss eines Kräutermischungs-Joints gestorben; andere Substanzen wurden nicht in seinem Blutkreislauf gefunden. Auch die Analyse von Patientendaten ergeben dieses Bild. Alleine in der Giftnotrufzentrale Freiburg wurden zwischen 2008 und 2011 knapp 50 Menschen mit Vergiftungserscheinungen nach dem Konsum von ‚Legal High‘ – Produkten behandelt.

Regierung bekommt Legal Highs nicht in Griff

Dennoch bekommt die Bundesregierung die Sache nicht in den Griff. Zwar wurde mit der Verurteilung von zwei Händlern mit Kräutermischungen zu Bewährungsstrafen ein erster präventiver Versuch gemacht, den Handel zu illegalisieren. Diese sind jedoch vor den Europäischen Gerichtshof (EuGh) gezogen, der das Urteil aufgehoben hat. Die Kräutermischungen, so die leider nachvollziehbare gerichtliche Argumentation, seien weder Arzneimittel noch illegal – was stimmt. Denn der Arzneimittelbegriff könne nicht auf Stoffe angewandt werden, die „in ihrer Wirkung die physiologischen Funktionen schlicht beeinflussen, ohne geeignet zu sein, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein, die nur konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, und die dabei gesundheitsschädlich sind“.

Mit anderen Worten: Im selben Satz, in dem den Kräutermischungen ihre Gesundheitsschädlichkeit attestiert wird, steckt auch die Begründung, warum sei weiterhin legal in Deutschland erhältlich sind: Weil die Rechtsgrundlage fehlt, um sie zu verbieten. Denn in das Betäubungsmittelgesetz können einzelne Wirkstoffe gar nicht so schnell aufgenommen werden, wie sie neu entwickelt werden. Experten schätzen, das fast jede Woche ein neuer Wirkstoff auf den Markt kommt; und ein generalisierendes Verbot lässt die Rechtsgrundlage nicht zu.

Wir haben den Test in Deutschland gemacht und von hier aus in einem tschechischen Online-Shop die Kräutermischung bestellt. Ausgeliefert wurde das Paket aus Ost-Deutschland. Hier liegt auch eines der wirklich fatalen Probleme. Denn erwachsene Cannabiskonsumenten lassen in der Regel die Hände von den synthetischen Drogen, weil sie relativ leicht an natürliche Substanzen kommen. Bei Kindern und Jugendlichen ist das etwas anderes: Für sie stellt die Beschaffung im Internet oftmals den einfachsten Weg dar, sich zu berauschen.

Weitere Themen
Einstiegsdroge Cannabis: Was ist dran an dem Argument?
Cannabis als Medikament: Wirkung und Status Quo
Cannabis Konsum in Deutschland
THC für die e-Zigarette?
US-Staatsanwälte wollen Jugendliche besser vor E-Zigaretten schützen
Sind die USA tatsächlich bald die Kiffer-Nation #1?
Weiterführende Links:
Urteil EuGh

1 Kommentar
  1. AitschDee sagte:

    Das Thema Kräutermischungen wäre mit einem Schlag vom Tisch, wäre Cannabis legal, und reguliert an Personen über 18 zur Abgabe freigegeben. Punkt !!

Kommentare sind deaktiviert.