DKFZ: Wir sehen uns vor Gericht!

DKFZ verliert Klage gegen eZigaretten-HerstelleriSmokeSmart gewinnt gegen DKFZ

Wir hatten berichtet über das unsägliche Vorgehen des Deutschen Krebsforschungszentrums, dem E-Zigaretten Unternehmen iSmokeSmart den Gebrauch zweier Sätze der DKFZ-Mitarbeiterin Dr. Martina Pötschke-Langer in seinen Werbematerialien zu untersagen.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum hatte vor dem Landgericht München auf Unterlassung geklagt, damit „zwei korrekt zitierte Aussagen der wohl größten Gegnerin der e-Zigarette, Frau Dr. Martina Pötschke-Langer (DKFZ)“ nicht mehr von iSmokeSmart weitergegeben werden.

Nun hat das Landgericht München diesen Versuch am 13.10. 2015 abgeschmettert und die Klage abgewiesen. Mit anderen Worten: iSmokeSmart gewinnt vor Gericht gegen das Deutsche Krebsforschungszentrum – und damit auch gegen Dr. Martina Pötschke-Langer, die offensichtliche Initiatorin der Klage.

DKFZ sah sich als „Marke“ bedroht

Die anwaltliche Strategie wurde dem DKFZ dabei zum Verhängnis. Ich hätte mit Verweis auf das deutsche Zitatrecht die „Belegfunktion“ der Sätze angezweifelt und argumentiert, es handele sich um den Versuch einer Monetarisierung der Popularität des Zitats außerhalb eines journalistischen Umfeldes. Das wäre eine zwar eher Mitleid erweckende und wenig erfolgreiche, aber immer noch nachvollziehbarere Vorgehensweise gewesen. Stattdessen hat das DKFZ eine Markenrechtsverletzung behauptet, aufgrund der Nennung des Markennamens „DKFZ“ und des Namens von Frau „Dr. Martina Pötschke-Langer“.

Dr. Pötschke-Langer hatte wörtlich gesagt:

„Gegen die normale Zigarette, die eine solche Giftlast darstellt, stellt eine E-Zigarette ein vergleichsweise harmloses Produkt dar“ und „Es wird [bei der e-Zigarette] kein Tabak verbrannt. Es ist in dem Dampf von e-Zigaretten weder Teer, Kohlenmonoxid oder auch zahlreiche andere Kanzerogene enthalten, die aus dem Rauch einer herkömmlichen Zigarette ja dieses hochgefährliche Giftgemisch machen.“

(Quelle: Dr. Martina Pötschke-Langer (DKFZ), Deutschlandradio Kultur, Radiofeuilleton Wissenschaft und Technik, 22.01.2012 11:05 Uhr)

Das DKFZ klagte auf Unterlassung des Zitierens beider Sätze und hat zu Recht verloren; in meinen Augen schon deshalb, weil das DKFZ keine Marke ist, und Frau Dr. Martina Pötschke-Langer schon gar nicht (obwohl…). Rechtskräftig ist das Urteil des Landgerichtes München I zwar noch nicht – doch selbst das DKFZ kann eigentlich nicht so schlecht beraten sein, hier in die Berufung zu gehen; zu tönern waren die juristischen Füße, auf denen die Argumentation schon beim gerade gelaufenen Prozess stand.

Gerichtsurteile werden notwendigerweise zum Kampfmittel der E-Zigarettenindustrie

Inwiefern dieser absurde Gang vor Gericht symptomatisch ist für den Versuch von Regierung und regierungsnahen Institutionen, Tabakzigaretten und E-Zigaretten gleichzustellen und alle Beweise des Gegenteils möglichst unter den Tisch zu kehren, lässt sich anhand des hauseigenen Kommentars von iSmokeSmart (siehe Link) nochmals schön nachvollziehen.

