Hersteller klagt gegen EU-Tabakrichtlinie

Englischer eCigarette Hersteller klagt gegen EU-Tabakrichtlinie

Englischer Hersteller klagt gegen EU-Tabakrichtlinie

‚Totally Wicked‘, der führende Hersteller von E-Zigaretten in Großbritannien, hat sich vor Gericht das Recht erstritten, die Rechtmäßigkeit der europäischen Tabakprodukt-Direktive beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg offiziell anzufechten. Richter Green vom englischen Royal Court of Justice entschied damit zugunsten des eCigarette-Unternehmens.

Dieses argumentiert, dass der Artikel 20 der sogenannten TPD ein unverhältnismäßiges, wirtschaftliches Hindernis des freien Handels mit Waren und Dienstleistungen darstellt. Elektrische Zigaretten würden damit einem ungerechtfertigten Wettbewerbsnachteil gegenüber Tabakprodukten ausgesetzt. Dies liefe dem EU-Gleichheitsgrundsatz zuwider und würde damit eines der Grundrechte von Herstellern elektrischer Zigaretten verletzen – denn es bedeutet in ökonomisch-praktischer Konsequenz, dass E-Zigaretten auf dem freien Markt künstlich schlechter gestellt werden als einige reguläre Tabakprodukte. Und nicht nur das: Regulierte E-Zigaretten müssen in Zukunft vor allem im Onlinehandel mit allen anderen weltweit produzierten Produkten konkurrieren, die in Ländern ohne entsprechende Regulierungen hergestellt und von dort versandt werden.

Der Royal Court of Justice hat diese Argumentation offensichtlich hinreichend genug nachvollziehen können, um an den Europäischen Gerichtshof ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen zu richten. Dieses soll sich mit der Frage beschäftigen, ob TPD-Artikel 20 geltendes EU-Recht tatsächlich in einer so fundamentalen Weise verletzt. Eine entsprechende Anhörung ist für nächstes Jahr zu erwarten.

Damit ist ‚Totally Wicked‘ der erste eCigarette-Hersteller überhaupt, dem das Recht zu einem derartigen Schritt zugebilligt wird. Das Unternehmen selbst behauptet auch, von keinem anderen eCigarette-Hersteller zu wissen, der einen ähnlichen Versuch überhaupt unternommen hätte. Allerdings ist der Unmut und die Zweifel über die Rechtmäßigkeit einer Direktive, die E-Zigarette und Liquids als „tabakverwandte Produkte“ einordnet, nun schon lange praktisch unüberhörbar. Schließlich enthalten beide schlicht keinen Tabak, was ja auch ihre Potenz als Zigarettenentwöhnungsmittel und Lebensretter überhaupt erst erklärt.

Dieses Paradox der falschen Subsumierung, das es der EU aber auch erst möglich gemacht hat, sich derart regulierend auf E-Zigaretten zu stürzen, ist in diesem Magazin ja schon häufiger diskutiert worden. Es aber den zuständige EU-Kommissaren (von der WHO mal ganz zu schweigen) immer wieder vorzurechnen, bedeutet anscheinend, Nelken in Gewehrläufe zu stecken – ein ehrenhaftes, aber angesichts des Zeitdrucks bis zur nationalen Ratifizierung des TPD auch riskant langsames Vorgehen.

Deshalb ist der von ‚Totally Wicked‘ eingeschlagene Weg, den Gegner mit seinen eigenen Waffen zu schlagen, ein sehr pragmatischer und effektiver, wenn er auch an den zentralen Problemen ein wenig vorbei geht. Dessen ist sich das Unternehmen aber auch bewusst und weist auf seiner Webseite darauf hin, dass es ihm primär nicht um Handelshemmnisse, sondern um Menschenleben geht (natürlich mal abgesehen von den eigenen, betriebswirtschaftlichen Interessen). Es bezeichnet die E-Zigarette dort zu Recht als ein revolutionäres Produkt, das das grundsätzliche Potenzial birgt, Tabakzigaretten völlig überflüssig zu machen und Millionen von Zigarettentoten zu verhindern.

TPD würde dafür sorgen, dass die Verfügbarkeit von für Raucher wirksamen elektrischen Zigaretten und Liquids eingeschränkt wird, damit ihre gesundheits-optimierenden Eigenschaften torpedieren und so wissentlich eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Millionen EU-Bürgern in Kauf nehmen. Der Artikel 20 macht es schlicht unmöglich, ein innovatives Klima und Geschäftsentwicklungsstrategien zu schaffen, in denen elektrische Zigaretten diese Aufgaben erfüllen können, so das Unternehmen. Die Konsequenz wird eine umgehende Schrumpfung des Marktes sein, der schlussendlich nur noch einige wenige Mega-Player zulässt, die hauptsächlich aus den bekanntermaßen eher selten ethisch motivierten Tabak- und Pharmakonzernen bestehen werden. Der Mittelstand, unabhängige Produzenten und KMUs werde auf diese Weise indirekt gravierend benachteiligt und in vielen Fällen sogar in den Konkurs getrieben – wie bereits vielerorts geschehen.

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Pressemeldung Totally Wicked
Europäische Kommision
Totally Wicked