Allerdings zeigt sich an diesem Urteil noch eine weitere Entwicklung, die so unschön wie unaufhaltsam ist: Die Weg der E-Zigarette als freies, vernünftig reguliertes Genussmittel und risikoärmere (und damit klar abgegrenzte) Alternative zur Tabakzigarette kann in Deutschland nur noch durch Gerichtsurteile geebnet werden. Eine unnötig (und natürlich von Regierung und Tabakmultis so gewollt) teure Art und Weise, dem gesunden Menschenverstand zu „Recht“ zu verhelfen – aber zumindest eine, die von Erfolg gekrönt zu sein scheint.

Die meisten der bisherigen Rechtsprechungen im Zusammenhang mit dem Dampfen gingen zugunsten des freien Vertriebs und Konsums der E-Zigarette. Nun kommt ein weiteres vernünftiges Urteil zum Katalog der (wenn es diese auch offiziell im deutschen Recht nicht gibt) Präzedenzfälle hinzu.

Für ein Vertrauen in die Politik ist es (eigentlich) zu spät

Der (leider) Umweg über die Gerichte schmälert nicht die Verdienste von Aufklärungskampagnen wie etwa die der Interessengemeinschaft E-Dampfen (IG-ED) (Link:http://ig-ed.org/projekte/e-zigaretten-retten-leben/). Monopolisierte Marktmächte und lobby-hörige, anachronistische Politiker sollten und vor allem: dürfen niemand davon abhalten, Menschen mit den notwendigen Fakten zu versorgen.

Tatsächlich könnte der unsinnige und grundgesetzlich unvereinbare Gesetzentwurf zur Ratifizierung des TPD in Deutschland von den Bundestagsabgeordneten gekippt werden, wenn diese sich von den Fakten zugunsten der freien Entfaltung des Dampfens überzeugen ließen. Dafür müssen sie aber erst mal kennen. Aus Erfahrung mit der Entwicklung des Widerstandes gegen das TTIP innerhalb des Bundestages wissen wir: Fehlender Widerstand hängt meist nicht am Unwillen, sondern Unwissen der Abgeordneten. Insofern ist eine konzertierte, intelligente Aufklärungskampagne hier keineswegs eine umsonst geworfene Perle.

Aber sich allein auf den gesunden Menschenverstand unserer gewählten Volksvertreter zu verlassen, wäre kurz gesagt: irre.

„Soziale“ Marktwirtschaft? Vielleicht noch in Dampfer-Träumen…

Die Zukunft des Dampfens und der „Volksgesundheit“ ruht nun tatsächlich maßgeblich auf den Schultern der Richter dieses Landes. Das ist eine erschreckende Vorstellung. Denn in einer Demokratie mit Gewaltenteilung, die eine soziale Marktwirtschaft unterhält, sollten immer mehrere Kräfte zusammenwirken, um ihre Durchdringung mit innovativen Produkten zu gewährleisten – vor allem dann, wenn diese eine Lösung auf drängende, die ganze Gesellschaft angehende Probleme darstellen.

Eine intelligente, fakten-basierte und zukunftsorientierte Politik sollte dafür sorgen, dass es für diese Produkte einen offenen Markt gibt, auf dem sie nicht durch exzessive Besteuerung oder Regulierung an der Durchdringung gehindert werden. Sie sollte durch Aufklärung an ihrer Verbreitung mitwirken und die Kommunikationskanäle offen halten, auf denen der Dialog über diese Produkte stattfindet. Sie sollte Forschungen und Analysen zu diesen Produkten subventionieren und deren Ergebnisse in ihrer eigenen Gesetzgebung berücksichtigen.

Ein innovationsgesteuerter, offener Markt sollte diese Produkte bedarfsgerecht und in regulativer Eigenverantwortung weiterentwickeln und deren Eigenschaften mit Hilfe von transparenten Werbemaßnahmen ungehindert kommunizieren können.

Leider ist in Deutschland beides nicht gegeben. Stattdessen sehen wir uns mit einer politischen Entscheidungsebene konfrontiert, die blind, verbohrt, rückständig, EU-gläubig, fiskalisch gesteuert und einfallslos ist; und mit einer Industrie, die von einigen wenigen Konzernen monopolisiert werden kann, welche mit einem enormen Einfluss auf legislativer Ebene und irrwitzigen patentrechtlichen Eingaben dafür sorgen, dass eine sinnvolle Weiterentwicklung des Produktes über die von ihnen angebotenen minderwertigen Ausführungen hinaus fast unmöglich wird.

Eine weitere Instanz, nämlich der offen transportierte, nicht mehr zu ignorierende Volkswille, wie er sich etwa im Widerstand gegen das Freihandelsabkommen TTIP manifestiert, wird im Fall der
E-Zigarette nicht in einem ausreichenden Maße laut werden, um einen Handlungszwang auszulösen.

Der Rechtsweg: kostspielig, langwierig, unappetitlich – aber alternativlos

Im Angesicht des wahrscheinlichen Versagens dieser drei Akteure bleiben eigentlich nur noch zwei Hoffnungsträger (von Ärzten und Gesundheitsexperten und deren Stimme wage ich erst gar nicht zu sprechen): Das in vieler Hinsicht zwar kritikwürdige, aber dennoch vergleichsweise intelligente deutsche Gesetz und die Richter, die dieses exekutieren. Wie schon gesagt: Tatsächlich haben diese Instanzen bisher beide gegriffen und im Zweifelsfall für die E-Zigarette und das Recht entscheiden, diese frei zu verbreiten und sich frei über sie zu äußern.

Dennoch wirft der Rechtsweg allein mehrere gravierende Probleme auf. Erstens: Er ist teuer. Zweitens: Er kann die E-Zigarette aus dem Brunnen fischen, aber nicht verhindern, dass sie hineinfällt – mit anderen Worten: Ein Rechtsschritt greift erst bei einem in Kraft getretenen Gesetz. Es ist unmöglich, gegen die klaren Verfassungsbrüche im vorhandenen Gesetzesentwurf vor ihrem Inkrafttreten per Verfassungsbeschwerde vor das deutsche Verfassungsgericht zu ziehen. Danach allerdings wird der gesamte Prozess solange dauern, dass sowohl der E-Zigaretten Markt (vor allem die kleineren Hersteller und Händler) als auch die Wahrnehmung des Dampfens in der Gesellschaft bereits irreparablen Schaden gelitten haben werden. Drittens: Er ist zeitaufwendig. Es müssen sich Aktivisten finden, die diese Zeit investieren – klassischerweise sind das die Verbände oder Händlerzusammenschlüsse.

Wer sich ein Bild eines solchen, möglichen Vorgehens machen möchte, dem sei der wirklich erstklassige Dampfer-Magazin Artikel „Ein juristisches Gedankenspiel (Möglichkeit oder Illusion)
angeraten.

Tatsächlich ist das dort skizzierte Szenario weit mehr als ein Gedankenspiel. Jeder Jurist, dem ich die Sachlage erläutert habe, hat mir bisher zugestimmt: Schon der EU-TPD stellt einen klaren Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar. Der deutsche Referentenentwurf spiegelt diesen Verstoß wieder, ist aber auch noch in vieler anderer Hinsicht juristisch fragwürdig, etwa wenn es um die Presse- und Meinungsfreiheit geht. In meinen Augen ist eine Verfassungsbeschwerde nicht nur ein möglicher, gangbarer Weg, sondern ein zwingender.

Hinweis: Das Dampfermagazin stellt sich grundsätzlich zunächst einmal gerne als Anlaufstelle für diejenigen zur Verfügung, die grundsätzlich bereit wären sich an einer Verfassungsbeschwerde zu beteiligen bzw. zu engagieren. Mitteilungen dürfen gerne direkt an redaktion@dampfermagazin.de gesendet werden.

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